Erstellt am: 12. 3. 2011 - 11:22 Uhr
Frauen, die nichts fordern
- Von wegen Halbe/Halbe Veronika Weidinger hat das Buch von Bascha Mika gelesen
Die ganze Woche über wurde auch in Berlin der Frauentag gefeiert und an seine hundertjährige Geschichte erinnert.
In der taz durften sich 100 Frauen was wünschen. Angela Merkel zum Beispiel, so war zu lesen, würde die Vorreiterinnen der Frauenbewegung heute gerne durchs Regierungsviertel führen und ihnen zeigen, was alles erreicht wurde - dabei hat die Bundekanzlerin vor kurzem in der Quotendiskussion ein großes Basta gesprochen. Wären die deutschen Frauenrechtlerinnen um 1911 so bescheiden in ihren Wünschen gewesen, würde es heute wohl kaum eine Frau im Kanzleramt geben.
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Der Tag und das Thema haben etwas Frustrierendes.
Ein halbes Jahrhundert Emanzipationsdebatte hat nichts daran geändert, dass Frauen in Deutschland immer noch wesentlich weniger verdienen als Männer, dass sie in den Vorstandsetagen der Unternehmen mit zwei Prozent ähnlich stark repräsentiert sind wie im Schwellenland Indien. Auch im Kulturbetrieb ist es immer noch so, dass Frauen sich in Debatten der angemaßten Diskurshohheit der Männer geschlagen geben.
Bascha Mika hat in ihrem Buch “Die Feigheit der Frauen” weniger die Strukturen, als die Frauen selbst für ihre Misere verantwortlich gemacht. In einem Punkt hat sie wohl Recht: Dass Frauen sich mit ihrer unausrottbaren Sehnsucht nach der romantischen Liebe selbst im Weg stehen, weil sie für die Erfüllung dieser Sehnsucht oft bereit sind, den besten Posten zu opfern, sich anzupassen, mit weniger zufrieden zu sein. Für eine glückliche heterosexuelle Beziehung ist es nach wie vor hinderlich, wenn die Frau mehr Erfolg, Geld oder Bildung als der Mann vorweisen kann.
Und wieviel weibliche Energie geht in Beziehungs- und Gefühlsarbeit verloren? Wieviele bleiben zu lange in einer unglücklichen Beziehung, weil sie es sich nicht vorstellen können, alleine zu leben? Mika hat für diesen Willen zur Unterordnung den schönen Begriff der “Vermausung” gefunden.
Was könnten Frauen mit dieser vertanenen Energie alles machen? Dokorarbeiten schreiben, Nordpolexpeditionen durchführen, die Gesellschaft verändern.
Aber statt dessen müssen Frauen wohl immer wieder von vorne anfangen, manchmal scheint es so, als müssten die alten Kämpfe immer wieder neu geführt werden.
In einem weiteren aktuellen Buch zur "Frauenfrage" beschreibt die britische Journalistin Natasha Walter die Rückkehr des Sexismus. In “Living Dolls” führt sie aus, was beim heutigen Sexismus irritiert und ihn womöglich als solchen unkenntlich macht - die Bereitwilligkeit, mit der sich viele Frauen daran beteiligen: Sie hätten ja, heißt es stets, die Wahl. Genau diese Entscheidungsfreiheit bezweifelt Natasha Walter.
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In Werbung, Filmen, Musik und Medien werde ein ganz bestimmtes Bild der weiblichen Sexualität gefeiert, dem sich junge Frauen nur schwer entziehen könnten. Es werde ihnen vermittelt, "dass der Weg zur Selbstverwirklichung der Frau unvermeidlicherweise über die Perfektion ihres Körpers führt". Passenderweise startete in dieser Woche auch noch die neue Staffel der Mädchen-Quäl-Show “Germanys Next Top Model", in der sich junge intelligente Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten öffentlich demütigen lassen.
Von den Castingshows, kritisiert Natasha Walter, lernten Frauen, das Aussehen und das Verhalten anderer Frauen permanent zu bewerten - und sie erlebten, dass jene, die dem vermeintlich objektiven Anspruch an weibliche Attraktivität nicht genügen, aussortiert werden.
Trotz dieser niederschmetternden Nachrichten bleibt der Feministin von heute nichts anderes übrig, als immer wieder von vorne anzufangen und weiter zu kämpfen. Denn wie heißt es doch bei Simone de Beauvoir so schön:
Frauen die nichts fordern, werden beim Wort genommen: Sie bekommen Nichts.