Erstellt am: 14. 4. 2011 - 18:23 Uhr
So muss Rap klingen
Vor ein paar Tagen hat Pharoahe Monch sein erstes Konzert in Österreich gespielt. Schauplatz war der große Saal im Wiener WUK. Und obwohl die Show an einem Sonntagabend stattgefunden hat, war die Location im 9. Bezirk fast ausverkauft. Nicht schlecht für einen Künstler, der seine aktuelle Platte "W.A.R. - We Are Renegades" vor kurzem über das Indie-Label Duck Down veröffentlicht hat.

Pharoahe Monch
Nun ist Pharoahe Monch kein unbeschriebenes Blatt: 1991 veröffentlicht er gemeinsam mit Prince Po als "Organized Konfusion" ein großartiges, erstes Album. Von Anfang an ist klar, dass hier ein Ausnahmetalent rappt: Denn die Art und Weise, wie er mit Worten spielt, Metaphern verwendet, Reime strukturiert und betont, ist einzigartig. Pharoahe Monch ist kein "normaler" Rapper, er ist ein Lyricist und beeinflusst Künstler wie Nas, Mos Def und Eminem. Es folgen zwei weitere "Organized Konfusion"-Alben bis er Ende der 90er Jahre beschließt, alleine weiterzumachen.
Sein Debut "Internal Affairs" erscheint 1999 über das zu der Zeit mächtige und allgegenwärtige Independent-Label Rawkus. Mit "Simon Says" ist darauf jene Single, die Pharoahe Monch in Hip Hop-Kreisen unsterblich macht. Bis heute gehört die Nummer zum Standardrepertoire von Hip Hop-DJs. Ein klassischer Hit, der bei Parties immer funktioniert. Schon die ersten paar Takte des auf einem Sample des japanischen Godzilla-Soundtracks beruhenden Songs, füllen jede Tanzfläche.
Vom Indie zum Major und zurück
Aufgrund von Sample-Clearance Problemen mit dem Urheber Akira Ifukube, wird sein Debut-Album wieder eingezogen. Die darauffolgenden Streitigkeiten und Label-Querelen verzögern ein weiteres Album dramatisch. In der Zwischenzeit verdingt er sich als Ghostwriter für unter anderem P.Diddy.
2007 erscheint über Steve Rifkinds SRC Records, einem Sub-Label des Majors Universal Motown, das Album "Desire". Eine künstlerisch einwandfreie Platte, die deutlich von Soul- und Gospel-Musik beeinflusst ist. Trotz positiver Kritiken, Musikvideos und Radio-Singles verkauft sich das zweite Album nur mäßig. Ein Rückschlag, der Pharoahe Monch wieder zum Independent-Artist werden lässt.

Duck Down
W.A.R. - We Are Renegades
Jetzt erscheint mit "W.A.R. - We Are Renegades" das dritte Solo-Album von Pharoahe Monch. Eine Platte, die verdeutlicht, wie Rap-Musik klingen kann, wenn ein fähiger und intelligenter MC hinter dem Mikrophon steht: Da werden mittels Metaphern Bilder im Kopf kreiert, erstaunliche Reim-Flows serviert, Worte verdreht und Themen angesprochen, die gesellschaftlich relevant sind und die tiefe Einblicke in die Seele von Pharoahe Monch gewähren. Auf Bling Bling Bla Bla und Swag-Posereien wird verzichtet. Zu ernst sind die Themen, die ihn beschäftigen, als dass er wichtige Minuten seines Album mit sinnlosen Phrasen verschwendet. Seine schwere Asthma-Erkrankung thematisiert er ebenso, wie seine Unzufriedenheit mit Labels und amerikanischen Radio-Stationen.
Was "W.A.R." so speziell macht, ist die Tatsache, dass Monch nicht mit erhobenem Zeigefinger von oben herab predigt. Er sucht nach Lösungsansätzen für Probleme und stellt sich auf eine ebene mit seinen Hörerinnen und Hörern. Nicht er alleine ist der "Renegade", also der Abtrünnige oder Deserteur. Es geht ums das WIR, den gemeinsamen Nenner einer kritischen Masse. Offensichtlich beeindruckt von den Revolutionen im arabischen Raum, erzählt er im Interview, dass auch Amerikas Unterschicht immer größer und unzufriedener wird. Dass das Pulverfaß auch dort irgendwann hochgehen kann, davon ist er überzeugt.
Polizeigewalt, Rassismus, fehlende Perspektiven und eine Wirtschaft, die am Boden liegt: Amerika verliert seine Mittelschicht. Und Pharoahe Monch liefert den Soundtrack. Für die Single "Clap (One Day)" wurde ein Musikvideo gedreht, das eigentlich ein Kurzfilm ist. Es geht um einen übereifrigen Polizisten, der bei einem Einsatz ein unschuldiges Kind erschießt. Gespielt wird dieser Polizist übrigens von Gbenga Akinnagbe, bekannt aus erfolgreichen HBO-Serie "The Wire".
Heute, 14. April 2011 gibt es in Tribe Vibes (22-0) ein ausführliches Interview mit Pharoahe Monch zu hören. Ab Freitag gibt es die Sendung für eine Woche als Stream
Unterstützung holt sich Pharoahe Monch für "W.A.R." bei Künstlern, die seine Ansichten teilen: Immortal Technique, Jean Grae, Royce Da 5'9", Styles P, Phonte, Vernon Reid von Living Colour und noch einige mehr. Für die Produktion hat er darauf geachtet, nur Musik zu nehmen, die seine Texte und Inhalte unterstützt und zur Stimmung des Albums passt. Der Name der Produzenten war dabei zweitrangig: So treffen auf "W.A.R." verschieden Generationen von Beat-Machern aufeinander: Einerseits junge Leute wie Marco Polo aus Kanada, Exile aus Kalifornien, M-Phazes aus Australien oder Samiyam aus Ann Arbor, Michigan. Andererseits Hip Hop-Legenden wie Diamond D, der den minimalistischen Sound für "Shine" liefert.
Insgesamt ist Pharoahe Monch eine wunderbare Platte gelungen. Kritiker und Fans sprechen schon jetzt von seinem bis dato besten Solo-Album. Der Erfolg der aktuellen Europa-Tour scheint das zu bestätigen.