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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

15. 12. 2012 - 09:48

Gehn ma halt ein bisserl unter

Feiern bis zum Weltuntergang. Mit passendem Soundtrack.

Wie inzwischen jeder weiß, steht ja nächste Woche, genauer gesagt am 21. Dezember, der Weltuntergang an und in Berlin häufen sich die Parties zum Anlass. Den Anfang machte die Flittchenbar in Kreuzberg, die - das nur aus Gründen der Transparenz angemerkt - einmal im Monat unter meiner Leitung eine Gala ausrichtet. Dieses Mal war "Weltuntergang" das Thema, historische und eigene Untergangssongs sollten vorgetragen werden. Allerdings stellte sich schon im Vorfeld heraus, dass viele der angefragten Musiker den Begriff "Weltuntergang" doch allzu weit fassen wollten.

Depression, Weltschmerz, Kummer und Lebensüberdruss sind zwar dunkle Gefühle und werden in vielen Songs behandelt, aber das macht sie noch lange nicht zu Weltuntergangssongs oder Apokalypse-Hits!

Schild mit Aufschrift: Morgen letzter Tag

flickr.com/kunstee

Was da alles angebracht und von kuratierender Seite aus abgelehnt werden musste: "Mein Freund der Baum ist tot!" von Alexandra (1968) ist zwar ein frühes Beispiel für das wachsende ökologische Bewusstsein in Deutschland, aber kein Weltuntergangshit. Johnny Cashs "Hurt" - was hat das mit Weltuntergang zu tun?

Auch "Karl der Käfer" von der Gruppe Gänsehaut (1983) ist eher ein Protestlied gegen das Waldsterben und
"The Sun ain´t gonna shine anymore" wurde nur zugelassen, weil die Zeile "when your without love" ausgespart wurde.

Generell ist ja das Heavy Metal Genre für den Weltuntergang zuständig, Soundgarden bleiben mit "Black Hole Sun" ganz beim Thema und Metallica haben mit "The Four Horseman" das berühmte Bild von den apokalyptischen Reitern vertont.

Für den wahren Weltuntergangshit waren aber die Sechziger und die Achtziger die fruchtbarstee Zeit, was die Top Ten der Weltuntergangshits zeigen.

Top Ten der Weltuntergangshits

  1. Eve of Destruction von Barry Mc Guire (1965) ist einer der erfolgreichsten Protestsongs aller Zeiten, der Millionenseller erreichte Platz 1 der amerikanischen Charts. Hier steckt aber auch alles drin, was ein Weltuntergangssszenario braucht: Kalter Krieg, Vietnam, Kommunistenhass, Rassismus, Heuchelei der weißen Mittelschicht.
  2. Bad Moon on the Rise von Creedance Clearwater Revival (1969): Der Refrain des Stücks lautet "there’s a bad moon on the rise" und wurde insbesondere bei Live-Konzerten vom Publikum oft als "there’s a bathroom on the right" verstanden. Manchmal sang John Fogerty auch absichtlich den falschen Text.
  3. A Hard Rains gonna Fall - Bob Dylan (1976)
  4. In the Year 2525 - Zager & Evans (1969): Technologiekritik mit den Mitteln des Folksongs
  5. It's the End of the World as we know it (and i feel fine) - R.E.M. (1987)
  6. Earth Song - Michael Jackson (1995)
  7. Five Years - David Bowie (1972)
  8. Final Countdown - Europe (1986)
  9. The End - The Doors (1969): Handelt ja eigentlich von einer fehlgeschlagenen Beziehung, die sich bis zur ödipalen Dramatik steigert: Father, I want to kill you, Mother I want to fuck you. Wurde erst durch Coppolas "Apokalypse Now" zum Weltuntergangsklassiker.
  10. 99 Red Balloons - Nena (1983) - In der englischen Fassung wird Nena noch apokalyptischer.

Persönlicher Favorit des Flittchenbar Weltuntergangsgala war dann Vera Kropf (Luise Pop) mit dem in Berlin wenig bekannten Song "Geh ma halt a bisserl Unter":

Gehn ma halt ein bisserl unter,
Mit tschin-tschin in Viererreihn,
Immer lustig, fesch und munter,
Gar so arg kann´s ja net sein.
Erstens kann uns eh nix g´schehn,
Zweitens ist das Untergehen
´S einzige, was der kleine Mann
Heutzutag sich leisten kann.
Drum gehn ma halt a bisserl unter,
´S is riskant, aber fein

In diesem Sinne bis nächste Woche, wenn nix dazwischen kommt.