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Pia Reiser

Filmflimmern

1. 8. 2011 - 14:15

Dasselbe in Grün

Ryan Reynolds strahlemannt sich in "Green Lantern" durch ein effekthascherisches und substanzloses Spektakel.

Das erste, was ich nach "Green Lantern" gemacht habe, war, mich bei "Thor" zu entschuldigen: Nachdem man Mark Campbells Adaption des DC Comics gesehen hat, erscheint Kenneth Branaghs Geschichte um den überheblichen nordischen Gottessohn in neuem Glanz.

In beiden Filmen pendelt ein über Superkräfte verfügender Held zwischen irdischen Gefilden und einer göttlichen bzw. kosmischen Parallelwelt. Bei "Thor" erschien mir das damals dramaturgisch ein bissl patschert, als wäre es mit Thors Riesenhammer behelfsmäßig zurechtgehämmert worden, in Sachen inkohärenter und seelenloser Erzählweise setzt aber "Green Lantern" neue Maßstäbe.

Die Installation eines neuen Franchise-Monsters in der Kinowelt geht gehörig daneben. Regisseur Martin Campbell, der mit "Casino Royale" die James-Bond-Filme erfreulich neu positioniert hat, scheitert mit diesem Superheldenfilm.

Ryan Reynolds als "Green Lantern" im gleichnamigen Film

Warner

Aber beginnen wir am Anfang, der geht konsequenterweise auch gleich in die Hose: In einem reinen CGI-Prolog umreißt eine dunkle Stimme die "Green Lantern"-Welt. Weil es im Weltraum nicht nur unendliche Weiten, sondern auch Böses gibt, gibt es den "Green Lantern Corps", deren Mitglieder tragen grüne Ringe, die an grünen Laternen aufgeladen werden und sollen für Recht und Ordnung sorgen.

Alien in dem Film "Green Lantern"

warner

Tempo

Ein Voice Over ist in einem Film so gut wie immer ein Zeichen für inszenatorische Hilflosigkeit und eine unfilmische Art des Erzählens. Ich habe zwar so meine paar Probleme mit der "Watchmen"-Verfilmung, aber in Sachen betörender Eingangssequenz reicht dieser Comicverfilmung mit ihren Tableau-artigen Bildern so schnell keine andere das Wasser.

Aber ein Tableau, also ein unbewegtes Bild, steht ohnehin nicht auf der Agenda von "Green Lantern". Bewegung und Schnelligkeit sind im Fokus dieses Films und ein Charakteristikum seines Helden Hal Jordan.

Ryan Reynolds spielt den draufgängerischen Testpiloten und Strahlemann, ein Mann, der nur aus blitzweißen Zähnen zu bestehen scheint. Er springt aus dem Bett, sprintet zu seinem Auto, rast zu seiner Arbeit, wo er mit einem Jet kühn durch die Lüfte fetzt. "I may be a total screw-up in every other part of life, but the one thing I do know how to do is fly."

Ryan Reynolds

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Dasselbe in Grün

Geflogen und auf der Erde bruchgelandet ist inzwischen auch ein humanoides lila Alien, das mit letzter Kraft seinen Ring losschickt, auf dass er sich seinen neuen Träger suche, ein zukünftiges Mitglied des Green Lantern Corps. Der Ring wählt Hal Jordan, der nun als erster Mensch der Weltraumpolizei angehört. Seine Dienstkleidung ist ein grün-schimmernder neoprenartiger Anzug inklusike kinky Augenmaske, seine neue Superkraft ist die Fähigkeit, alles, was er sich vorstellt, temporär grün-wabernd materialisieren zu können. Willensstärke und Vorstellungskraft sind die Waffen der grünen Laternen, ein bisschen davon hätte den Drehbuchautoren und dem Regisseur auch nicht geschadet.

ryan reynolds als Superheld in "Green Lantern"

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Pop und Popcorn

"Green Lantern" will kein Schüler der "Dark Knight"-Erzählhaltung sein. Christopher Nolans Art und Weise sich Batman anzunähern, markiert endgültig das Ende der Zeitrechnung, in der Comicverfilmungen ein reines buntes Eslapismus-Spektakel waren. "The Dark Knight" war düster und hatte moralische Themenkomplexe en masse geschultert. Nun muss nicht jede Comicverfilmung sich an Nolan messen, aber auch ein gelungenes Popcorn-Spektakel muss gut erzählt und inszeniert sein, damit es funktioniert. Trash einfach nur in Hochglanzfolie zu wickeln und ein großes Budget in eine infantile Ballerballerwelt zu stecken, ist noch kein gelungenes Rezept für eine Comicadaption.

"Green Lantern" stützt sich auf die Action-Krücke und macht manchmal Pause, damit Reynolds eine ironische Bemerkung einschieben oder seine Sandkastenfreundin Blake Lively beeindrucken oder anflirten kann. Die Schwäche des Superhelden, seine Zweifel und Sorgen, die in den meisten Fällen ja spannender als seine tatsächlichen Superkräfte sind, sind "Green Lantern" einen mickrigen Backflash wert. Der offenbart, dass Reynolds - sowie einige weitere Charaktere in der mutterlosen Welt dieses Films - Daddy Issues hat.

Blake Lively umarmt Ryan Reynolds in "Green Lantern"

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Vaterkonflikte

Doch seine Erinnerungen an den traumatischen Tod des Vaters, der ebenfalls Pilot war, sind nichts gegen die bizarre Vater/Sohn-Konstellation, die aus Peter Sarsgaard und Tim Robbins besteht. Während Sarsgaard, reich an Geheimratsecken und einem Schnurrbart, der "Loser" schreit, als Wissenschaftler ein einsames Leben führt, ist Robbins als schmieriger Senator die Impersonation des Erfolgs. Sarsgaard wird dem Film als mad scientist zu ein paar Glanzmomenten verhelfen, an der Grenze zu camp gibt er den verzweifelten, gebrochenen Hector, der eigentlich doch nur geliebt werden will. Der Wissenschaftler mutiert im Laufe des Films zu einem Art Elefantenmensch und ist somit weiteres Wasser auf den Mühlen der einfallslosen und fragwürdigen Körperpolitik - hässlich=böse - der grünen Laternenwelt.

Peter Sarsgaard in "Green Lantern"

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"Green Lantern" läuft seit 29. Juli 2011 in den österreichischen Kinos

Asche und Haupt

Bösewicht Nummer Zwei ist auch keine Schönheit, heißt Parallax und ist eine Art Eyjafjallajökull-Aschewolke mit Dracula-Gesicht und Rülpsstimme. Mit wabernden, gasförmigen Aschearmen breitet er sich zwischen Wolkenkratzern auf New Yorks Straßen aus und evoziert 9/11 Assoziationen, die fehl am Platz sind. Mit Game-Ästhetik und einem 3D-Look, der in dem brilliert, wofür 3D offensichtlich gemacht wurde, nämlich Hässlichkeit in Landschafts- und Charakterform zu gießen, effekthascht "Green Lantern" um unsere Aufmerksamkeit, doch die ist noch schneller erloschen als der Ring des Helden, wenn man ihn nicht regelmäßig an die Akku-Lampe hält. Grün bleibt die Hoffnung trotzdem, schließlich kommt in "The Avengers" Mark Ruffalo als Hulk auf uns zu.