Erstellt am: 25. 10. 2010 - 17:53 Uhr
Echte Bilder aus Pyöngyang
Pyöngyang steht auf der Liste beliebter Urlaubsorte bei den meisten von uns eher weiter unten. Nordkorea ist eben nicht dafür bekannt, Touristen gegenüber sonderlich offen zu sein. Der kanadische Comiczeichner Guy Delisle war trotzdem für zwei Monate dort.
So wie viele Hersteller von Kleidung oder Spielzeug ihre Produktion nach Asien verlegen, weil Arbeitskraft dort billiger ist, so lässt auch die Trickfilmindustrie Animationen teilweise dort zeichnen. Guy Delisle war als Kontrolleur einer solchen Produktion in Pyöngyang und hat seine Impressionen und Erlebnisse in einer Graphic Novel 2003 veröffentlicht.
reprodukt
Über die Verhältnisse in Nordkorea gibt es Dokumentationen und Bücher, aber man wird nie das Gefühl los, dass hinter der Gestaltung eine politische Motivation steckt, eine eurozentristische Perspektive, die urteilt oder bewertet. Den Schilderungen von Guy Delisle hingegen glaubt man gerne, weil sie ganz privat sind und sich mit Humor vom üblichen Ethno-Voyeurismus unterscheiden. Er versucht uns nicht von irgendeinem Standpunkt zu überzeugen oder betroffen zu machen, sondern erzählt uns schlichtweg, was ihm so alles widerfahren ist. Natürlich lassen sich aus den witzigen Situationen ernste Rückschlüsse ziehen. Sonst würde etwas fehlen.
Die Graphic Novel ist auch bei uns bereits seit 2007 erhältlich und für die Connaisseurs schon Schnee von gestern. Allerdings hat sich ein Künstler-Pärchen Delisles Arbeit erneut angenommen. Im Zuge einer Reise nach Pyöngyang hatten sich Andy Deemer und Michelle Woo vorgenommen, soviele Frames wie möglich photographisch umzusetzen.
deemer & woo
Sie durften weder das Comic selbst noch sonstiges Printmaterial bei der Einreise mitbringen, mussten also die Bilder ohne Vorlage reproduzieren.
deemer & woo
deemer & woo
Das Ergebnis war ein kleines Buch mit dem Titel "Pyongyang too", dass die beiden binden ließen und Guy Delisle bei einer Autogrammstunde vorlegten. Der war davon ganz angetan und schrieb gleich in seinem Blog über seine "ultime fans".
Damit werden die Bilder, die Delisle uns von Pyönyang vermittelt hat, wieder von einer anderen Seite beleuchtet. Die Photos wirken wie Belege dafür, dass Delisle die Wahrheit gesagt (oder gezeigt) hat - für alle die nicht dachten, dass dem so sei.