Erstellt am: 6. 1. 2012 - 16:17 Uhr
Ich möchte beim Eisbär sein
Alfred Wegener Institut
in Bremerhaven
Das Unvorstellbare, das Flüchtige, war das, was ihn interessierte: Alfred Wegener, der wohl wichtigste deutsche Polarforscher und Meteorologe. Ein ebenso wissensbegieriger wie abenteuerlustiger Forscher, der auch in der Astronomie und der Physik Antworten suchte und den es immer wieder in das ewige Eis zog. Ein Leben für die Wissenschaft. Geradezu besessen. Seine Theorie zur Kontinentalverschiebung wurde allerdings erst drei Jahrzehnte nach seinem Tod anerkannt. Jo Lendle setzt ihm ein literarisches Denkmal.
Alfred-Wegener-Institut
Der Schnee fällt in:
Grönland – auf den einsamsten Teil der Erde.
DVA Verlag
Darum geht's:
Im Mittelpunkt steht der wohl wichtigste deutsche Polarforscher und Meteorologe, Alfred Wegener. Als Kind untersucht er Ameisen und Schmetterlinge, als Student sucht er Antworten in verschiedensten Wissenschaftsgebieten und stellt ganz nebenbei einen Weltrekord im Ballonfahren auf. Und als Forscher versucht er, "der Menschheit den Boden unter den Füßen weg zu ziehen."
1906 nimmt Wegener als 26-jähriger an seiner ersten Grönlandexpedition teil, in der er die erste meteorologische Station in Grönland aufbaut und in der Einsamkeit fast verrückt wird. 1912 stellt er in einem Vortrag erstmals seine Theorie der Kontinentalverschiebung vor, wird ausgelacht und startet zu seiner zweiten Expedition, in der er Grönland durchquert und erstmals auf dem Inlandeis überwintert.
Nach seiner Rückkehr heiratet er, von der Geburt seiner ersten Tochter erfährt er im Krieg. Mit seiner Familie zieht er 1924 nach Graz, wo er eine Professur für Meteorologie und Geophysik hat. Von dort aus startet er 1929 zu seiner dritten Grönlandexpedition, aus der er nicht mehr zurückkehrt.
Von diesen Expeditionen erzählt Jo Lendle und auch von den Fragen und Zweifeln, die Wegener stets begleitet haben. Fakten und Fiktion verschmelzen und große Einsamkeit bereitet sich auf dem vielen Eis aus.
Der erste Satz mit Schnee:
Ist gleich der zweite im Buch: "Der Wind treibt Schnee über den Boden wie ein Schwarm kleiner Tiere, von denen eines dem anderen folgt."
Schnee steht als Metapher für:
Bei einer derartigen Fülle von Eis und Schnee sind Metaphern überflüssig. Überflüssig sind auch die Puderzuckerwolken, in die das Kind Wegener vom Autor getaucht wird.
Weiße Pracht oder Weiße Gefahr?
Die unentdeckte weiße Pracht lockt den Forscher. Früher oder später werden die enorme Kälte und der Schneefall zur weißen Gefahr und fordern Todesopfer.
Jo Lendle geb. 1968 lebt in Köln. 2008 und 2009 erschienen seine Romane "Die Kosmonautin" und "Mein letzter Versuch, die Welt zu retten".
Und so liest sich das:
"Bei Kilometer 62 weigerten sich die Grönländer, weiterzulaufen. Sie bekämen keine Luft, die Hunde würden sterben, sodass sie am Ende zu Fuß zurückmarschieren und vor Hunger ihre Stiefelsohlen essen müssten. Auch stundenlanges Palaver brachte keinen Erfolg.
Acht von ihnen kehrten an die Küste zurück, es kostete einige Mühe, die anderen vier zu halten. Wegener erhöhte ihren Sold auf sechs Kronen pro Reisetag. Es herrschte nun eisiger Frost, Schneefegen und Gegenwind.
Sie beschlossen, das Winterhaus zurückzulassen. Man könnte sich auch in Eismitte immer noch im Firn eingraben, wo es auch nicht kälter war als hinter den dünnen Wänden. Es ging nur noch um das Petroleum.
Das Ganze lief auf eine schwere Katastrophe zu, es half nichts, das zu leugnen." (S. 344)
- Neuschnee - Bücher wärmstens zu empfehlen
Schnee von gestern oder Neuschnee?
Wegeners Theorie der Kontintentalverschiebung wurde erst 30 Jahre nach seinem Tod anerkannt. Also durchaus Neuschnee.
Ist wärmstens zu empfehlen für:
Schneebegeisterte, die gern stundenlang durch die weiße Materie stapfen und von großen Heldentaten beim Eisbär träumen.
Und das lernen wir daraus:
Um Unerklärliches und Unvorstellbares zu erforschen, muss man wohl einen kühlen Kopf bewahren. Zu kalt werden sollte der aber nicht.
Archiv für deutsche Polarforschung