Erstellt am: 11. 6. 2011 - 19:00 Uhr
Die FM4 Charts vom 11. Juni 2011
- Die FM4 Charts vom 11.6.2011
- Brand New - Die FM4 Neuvorstellungen der Woche
Ich werde, auch im privaten Umfeld, oft gefragt, was mich denn vor allem am Banken- und Finanzwesen so empört, um gebetsmühlenartig immer die gleichen Dinge anzusprechen.
Nun, die Antwort darauf lässt sich mit den Stichworten Macht- und Informations-Asymmetrie relativ eindeutig umschreiben. Erst vorgestern wurde bekannt, dass etwa die großen deutschen Banken (und wenn ich hier Banken erwähne, meine ich fast immer jene "systemrelevanten" Institute, die eben wegen ihrer Too-big-to-fail-Systemrelevanz einen Freibrief für jedes Risiko von Regierung und Zentralbank bekommen, im Zuge dieses "moral hazards" werden sie regelrecht dazu angestiftet, im Wissen, dass sie im (unwahrscheinlichen) Fall hoher Gewinne profitieren, Verluste aber jedenfalls sozialisiert werden) trotz "Versprechens" ihre griechischen Staatsanleihen los wurden. Und damit die Situation in einer Zeit, wo der Steuerzahler erneut Milliarden locker machen muss (ohne Beteiligung privater Gläubiger wie Banken, um hier nicht mittun zu müssen, etwa durch einen Haircut, haben sie ja dieses Versprechen abgegeben, das nun gebrochen wurde) weiter dramatisiert haben.
"Am Ende des Tages wollen diese privaten Unternehmen eben nur Gewinn erzielen", war der beinah überraschte Kommentar des Nachrichtensprechers, so was aber auch, eine Bank hält ein Versprechen nicht. Andererseits müsste dies im Lichte von Ansagen hochrangiger Finanzmarktaufseher wie "The best way to rob a bank ist o own one" oder auch dem historischen Henry Ford Sager "It is well enough that people of the nation do not understand our banking and monetary system, for if they did, I believe there would be a revolution before tomorrow mornig" auch nicht übermäßig überraschen. Der ehemalige österreichische Finanzminister Rudolf Edlinger meinte mal: "Bevor ich einen 'Schwarzen' auf das Budget aufpassen lass, lass ich lieber meinen Hund auf eine Knackwurscht aufpassen", und abseits parteipolitischer Polemik hat das Prinzip den Bock zum Gärtner zu machen diese Krise tatsächlich durchzogen wie ein roter Faden.
Denn warum haben FED und EZB sich so lange der Verantwortung gegenüber staatlicher Einflussnahme und Kontrolle entzogen, bis etwa die FED (die bis zuletzt jene Deregulierung predigte, an der sich die Krise schließlich entzündete) ohne Rücksprache mit den Vertretern des Steuerzahler Hunderte Milliarden zur Rettung von vor allem großen Investmentbanken (die ohnehin kaum Kredite an die Klein- und Mittelwirtschaft vergeben wollen) ausgab?
Warum wurde dem Steuerzahler jede Form der Kontrolle verweigert? Mittlerweile wird klar, dass vor allem Länder, die sich dem Diktat unabhängiger Zentralbanken (de facto dann unter dem alleinigen Einfluss der Lobby) nicht beugten (wie etwa Indien oder Brasilien), eine wesentlich bessere Figur als FED und EZB machten und machen.
Warum sitzen die gleichen Leute noch immer in den Boards von Goldman Sachs, Merill Lynch und Co?
Warum hat man, statt etwa die Pensions- und Gemeindekassen direkt zu stützen, lieber Versicherer wie AIG aus dem Dreck gezogen (ebenfalls mit Hunderten Milliarden), damit vielleicht einer von zwanzig Dollar gerettet werden kann, den die Pensionsfonds über CDOs und CDSs durch eine AIG-Pleite verloren hätten? (Vgl. "Trickle Down Effect")
Und - hier schließt sich der Kreis zu einer aktuellen österreichischen Uni-Debatte - wie können die diversen Professoren und Finanzmarkt-Kapazunder von Harvard, Columbia und Co, die bis zuletzt die Vorzüge deregulierter Finanzmärkte predigten (auch und vor allem in ihrer Lehre und als Berater der verschiedenen Regierungen, während sie ebenfalls auf der Payroll einflussreicher Klienten standen und stehen), den wortidenten Unsinn nach wie vor unterrichten - und damit weiterhin die völlige Korrumpierung und Unwissenschaftlichkeit großer Teile der Wirtschaftswissenschaften prolongieren, freilich zur Freude der eigenen Brieftasche?
Genau deshalb ist dem WU-Rektor Badelt auch unbedingt zuzustimmen, dass seine Uni (wie auch alle anderen) mehr Geld braucht, um eben diese Einflüsse (so gut es geht und sofern es noch nicht zu spät ist) möglichst abzuwehren. Ein Finanzmathematik-Institut am Geldtropf der Raiffeisen ist genauso abzulehnen wie eines in Harvard, das von der Citigroup bezahlt wird, oder der ZDF-Wetterbericht sponsored by Commerzbank (auch wenn hier der Schaden und die Gefahr der Wetter-Verschwörung zugegeben gering ist).
Oder reicht es nicht, dass der absolute Großteil der US-Wahlkampfkosten von diesen Playern bezahlt wird, die sich anschließend weiter ihre Gesetzgebung (Bilanzierungsrecht, Regulierung, etc.) selber bestimmen?
Die 64 jährlichen WU-Millionen könnte im Übrigen ein durchschnittlicher CEO von einem dieser globalen Player aus seiner Spesenkassa zahlen.
Und damit ohne Empörung zu den Charts dieser Woche:
wolfram
Black Light Dinner Party stellen mit "Older Together" die heutige Nummer 3.
Miami Horror landen mit "Sometimes" auf Platz 2.
Und die neue, alte Nummer 1 von FM4 heißt, wie schon in der Vorwoche, "Hold My Breath" und kommt von Wolfram ft. Holy Ghost.
Schöne Pfingsten!