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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

1. 9. 2011 - 01:39

Der innovative Jahrmarkt

Das Freiluftprogramm bei der Ars Electronica bietet eine mobile Pizzeria, ein Akku-Kartrennen und übergroße Stromspulen.

Ars Electronica 2011

Ich gestehe: bei all der gebotenen Vielfalt der Ars Electronica bekommt man als Kenner des berühmten Linzer Kunst- und Technologiefestival manchmal auch den Blues. Das liegt weniger an den Inhalten als an der Darbietung. Die bleibt im Wesentlichen stets gleich und lautet grob zusammengefasst: Multimedia-Spielereien, Robotik und Wissenschaftsunterricht im Ars Electronica Center und im Brucknerhaus. Außerdem: ein Sammelsurium an verblüffender Medienkunst sowie Animationsfilme im Offenen Kulturhaus OK und einige besondere Schmankerl als Höhepunkte in der Stadt verstreut. So viel! Aber trotz der vielen, gut ausgewählten Inhalte ist das Festival in Bezug auf Modus und Ablauf auch etwas berechenbar.

Da ist es umso schöner, wenn die Kuratoren und BetreuerInnen der vielen Ars-Unterabteilungen auch mal ganz neue Dinge auf die Beine stellen. Wobei: Neu ist die Kinder- und Jugendschiene "u19" nicht, aber nun ist aus einer Kategorie beim Prix Ars Electronica ein komplettes Unterfestival geworden. "Create Your World" heißt das und ist eine Mischung aus Jahrmarkt und Zirkus. Der Platz vor dem Ars Electronica Center vereint Workshops, Ausstellungen und Schulprojekte. Da gibt es etwa Andreas Strauss und sein "polymobil", das eine Pizzeria auf drei Rädern ist. Vor wenigen Wochen hätten sich seine Schülerinnen und Schüler nicht träumen lassen, dass aus ihnen bald mobile Pizzaköche werden.

Ein rotes Auto, in das ein Pizzaofen integriert ist.

Robert Glashüttner

Pizzalieferdienst, neu gedacht

Viele der in Zelten, in Bussen, auf Parkbänken und auf dem geräumigen Platz vor der großen Bühne ausgestellten Dinge, Konzerte, Veranstaltungen und Services sind mehr als einmal zu erleben. Manche gibt es allerdings nur an einem Tag, so wie etwa das Projekt "Akkurace", wo Go-Karts mit Akkubohrern betrieben werden.

Eine mit Strohballen abgegrenzte Rennstrecke, darin fährt ein Kind ein Kart, das mit Akkubohrern gespeist wird. Dahinter Publikum auf Steintreppen.

Robert Glashüttner

Ganz oben bei den Treppen sind schon die Instrumente fürs Abendprogramm aufgebaut.

Mobilität ist bei "Create Your World" generell ein wichtiges Thema. Nicht nur, was Alternativen zu fossilen Brennstoffen und das Hinterfragen herkömmlicher Antriebsmethoden betrifft. Es gibt auch interessante Überlegungen dazu, wie ungenützte Energie verwertet werden kann. Nein, es ist ausnahmsweise nicht von Sonnen- und Windenergie die Rede, sondern von unserem eigenen Gestrample und Geschwitze im Fitness Center und beim Sport treiben. Das Projekt "Human Power Station" des Offenen Technologielabor OTELO nimmt sich dieser "Verschwendung" an und packt Generatoren an Fahrräder dran. Die sollen Energie für ein Musikkonzert am kommenden Montag sammeln. Und wenn niemand in die Pedale tritt, findet das Konzert auch nicht statt - da ist der Workshop-Leiter streng.

Ein Fahrrad, an das ein Generator gekoppelt ist.

Robert Glashüttner

Chiptunes auf Starkstrom

Ebenfalls sympathisch: Bei "Create Your World" geht das Tagesprogramm fließend in die Abend- und Nachtschiene über. Eröffnet hat den ersten Tag der diesjährigen Ars-Electronica-Festival-Nightline der Game Boy Music Club, gefolgt vom fantastischen "Tesla Orchestra". Die von vifen Geeks aus den USA selbstgebauten Riesenstromspulen, die mit MIDI-Files gefüttert werden und dann alle möglichen Songs zum Besten geben, machen ja schon seit ein paar Jahren auf YouTube die Runde.

Weitere Tesla-Konzerte bei der Ars:
Donnerstag, 20h
Freitag, 21h30
Sonntag, 21h
Montag, 21h30

Die Elektroblitze live zu sehen wirkt am Anfang ziemlich unwirklich, der Master of Ceremonies wirkt wie ein gut equipter Character aus "World of WarCraft", der böse Zaubersprüche zum Besten gibt. Nach ein paar Stücken erinnert die Klangfarbe des Stroms an die rauhen Sounds der Chipmusik - und dann kommt auch schon das verbindende Element zwischen dieser Beobachtung und dem Tesla Orchester: Es wird "Reformat The Planet" performed, der Überhit der 8-Bit-Musikszene.

Ein Mann, der zwei je über zwei Meter hohe Tesla-Spulen bedient. Aus den Spulen kommen starke Stromblitze.

Robert Glashüttner

Epic!

Auf Besuch bei FM4

Unser Studio ist nicht weit weg von all diesem Spektakel. Genauer gesagt sind wir genau dort, nämlich beim Ars Electronica Center, im ersten Stock, im Käfig über der Empfangslobby. Wir freuen uns - trotz wenig Platz - auf Besuch von euch und haben natürlich auch ein paar FM4-Goodies dabei.

Nicht vergessen: Heute, Donnerstag, steigt bei der Open-Air-Bühne um 13 Uhr unsere Live-Sause mit den Bescheid wissenden Science Busters. Der Eintritt ist frei, bitte aber schon um 12h30 kommen. Was wir als Redaktion hier fürs Radio backen, hört ihr darüber hinaus ab 19 Uhr, am Freitag ab 15 Uhr und am Samstag ab 13 Uhr. Videos und mehr Fotos und Texte folgen an dieser Stelle sowieso.

Der Empfangsbereich des Ars Electronica Center, darüber ein runder, von der Decke hängender Balkon. Darin befindet sich das mobile FM4 Studio.

Robert Glashüttner