Erstellt am: 28. 12. 2011 - 16:05 Uhr
Schwarze Katzen in weißer Kälte
Zwei Orte, verschiedene Textsorten, mehrere Zeit- und Handlungsstränge, finnische Mythologie und die Schicksale von fünf Personen - Constantin Göttfert versucht in seinem Roman all dies unterzubringen und zu verknüpfen, auf dichten 139 Seiten. Unter diesem ambitionierten Vorhaben leidet nicht nur der Lesefluss, auch die Geschichte kommt etwas zu kurz.
Constantin Göttfert, FM4 Wortlaut-Finalist des Jahres 2005, hat das Deutsche Literaturinstitut in Leipzig besucht, 2008 am Klagenfurter Literaturkurs teilgenommen, 2009 das Literaturstipendium des Landes Niederösterreich gewonnen und war im gleichen Jahr Stadttschreiber in Schwaz. Bisher hat er Kurzgeschichten und Erzählungen veröffentlicht, "Satus Katze" ist sein erster Roman.
c.h.beck
Der erste Satz mit Schnee:
findet sich auf Seite 10. "Als ich Anfang Jänner am Flughafen Oulu aus dem Flugzeug stieg, fegte der Wind im gleißenden Licht riesiger Scheinwerfer die Schneeflocken über die Betonfläche."
Der Schnee fällt in:
Finnland, genauer gesagt in Oulu, etwas südlich des Polarkreises. Im Winter kann man dort die Sonne nur als ein Glimmen an der Horizontlinie wahrnehmen.
Darum geht's:
Ein junger Schriftsteller aus Wien bekommt ein Literaturstipendium der Universität Oulu in Finnland. Nur, er hat sich nie darum beworben und keiner hat je von dem Stipendium gehört. Trotzdem nimmt er an. In Oulu steckt ihm dann die Germanistik-Lektorin ein Manuskript zu, die Familiengeschischte des jungen Finnen Satu. In einer Blockhütte in der finnischen Wildnis kommt der Wiener Schriftsteller dem Schicksal Satus immer näher. Zwischen den beiden scheinbar unabhängigen Schicksalen wird eine Verbindung sichtbar, durch eine riesige schwarze Katze.
Und dann gibt es auch noch Nora, die Unbekannte aus einem Wiener Café.
Neuschnee - Bücher wärmstens zu empfehlen
Weiße Pracht oder weiße Gefahr?
Weiße Gefahr. Wer in Finnland bei -52° nach der Morgenwäsche vergisst, sein Gesicht gründlich abzutrocknen, der hat innerhalb kürzester Zeit Blutergüsse auf den Wangen. Und wer abends draußen bleibt erfriert.
So liest sich das:
"Nach einigen Metern blieb ich stehen. Dr. Kajalainen war vorausgefahren, ich rief, sie hörte mich nicht. Unser Unternehmen erschien mir verrückt. Vor wenigen Tagen hatte man noch Plusgrade gehabt, es war verantwortungslos, noch im März mit Skiern über das Meer zu gehen. Ich bildete mir ein, Warnungen in einer Zeitung gelesen zu haben, Fotos eingebrochener Touristen. Die Strecke sei um diese Jahreszeit lebensgefährlich. Schon glaubte ich Risse im Eis zu erkennen, das Brechen von Eisschollen hörte ich unter meinen Skiern. In der Ferne glaubte ich ein sChiff zu sehen."
Ewiges Eis oder Tauwetter?
Tauwetter. Auch in Finnland geht nach langem Winter die Sonne wieder auf. Und der Protagonist kehrt nach Wien zurück. Allerdings holt ihn auch dort die schwarze Katze ein.
Schnee von gestern oder Neuschnee?
Beides. Verschiedene Zeit- und Handlungsebenen wechseln sich im Text ab. Zwischen die drei Haupterzählungsstränge streut Autor Constantin Göttfert auch Brocken aus der finnischen Mythologie ein und lässt die Protagonisten aus ihrer Vergangenheit erzählen.
Schneesorte:
Leichter Bruchharsch. Zeitweise hält die Schneedecke, man kommt in einen Lesefluss und freut sich über schöne Bilder und Einfälle, aber insgesamt trägt die Geschichte nicht und es bleibt ein Unbehagen zurück.
Ist wärmstens zu empfehlen für:
Leute, die sich nach Einsamkeit und hohem Norden sehnen, nach der Sauna Wodka trinken und sich erotischen Tagträumen hingeben wollen.