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David Pfister

Rasierklingen, Schokolade, Zentralnervensystem, Ananas, Narzissmus und Ausgehen.

28. 4. 2011 - 17:54

Donaufestival Tag 1

Knoten, Wurzeln & Triebe, James Blake-Hysterie. Die siebte Edition des Festivals in Krems ist angeworfen.

Das Donaufestival 2011 auf FM4

Programmtipp:
Am 3.5. senden gibt es in der FM4 Homebase (19-22) ein "Best of" des ersten Wochenendes in Krems

Nodes, Roots and Shoots - Knoten, Wurzeln und Triebe: das Donaufestival macht sein über Jahre erprobtes Konzept zum Motto. Diesmal windet sich das Programm nicht um Schlagzeilen wie "Revolution" oder "Fake Reality", sondern macht die jahrelange Ideologie des Kunstfestivals zum Thema, das Vernetzen unterschiedlichster künstlerischer Medien.

Donaufestival 2011

Donaufestival 2011

Ästhetisch hat man sich für ein liebevolles Artwork entschieden, das die Botanik feiert. Diesbezüglich haben auch wir in den nächsten zwei Wochen noch einiges vor.

Da werden noch einige glückliche KünstlerInnen in den Genuss kommen, Blumen zeichnen zu müssen. James Blake, der erste Proband, hat sich schon mal geziert. Aber wir werden nicht locker lassen. Stichwort James Blake und die "Take That"-artige Hysterie rund um den Hipster-Posterboy: Meine Kollegin Susi Ondrusova war mitten drinnen im James Blake-Vorabtrubel. Fand ihren Frieden dann aber eher bei Owen Pallet.

Susi Ondrusova über den Paganini des Pop

"Der Versuch, mit James Blake ein kopfschüttelndes Foto zu machen, ist nicht geglückt. Der junge Mann hier ist aber der eigentliche Grund, warum ich mich nach Krems verirrt habe.

James Blake will entwischen.

Eva Brunner

Owen Pallett, the artist formerly known as Final Fantasy, hat sich im Rahmen seiner Welteroberungspläne mit dem auf Domino erschienenen Album "Heartland" letztes Jahr von seinem Pseudonym getrennt. Die erste Folge, die diese Namensänderung für ihn hatte, ware, dass zu seiner ersten US-Tour weniger Menschen gekommen sind, der Namensverwirrung geschuldet. Die dürfte sich mittlerweile aufgelöst haben. Hierzulande ist Mr. Pallett kein Unbekannter. Die heutige Show wird ein sicherlich erinnerungswürdiger Schlussstrich unter das Kapitel "Solo Livegig".

Denn sb dem Sommer wird Owen Pallett zur Band mutieren. Das liest sich harmlos, aber als Liveact war Owen Pallett stets "the one w/ the violin& the loop pedals". Das wird bleiben, im Moment ist er aber dabei, Songs vom letzten Album "Heartland" mit befreundeten MusikerInnen an der Gitarre, Bass oder Drums neu einzuproben. Heute war also eine der letzten Gelegenheiten, ihn in "alter" Solobesetzung mit zusätzlichem Streichensemble zu sehen.

Owen Pallet

Susi Ondrusova

Und die erste Gelegenheit, die mittlerweile von Kendal nach London übersiedelten Wild Beasts mit neuem Album im Gepäck zu sehen. "Smother", so heißt ihr neues Album, steht für "killing someone with kindness".
Owen Pallett hat mir - der "Ohropax"-Fetischistin - beim Ben Frost-Konzert erklärt, ich solle mich wegen der Lautstärke nicht anscheißen (er hat diese Worte natürlich so nicht verwendet). Er hat My Bloody Valentine (!!!) ohne Gehörschutz gesehen und hat es überlebt. Na gut, also ring-a-ding. Bis später!"

Wie ein Festival-Soundcheck

Menschen wie Susi Ondrusova, die Dubstep weder in der Prä- noch in der Postphase verstanden haben, nehmen das Österreich-Debüt von James Take Blake That als den typischen Open-Air-Festival-Soundcheck war: Bumm. Bumm. Bumm.

Andere sind ergriffen und erfühlen einen ersten Höhepunkt vom Donaufestival. So einer ist Philipp L'Heritier, der eben noch bei den Wild Beasts Kräfte sammelt um sich rechtzeitig vor dem Headliner Owen Pallett in's Bett zu legen, damit er Euch morgen mehr erzählen kann. Bis es soweit ist, hier die Live-Variation des Album-Covers:

James Blake

Susi Ondrusova

By The Throat

Als "Arvo Pärt, von Trent Reznor arrangiert“ hat das Donaufestival die Musikwelt des Australiers Ben Frost beworben. So weit würde ich mich zwar nicht aus dem Fenster lehnen, aber die Richtung stimmt. Ben Frost's Musik kreist um den Planeten Power Electronics.

Ben Frost

Donaufestival

Allerdings nicht so primitiv, wie man es von Helden des Genres, wie zum Beispiel Whitehouse kennt. Frost konterkariert seine dicke Elektronik mit einer vorsichtigen Jazz-Ahnung und einer Drone-Gitarre, die immer knapp am Metal-Riff stoppt. Musik, die so klingt wie der Name des Künstlers. Es ist schön, dass das Donaufestival solcher Musik das notwendige Ambiente bieten kann.

March of the Women

1911 schreibt die britische Komponistin Ethel Smyth den "March of the Women". Eine Hymne für die englische Frauenbewegung anlässlich Veranstaltungen für das Frauenwahlrecht. Nun ist es so, dass sich 2011 der internationale Frauentag zum 100. Mal jährt. Unter der künstlerischen Leitung von Mia Zabelka, Chra, Célia Mara und Sweet Susie greift das Femous Orchestra den Faden von Ethel Smyth auf und inszeniert mit Musikerinnen, Komponistinnen und Performance-Künstlerinnen aus aller Welt ein musikalisches Update für den hundert Jahre alten Marsch der Frauen. Bewaffnet mit allen nur erdenklichen musikalischen Gerätschaften marschiert das Femous Orchestra in das Festivalgelände ein und eröffnet mit einem kakophonen Statement das Donaufestival 2001.

Christ Mass, Lucifer Calling

Terroristen-Outfit, viel Nebel, okkultes Artwork, Interview-Verweigerungen und die Erhöhungen misanthropischer Alltagsbefindlichkeiten.

Wu Lyf

Wu Lyf

Die jungen Leute von Wu Lyf sind für den geheimnisvollen Nebel am ersten Donaufestival-Tag verantwortlich. Musikalisch macht die Band eigentlich unkomplizierten Neo-Rave. Allerdings mit allerhand Apps wie Abstrakt-HipHop oder verdrogten Gospels, Videos, die sich an Seventies-Trash-Horror-Filmen orientieren und vor allem mit einem ästhetisch gut durchkonzeptionierten Image, das aus der Witch-House-Kiste schöpft. Wu Lyf bringen eine Magical Mystery Tour nach Krems, vor der man sich ein wenig angenehm fürchten kann.

Dachte ich im Vorfeld. Das mysteriöse Konzept hätte man live allerdings mehr strapazieren können. Und die, na sagen wir mal, markante Stimme des Sängers kommt auf Platte stimulierend daher, auf der Bühne tötet er allerdings manchmal die spannenden Layouts und transformiert seine Band in eine Kings Of Leon-Variation für traurige Leseratten. Was natürlich auch nicht weltuntergehend ist. Auf das demnächst erscheinenden Debütalbum von Wu Lyf freuen sich meine Ohren trotzdem noch immer.

Alles ist erleuchtet. Susi Ondrusova über Owen Pallett:

Über zwei Sachen kann man sich nach einem Festivaltag hier in Krems mit ziemlicher Sicherheit unterhalten: Lautstärke und Zeitstärke. Die Mitternachtseinlage von Owen Pallett und seinem Streichquartett beginnt verspätet, der Musiker selber entschuldigt sich höflich, begrüsst uns noch höflicher und erklärt im Juni kommt er wieder, also jene die müde sind könnten auch heimgehen denn "Everybody wins! At least in this room!"

florian schulte/donaufestival

Owen Pallett Streichquartett

Aber wer stehen kann, will sich eine der letzten Owen Pallett Soloshows nicht entgehen lassen, beim nächsten Wiedersehen wird ihn eine Band begleiten, die ersten Ohrenzeugenberichte in der Bass/Gitarre/Percussion-Formation sind euphorisch ausgefallen, "friends told me it was like feeling the songs on "Heartland" are let out of cages!"

Eigentlich ist Owen Pallett also mit seinen Gedanken weg vom Orchester oder Streichern, er erklärt: "I´m actually not very good at multitasking. Doing this thing today tugged at my abilities just because I usually don´t play shows with a string quartett. Even though I use quartett on my records I dont do shows with them. So it was a bit challenge to do this...It´s weird though just because I work as an arranger people often

Tag zwei wird gleich beginnen, Philipp L'Heritier ist sicher bald mit seiner James Blake-Review fertig. Bis später!