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Rainer Springenschmid

Punk & Politik, Fußball & Feuilleton: Don't believe the hype!

18. 9. 2011 - 13:52

Den Reichen reichts

Maria Fekter packt die Nazikeule aus: ist ihre Warnung vor der Reichenhatz zumindest gut gemeint?

  • "Gürtellinien": Maria Fekter ist in die Falle getappt, befindet Robert Zikmund.
  • "Den Reichen reichts: Rainer Springenschmid ist überzeugt, dass Maria Fekter bewusst tut, was sie tut.

Es wäre naiv anzunehmen, dass die Nazikeule immer nur aus Gedankenlosigkeit ausgepackt wird. Zumindest wenn eine Ministerin etwas in Kamera und Mikrofon einer Hauptnachrichtensendung sagt, dann kann man davon ausgehen, dass sie das bewusst tut. Um Aufmerksamkeit zu erregen.

Das muss nicht per se bösartig sein. Man kann ahistorische und, ja, auch geschmacklose Vergleiche dazu verwenden, aufzuklären, vor gefährlichen Entwicklungen zu warnen. Wehret den Anfängen, das ist das, was Maria Fekter hier vorgibt zu vermitteln. Zumindest also gut gemeint?

Fekter irrt doppelt

Dass ihr Statement in Wahrheit "eines der bösartigsten und am weitesten verbreitete[n] antisemitische[n] Stereotyp[e]" enthält, schreibt Susanne Scholl in ihrem Kommentar auf M-Media: "Den Spruch von den reichen Juden nämlich, die nicht etwa wegen ihrer Religionszugehörigkeit, sondern wegen ihres Reichtums verfolgt worden seien."

Maria Fekter

ROBERT JAEGER

Doch damit nicht genug: Fekter benutzt die Nazikeule just in dem Moment, in dem die Diskussion um Steuergerechtigkeit und Vermögensverteilung konkret zu werden droht. In dem erstmals Steuererhöhungen und neue Steuern zu Lasten der Reichen angedacht werden.

Sie warnt also nicht, wie sie Glauben machen möchte, vor dem hetzerischen Antikapitalismus der Rechtsextremen, der nicht das System und seine Fehler bekämpft, sondern einige handelnde Personen, seien es "die Ausländer", "die Banker", "das Finanzkapital", "die Ostküste" oder gleich "die jüdische Weltverschwörung". Denn die undifferenzierte Kritik an den "gierigen Bankern" war in den Wochen nach der Lehmann-Pleite deutlich lauter als heute, und damals hat Maria Fekter daran öffentlich keinen Anstoß genommen.

Geht's jetzt an den Geldbeutel?

Nein, ihr Statement kommt genau in dem Moment, in dem erstmals konkret darüber nachgedacht wird, zumindest kleine Rädchen im Steuersystem einzubauen, die dem Staat die Möglichkeit geben, auch Vermögende wieder adäquat(er) an der Finanzierung des Gemeinwesens zu beteiligen. Anders ausgedrückt: jetzt wird's ernst, jetzt dräut Gefahr, dass es wirklich den Reichen an den Geldbeutel geht. An den Geldbeutel wohlgemerkt, und eben nicht an Leib und Leben.

Die Nazikeule der Maria Fekter ist also keine, die aufklären, sondern im Gegenteil eine, die ablenken und in die Irre führen soll. Die Geschichte verdreht, um die Forderung nach Gerechtigkeit als antisemitische Hetze zu diffamieren. Und genau deswegen ist Maria Fekters Breslauer Statement auch so besonders geschmacklos. To say the least.