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Mari Lang

Moderiert, beobachtet und probiert aus – neue Sportarten, Bücher und das Leben in der Ferne. Ist Ungarn-Fetischistin.

13. 1. 2011 - 14:57

Zur richtigen Zeit am richtigen Örtchen

Bei den 12. Burton European Open drehen Snowboarder nicht nur ihre Körper in der Luft, sondern auch ihre Hände an den Plattentellern.

Am Klo hat man oft die besten Ideen. Und am Klo macht man manchmal auch die besten Bekanntschaften. Der Schweizer Profi-Snowboarder Frederik Kalbermatten muss vor vier Jahren, während des Halfpipe-Bewerbs bei den Burton European Open in Laax, aufs Klo. DJ Stylewarz, der im Rahmenprogramm des Contests auflegt, ebenso. Ihre Blicke treffen sich, und beide erinnern sich wohl an die Songzeile "Ich hab den Größten" aus dem Stylewarz-Album "The Cut". Sie grinsen sich an, und damit beginnt eine dynamische Freundschaft.

dj fredi k. und dj stylewarz

klaus thyri

Frederik Kalbermatten ist schon lange ein Fan des Hamburger Hip Hoppers Stylewarz, der seit den späten 80er Jahren neben D-Flame, Jan Eißfeldt und Ferris MC die deutsche Szene wesentlich mitgeprägt hat. Egal ob als DJ oder als Solomusiker, Stylewarz ist immer dort, wo die Beats sind. Fredi Kalbermatten neuerdings auch. In den letzten Jahren hat sich der 29-jährige Snowboarder, der u.a. schon bei den Olympischen Spielen mitgefahren ist und Parts in namhaften Snowboardvideos vorweisen kann, ein zweites Standbein als DJ aufgebaut. "Ich war schon immer fasziniert davon, meine Lieblingssongs zusammenzumischen. Und als einer meiner Kumpels seine Plattenspieler loswerden wollte, hab ich sie einfach gegen ein Snowboard eingetauscht", erzählt er. Vor allem Reggae, Dancehall und Hip Hop hat der schlaksige Schweizer in seinem Sound-Repertoire, das sich durch Unterstützung von DJ Stylewarz stetig erweitert. Ein bis zweimal im Jahr legen die beiden mittlerweile gemeinsam auf - Partymusik für die Snowboardcrowd, die laut Stylewarz offener und tanzwütiger, als das straighte Hip Hop-Publikum ist.

mari lang interviewt dj stylewarz und fredi k.

klaus thyri

12. Burton European Open

  • 8.-15. Jänner 2011
  • Crap Sogn Gion, Laax, Schweiz
  • Slopestyle- und Halfpipe-Contest für Junioren, Damen und Herren
  • ca. 400 Teilnehmer aus der ganzen Welt - davon 32 geladene Herren und 16 geladene Damen pro Disziplin - sonst ein offener Bewerb
  • Preisgeld: US$ 125.000
  • 6 Star TTR Event

Das Duo Fredi K., wie Kalbermatten als DJ heißt, und Stylewarz, ist ein hundertprozentiges Win-Win-Projekt. Jeder kann vom Anderen etwas lernen. "Fredi mixt teilweise echt besser als so mancher etablierte deutsche Hip Hop-DJ. Der bringt mir da noch was bei", sagt DJ Stylewarz anerkennend. Und umgekehrt? "Ja, Stylewarz kommt schon jeden Hang runter. Gar nicht so übel, weil das können nicht alle", sagt Frederik Kalbermatten in klassisch schweizerischer Unaufgeregtheit. Da haben sich also zwei gefunden, die viel gemeinsam haben. Einerseits die Liebe zur Musik und zum Winter, und andererseits den Do it yourself-Zugang zur Welt. Beide sind Selfmademen, die sich ihr Können und ihren Status in der jeweiligen Szene hart erarbeitet haben. "Wenn man in etwas richtig gut sein will, muss man viel Zeit investieren", sagt Kalbermatten, der früher kaum einen Snowboard-Contest ausgelassen hat. Den Wettbewerbs-Zirkus überlässt der ruhige Schweizer heute aber den Jüngeren. "Snowboarden hat sich in den letzten Jahren extrem weiterentwickelt. Als ich noch Halfpipe gefahren bin, waren die Pipes noch nicht so pickelhart und gefährlich. Wie sich die Jungs da heute raushauen – Respekt! Wenn man älter wird, überlegt man sich das schon zweimal."

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Mit knapp dreißig Jahren gehört Fredi Kalbermatten mittlerweile schon zum alten Eisen, das sich lieber im Tiefschnee vergnügt und unter Beobachtung von Videokameras und Fotolinsen von Felsen springt. Irgendwann, das weiß Kalbermatten, ist mit dem Snowboarden endgültig Schluss. Dann gibt es keine Sponsoren, die ihn rund um die Welt schicken und auch keine Fotoaufträge mehr. Deshalb hat Fredi K. schon jetzt vorgesorgt. Mit seinem Shred-Buddy, dem Schweizer Nicholas Müller, hat er eine Bekleidungsfirma gegründet und DJ-ing, das derzeit nur ein Hobby ist, könnte dann auch ein richtiger Job werden.

mari lang interviewt dj stylewarz und fredi k.

klaus thyri

Fotos: Klaus Thyri

Wie sich das anfühlen könnte, erlebt der Snowboard-Pro dieser Tage. Bei den 12. European Open, die seit 7. Jänner 2011 in Laax stattfinden, dreht er gemeinsam mit DJ Stylewarz an den Plattentellern und spielt Sound-Ping Pong. Snowboard-Stars wie Peetu Piiroinen, Markus Keller und Mikkel Bang sowie ein Haufen Newcomer stehen davor und wackeln in engen Hosen und Karohemden im Takt. Vor ein paar Jahren ist Frederik Kalbermatten noch mit ihnen am Berg um die Wette gesprungen und hat sich in unglaublicher Geschwindigkeit über meterhohe Kicker geschraubt. Hinter dem DJ-Pult bekommt er trotzdem immer noch weichere Knie als auf der eisigen Piste. "Ich bin schon sehr aufgeregt, weil alle vorbeikommen wollen, um sich ein Bild von mir als DJ zu machen." Und das alles nur, weil Fredi K. zur richtigen Zeit am richtigen "Örtchen" war.