Erstellt am: 18. 11. 2010 - 16:22 Uhr
Something For The Weekend
Oha! Weil ichs erst jetzt lese: HIER ist beim Blumenau sogar genau erklärt, warum.
Vermutlich ist es relativ egal. Aber: Du bist mehr Konsument und Konsumentin als Bürger oder Bürgerin oder sonst irgendwas.
Samstag / Großstadtgeflüster / Posthof / Linz
Ja, klar, sagst du, weil ich muss gar nichts, außer schlafen, trinken, atmen, ficken und Burger verdrücken. Und von drei aus fünf Tätigkeiten muss ich im Normalfall bezahlen. Also so what?
Freitag / Electronic Beats / Human League, Nouvelle Vague etc. / Gasometer / Wien
Nein, ich hab mich verzählt, es sind nur zwei aus diesen fünf kostenpflichtig zu konsumieren. Aber egal: weil du nämlich vorm Schlafen oder Ficken am Wochenende mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Event zur Konsumentenbindung besuchst, das sich mehr oder weniger offensichtlich als solches zu erkennen gibt. Textilhersteller oder Telekommunikationshersteller oder so wollen dir bei jeder Gelegenheit zeigen, wie sehr sie dich verstehen und deine Lebensrealität teilen.
Deswegen weichen sie beim Feiern, in den schicken oder weniger schicken, in den offiziellen oder halboffiziellen Clubs auch nicht von deiner Seite und sind dabei, während du deinen Lifestyle lebst (also dich selbst mit denjenigen Produkten brandest, die dich in diesem Lifestyle glaubwürdig und authentisch erscheinen lassen), deine Leidenschaft mit anderen teilst (also mit deinem Telefon mit 24-monatiger Vertragsbindung irgendwas auf ein soziales Netzwerk mit hoher Konsumentenbindung hochzuladen, was sich im Endeffekt positiv auf ein unbezahltes Projekt auswirken könnte, das dein eigenes Image raus aus dem Schatten und rein in die Sonne eines prominenten, glaubwürdigen und authentischen Images bringt) oder Produkte von Spirituosenherstellern konsumierst, die dich verstehen oder deine Lebensrealität teilen.
Katy's Projekt
Du wirst dein Konsumentendasein nicht los, selbst dann, wenn deine Freunde und du zum Feiern in einen komplett unangesagten Laden gehen, weil spätestens wenn "in komplett unangesagte Läden gehen" der nächste heiße Scheiß wird, sind die Hersteller auch wieder da, und du findest sie zu Beginn sogar irgendwie glaubwürdig und authentisch, weil sie auf deinen Schachzug mit den komplett unangesagten Läden reagieren.
Wie eine Begleitung, um die du nie gebeten hast, die aber auch nicht besonders stört. Wie die so genannten Freunde, mit denen du zwar um drei auf der Tanzfläche viel teilst, die du aber a) noch nie nüchtern getroffen hast, oder denen du b) bei Tageslicht betrachtet gar nicht einmal besonders viel zu sagen hättest. Die, wenn du ihnen mit dem Scheiß kommst, der dir auf der Uni passiert ist, wo du ein Semester in der Warteschleife sitzt, weil du aus Gründen, die du nicht nachvollziehen kannst, in keinen der eigentlich verpflichtenden Kurse gekommen bist, bestenfalls angestrengt blinzeln.
Freitag / Youki Nightline / Seayou Records feat. Paperbird etc. / Alter Schlachthof / Wels
Die Begleitung hilft dir leider auch nicht dabei, endlich einen Job oder ein Praktikum zu finden, mit dem du nicht nur deine Miete zahlen kannst, sondern dich auch sonst irgendwie weiterbringt.
Ha!, denkst du dir, du musst vielleicht bloß dein persönliches Image so weit upgraden, dass du selbst vom Konsumenten zum Hersteller wirst?
Funktioniert in der Schule ja genauso, wenn dein cooles Outfit plötzlich sogar von Depperten in der C-Klasse kopiert wird.
Das lässt dich dann kurz innehalten, und wirft die Frage in dir auf, was denn heutzutage bitteschön noch authentisch sein soll. Weil dein persönliches Image, das die Depperten aus der C-Klasse kopieren, besteht in Wahrheit auch bloß aus zwei Fetzen vom Textilhersteller, einem ehemaligen Halstuch von der großen Schwester und ein paar Accessoires made in China.
Das ist dir egal, solang dieses Image mit deinem Namen in Verbindung gebracht wird, und sogar die Kids von zwei Klassen unter dir begreifen, dass es *dein* Image ist, das die Depperten aus der C-Klasse da kopieren, und dass du authentisch bist, und die anderen bloß das konsumieren, was du als Image hergestellt hast.
Schließlich hat die Band Nouvelle Vague auch bloß Versatzstücke aus den Achtzigern und nervige Loungemusik genommen, und daraus *ihren* Sound kreiert. Schließlich laufen beim Youki Filmfestival auch Handycam-Filme, die sich von allen möglichen Werken und Regisseurinnen inspirieren haben lassen. Und auf der anderen Seite wären Human League keine Festivalheadliner, wenn ihr persönliches Image namens Synthiepop heute keinen mehr interessieren würde.