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Roland Gratzer

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28. 3. 2012 - 11:59

"Solange sie sich nicht bewegen, geht's eh ..."

Sexroboter, die auch wirklich gut funktionieren, sind ein seit Jahrzehnten unerfülltes Heilsversprechen. Sobald sie reden oder ihre Arme bewegen, ist die Libido futsch.

Liebe im digitalen Zeitalter

FM4

Autoren, Filmemacher und Philosophen träumen von Maschinen, mit denen geistige und körperliche Liebe möglich ist. Immer wieder wird der ultimative Sexroboter angekündigt, große Gefahren für die zwischenmenschlichen Beziehungen bleiben aber aus.

Das Bild, das wir gemeinhin von Sexrobotern haben, wird uns in Literatur und Film vermittelt. Gigolo Joe etwa ist ein gut aussehender Android mit erotischer Stimme und der tänzerischen Begabung von Fred Astaire. Eine künstliche Intelligenz in Menschengestalt, deren einziges Ziel es ist, körperliche Liebe zu geben.

Jude Law

Warner Bros.

So schauen Sexroboter im Film aus.

In Wahrheit ist Gigolo Joe aber nichts anderes als der geschminkte Schauspieler Jude Law im Film "A.I." von Steven Spielberg aus dem Jahr 2001. In der Realität schauen die als dezidierte Sexroboter konstruierten Maschinen trotz großer Fortschritte in der Kybernetik freilich etwas unmenschlicher aus.

Creepy Roxy

Hier ein wahnsinnig erbärmliches Video über und mit Roxxy.

Kleine Empfehlung: Die Doku über Real Dolls und ihre leicht bizarren Besitzer mit dem Titel "Guys and Dolls"

Bestes Beispiel dafür ist ein Android namens Roxxy. 2010 überschlugen sich die Meldungen vom ultimativen Sexroboter, hergestellt von der Firma True Companion. Wie der Name des Unternehmens schon verrät, soll Roxxy - sowie auch ihr männliches Pendant Rocky - mehr sein als nur ein Sexualpartner. Die Puppen bewegen Augen, Arme und Beine, überall am Silikon-Körper sind Sensoren eingebaut. Bei Berührung reagieren sie mit Stöhnen oder lasziven Sprüchen.

Die Bewegungsmöglichkeiten wirken sich aber auch auf das angeblich so menschliche Aussehen aus. Die nötigen Motoren brauchen so viel Platz, dass Körperteile wie der Hals völlig überdimensioniert sind. Der Verkaufserfolg von Roxxy hält sich bisher in Grenzen. Ganz im Gegensatz zur sogenannten Real Doll der kalifornischen Firma Abyss Creation.

Die Real Doll ist eine selbst zusammenstellbare Nachbildung eines menschlichen Körpers. Nach der Auswahl von Körpermaßen sowie Haut- und Haarfarbe müssen die Kunden mehrere tausend Euro für die Bettgenossin aus Kunststoff bezahlen. Mechatronische Bewegungen sind nicht möglich.

Roxxy

True Companion

Eine von diesen Damen ist Roxxy. Aber welche nur?

Für den New Yorker Technikphilosophen Peter Asaro ist das auch der Grund, warum sich die Real Doll besser verkauft als Roxxy und Rocky. Liebe sei schließlich nicht nur Sex und zu einer innigen Beziehungen würden eben auch Dinge wie eine simple Umarmung gehören, so Asaro. Genau hier liege auch das Problem: Weil sich Roboter noch nicht wie normale Menschen bewegen können, ist das Glücksgefühl derzeit noch eher steril.

Für alle, die schon immer alles über Sex, Robots und Technologie wissen wollten, gibt es eine eigene jährliche Konferenz. Die Arse Elektronika.

Vor allem das Gesicht ist ein nach wie vor ungelöstes Problem: "Das Gesicht hat viele komplizierte Bewegungen. Einen menschlichen Gesichtsausdruck zu simulieren ist deshalb auch sehr schwierig. Selbst wenn man am Computer ein digitales Bild erzeugt, sind realistische Gesichtsausdrücke eine große Herausforderung."

Beispiele für gefühlsvermittelnde Roboter gibt es zwar bereits, ihre Bewegungen wirken aber nach wie vor eher lächerlich: "Eine Statue kann an sich sehr schön aussehen, solange sie sich nicht bewegt. Wenn sie sich rührt, kommt man drauf, dass sie sich eigentlich sehr erbärmlich bewegt."

In der Zukunft wäre dann wieder mal alles anders

Der Populärwissenschaft sind solche Hürden egal. 2007 tourte der britische Schriftsteller David Levy mit seinem Buch "Love and Sex with Robots" durch zahlreiche TV-Shows. Seine damals medial stark rezipierte These lautet: Im Jahr 2050 wird es ganz normal sein, mit Robotern eine Ehe einzugehen und mit ihnen natürlich auch Geschlechtsverkehr zu haben.

Das ganze Interview bei Stephen Colbert gibt es hier.

Wirklich ernst genommen wurde er nicht wirklich. Als er etwa in der Comedy-Show "Colbert Report" zu Gast war, fragte ihn Moderator Stephen Colbert, ob das Buch ein Hoffnungsschimmer für solche Leute sei, die eben genau so wie Levy aussehen würden. Schließlich lautet eine der Hauptthesen im Buch, dass vor allem einsame Menschen in einigen Jahrzehnten auf Sexroboter zurückgreifen würden, weil sie nicht zu einer normalen Beziehung fähig wären.

Fuckzilla

Wired

Dieses Monster nennt sich Fuckzilla. Erinnerungen an alte Filmhelden sind durchaus beabsichtigt. Auf der Arse Elektronika 2007 gab es eine "hands on demonstration". Keine Sorge. Es gibt natürlich ein Video davon.

Nicht gerade ein Massenphänomen

Dieser Artikel ist vor einem Jahr bereits hier erschienen. Seitdem ist aber eh nichts weitergegangen.

Für die US-amerikanische Designerin und Künstlerin Eleanor Saitta ist Levys These deshalb nicht haltbar, weil wir im Jahr 2011 nicht auf das Sexualleben im Jahr 2050 schließen können. Alleine in den letzten fünfzig Jahren hat sich die körperliche Liebe durch die sexuelle Revolution der späten 1960er Jahre oder auch durch den Massenzugang zu Pornographie via Internet stark verändert.

Technologie spielt auch jetzt schon eine große Rolle im Sexualleben verschiedener Menschen. Hier ist aber nicht die Rede vom mechatronischen Pseudo-Partner, sondern von kleine Hilfswerkzeugen und medizinischen Produkten. Dieser Trend verstärkt sich laut Saeta auch in der Zukunft: "Es wird definitiv Menschen geben, die am Rande des bekannten Sexualverhaltens interessante Entdeckungen machen."

Ohne große mediale Öffentlichkeit würden bereits jetzt viele Menschen mit stimulierenden Medikamenten experimentieren. Außerdem wachse auch der Trend immer mehr, sich technische Gerätschaften direkt in den Körper einzubauen. Die Prothese wird hier nicht zum Hilfsmittel für den Alltag, sondern für das Geschehen im Bett. An ein Massenphänomen glaubt Saitta aber nicht: "Solche Dinge werden den Mainstream-Sex nicht verändern. Alleine der Gedanke, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung Sexspielzeug kauft, ist aus gesellschaftlicher Perspektive eher unwahrscheinlich."

Tabu-Projektion? Schwierig.

Sex und Technologie sind seit jeher eng miteinander verbunden. Viele technische Innovationen sind erst durch ihre Anwendung im erotischen Bereich erfolgreich geworden. So geht etwa die Entwicklung der ersten Polaroid-Kamera auf den Wunsch zurück, Bilder nicht mehr im Fotogeschäft entwickeln zu müssen und Nacktfotos problemlos zuhause zu machen. Das erste Polaroid-Modell hieß übrigens Swinger. Doch auch wenn Sexspielzeuge mittlerweile mannigfaltig erhältlich sind und es sogar große Communities gibt, die solche Gerätschaften gemeinschaftlich zuhause basteln, der ultimative menschengleiche Sexroboter lässt weiter auf sich warten.

Für Peter Asaro liegt das auch daran, dass die Forschung an humanoiden Robotern insgeheim vom Wunsch geprägt ist, etwas über die echte Menschheit zu erfahren: "Am Schluss läuft es meistens darauf hinaus, dass wir das auf die Maschinen projizieren, was für uns Mensch-Sein im gegenwärtigen kulturellen und historischen Kontext bedeutet. Das Konzept von vielen Maschinen entspricht oft dem, was sich die Erbauer von der Welt und der Menschheit wünschen."

Und weil analytisches und ehrliches Denken über die eigene Sexualität generell schwierig ist, lässt sich das auch nicht so einfach in Robotern umsetzen.