Erstellt am: 6. 1. 2011 - 15:45 Uhr
Zwei Bands für 2011: Braids & Chapel Club
"Ist noch Platz im Leben für eine weitere Band aus Brooklyn?" Das fragte sich Philipp L´Heritier kürzlich, als er über Bands nachdachte, für die dieses neue Jahr 2011 ein bedeutendes werden könnte, betreffend Bekanntheitsgrad und das was man allgemein als Erfolg bezeichnet. Ist noch Platz im Leben, frag' ich an dieser Stelle, für eine weitere Band aus Montreal, Kanada?
First we take Montreal: Braids

Marc Rimmer
Ja. Für die Braids. Und wieder, wie letzthin bei Philipp, kommt der Name Animal Collective dabei vor. Braids sind ein Quartett aus Montreal, das seine Wurzeln in der Zeit hat, als vier kanadische Kids in der ex-Olympiastadt Calgary zur Schule gingen und besessen waren vom Sound der New Yorker Band Animal Collective.
Blame it on a Blueberry Muffin
In der Schulcafeteria soll die Bandgründung von statten gegangen sein. Katie und Taylor waren bereits in der Band, Austin und Raphaelle stießen dazu. Über Blueberry Muffins sitzend, war bald klar, was es sein sollte: experimenteller Indie-Pop. Eine Zeit lang wurde in einer Lagerhalle geprobt, bei ziemlich niedrigen West-Kanada-Temperaturen. Nach der Matura zogen diese entzückenden best friends dann aber sogleich nach Montreal. Der besseren Möglichkeiten wegen, schließlich ist Calgary nichts anderes als ein Kuhdorf. "Just another rodeo town", wie Leslie Feist, die ja auch aus Calgary stammt, einmal sagte. Und das Echo von Broken Social Scene ist auch da, irgendwo im Sound von den Braids. Aber mehr noch erinnert die Band an die Softies - an Jen Sbragia und Rose Melberg, die in den 90er Jahren in Olympia, Washington aktiv waren und mit ihrem alternativen Zuckerpop einen auf den Grunge folgenden Pacific North West Sound mitbegründeten.
Man nehme noch die ebenfalls fast vergessenen Velocity Girl und die erwähnten Animal Collective, eine Portion Shoegazing, eine Dosis Electropop und schüttle alles in einer Schneekugel einmal zart durch. Wenn sich der Schneesturm wieder legt, kommen die Braids heraus. Zöpfe trägt - entgegen dem Bandnamen - in diesem Quartett keine(r), und mit der US-Emo-Band Braid hat man glücklicherweise auch nichts zu tun.
Das Debütalbum der Braids, "Native Speaker", erscheint Ende Jänner bei Kanine Records, jenem US-Plattenlabel, bei dem etwa auch Surfer Blood veröffentlichen, die zuletzt ja auch - zusammen mit Interpol - in Österreich spielten. Der Longplayer folgt auf das epische "Lemonade" und das kompaktere "Plath Heart", zwei Songs mit denen sich die Braids im eben vergangenen Jahr schon mal Aufmerksamkeit geholt haben.
...then we take London: Chapel Club

Ben Rayner
"Maybe I should take a bite while the fruit's still ripe"
Zuletzt spielten Chapel Club aus London als special guests von Two Door Cinema Club in Wien. Nichts gegen die nordirischen Neo-Londoner vom Two Door Cinema Club, aber ich trete lieber dem Chapel Club bei. Das Quintett aus der britischen Hauptstadt erinnert einige von uns daran, why we loved British music in the first place. Gute Songs, eine gewisse subtile Dramatik, eine gewisse britische Coolness.
Britpop 2011
Chapel Club spielen am 5.April im Flex in Wien.
Mit Sänger Lewis Bowman und Gitarrist Michael Hibbert hat die Band zwei Leader. Der charismatische Michael, samt seiner Haartolle, ist eine Art neuer Johnny Marr. Er ist der Mann in der Band, der der Organisator ist, der dem Sänger Halt gibt. Lewis Bowman mag das Understatement, und ist dennoch Morrissey-Fan. Scott Walker ist ein weiterer Einfluss, oder der zuletzt wiederentdeckte US-Avantgarde-Popmusiker Arthur Russell, sowie Schriftsteller-Legende Ernest Hemingway.
"Maybe I should mess around with someone´s wife."
Boy, oh, boy. Ach was, ist ja nur ein Songtext, und Lewis Bowman ist auch nicht Liam Gallagher. Aber auch nicht der Editors-Sänger, und auch nicht der Sänger der White Lies, auch wenn Chapel Club, was die Melancholie betrifft, diesen englischen Kollegen in nichts nachsteht, und so groß wie diese beiden Bands könnten Chapel Club rascher werden als wir vielleicht denken würden.
Weitere Empfehlungen für 2011
- Bom Bon: Drei Musikerinnen. San Pedro, Kalifornien. Surf-Garage-DoWop-Indierock.
- Yuck: 1 Girl, 3 Boys. London.
- Esben & The Witch: BritInnen auf Matador Records in New York. Sound: A Heart Of Darkness.
- La Sera: Katy Goodman von den Vivian Girls.