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Arthur Einöder

POP: Partys, Obsessionen, Politik. Ich fürchte mich vor dem Weltuntergang, möchte aber zumindest daran beteiligt sein.

15. 10. 2010 - 16:37

Something For The Weekend

Michael Häupl, du hast mein Leben zerstört.

Zu den Terminen gehts weiter unten. Den kompletten Überblick findest du auf termine.orf.at/fm4

Politiker sind so was ähnliches wie Geschichtenerzähler. Sie haben keine Ahnung, aber eine blühende Fantasie. Mit dem einzigen Unterschied, dass die Geschichten, die sie dir erzählen, so klingen müssen, als wären sie äußerst plausibel.

Nimm als Beispiel die Wienwahl von letztem Wochenende. Strache erzählt seit Jahren (manche würden behaupten seit Jahrzehnten) dieselbe Geschichte. Dass alles Fremde und Neue gaxi ist, und dass er es deswegen heldenmutig bekämpft. Häupl hat jahrelang die Geschichte erzählt, dass es in Wien relativ schön ist, und dass Neues die Stadt und damit ihre Bewohnerinnen und Bewohner weiter bringt.

Bis jetzt zumindest. Jetzt verzichtet er freiwillig auf einen Wahlkampf (beziehungsweise eine eigene Geschichte) und gibt dem anderen Geschichtenerzähler Recht. Ja, deine Geschichte stimmt schon, sagt er. Bloß, gibt er zu bedenken, so heldenmutig wie du tust, bist du gar nicht. Fremdes und Neues ist zwar gaxi, aber für die Bekämpfung brauchen wir dich nicht, ich mach das selber mit meiner Gemeindebaupolizei.

Dass das nicht so plausibel ist, war durchaus augenscheinlich. Häupl hat viel verloren, und Strache gibt den Gewinner.

Und: Häupl hat ein Problem, weil er schwer zurückrudern kann. Denn: wie lässt sich denn bitte an der alten, verworfenen und womöglich immer noch plausiblen Geschichte von Häupl festhalten, wenn er selbst von ihr nichts mehr wissen will? Wenn sogar Häupls Chef Faymann nach der Wahl die Strache-Geschichte übernimmt, anstatt Häupl dafür zu schimpfen, dass er keine bessere erzählen kann? Wo sind die Plakate von damals hin, als Ich liebe Wien. Ich wähle Häupl. der Slogan war? Es würde mich nicht wundern, wenn bald aus Lokalen der Sozialistischen Jugend folgendes Lied dröhnen wird.

In Wahrheit wurde das Lied für den Geschichtenerzähler Michael Ende geschrieben. Ein paar Fragen bleiben immer noch offen. Zum Beispiel: Wenn Michael Häupl Michael Ende ist, ist dann HC Strache JK Rowling?

Ein Lied mehr zur Lage der Nation,
und zur Degeneration meiner Generation.
Zur Unentschlossenheit der Jugend,
zur Verdrossenheit der Tugend.
Zu meiner aussichtslosen Lage,
und zur Klärung der Schuldfrage.
Und darum klag ich an:

Michael Häupl, nur du bist schuld daran,
Dass aus uns nichts werden kann.
Du hast uns mit deinen Tricks,
aus der Gesellschaft ausge-x-t.
Mit den Eltern aller Schichten,
willst du uns vernichten.

Michael Häupl, du hast mein Leben zerstört.
Michael Häupl, du hast mein Leben zerstört.
Michael Häupl, du hast mein Leben zerstört.
Michael Häupl, du hast mein Leben zerstört.

Cornelia Hasil

Ein Sepia-Effekt, bunter als die Realität. Ebony Bones spielt beim Kindergeburtstag.

Freitag / teen GAP! / Ebony Bones etc. / Arena / Wien

Zum Ausgehen gibts dieses Wochenende drei Optionen. Eins: das Schweiz-Wochenende nützen (dazu später mehr). Zwei: Die Eternias im Fifty in Asperhofen anschauen. Drei: zu feiern, dass Print nicht tot ist.

Gleich mindestens vier Druckerzeugnisse laden dieses Wochenende allein in Wien zum Tanz. Das Fleisch-Magazin feiert etwa am Samstag in der Garage X mit Crazy Bitch In A Cave live. Das HipHop- und Post-HipHop-Zentralorgan The Message startet samstags im Market mit der Hörspielcrew und Swap Legacy seine Live Sessions Reihe. Und das Skug macht schon am Freitag das rhiz-Portal zur Saloon-Schwingtüre.

Wer soll das alles lesen, fragst du dich, aber psst, soweit ich weiß, fragen die dort nicht einmal, ob du das Heftl kennst. Und, psst zwei, wenn dich im rhiz jemand fragt, ob du eh brav die KPÖ gewählt hast, dann ist das angeblich postironisch gemeint. Mal sehen, ob das ein neuer Trend wird, den es zu verfolgen lohnt.

Und während du dich heimlich selber fragst, ob Mark Zuckerberg nur zufällig irgendwie ähnlich wie Gutenberg heißt, lass dich mit der Nase auf die größte Party des Wochenendes stoßen. Österreichs Aushängeschild der gedruckten Poppresse kriegt einen Flaum, Brüste, Zahnspangen und Besuch von Ebony Bones gleichzeitig zum Geburtstag. Es ist nämlich der dreizehnte. Erfreulicherweise gratulieren auch die österreichische Chillwave-Hoffnung Ginga, die superen Pharmacy (nächste Woche auch im Sub in Graz) und die Grazer Chaos-DJanes von Etepetete haben - höre! staune! - ein Liveset einstudiert. Herzlichen Glückwunsch, theGAP!

Freitag / Vier*Züri / Daniele Cosmo / Loft / Wien

Das Loft ist hier, Cosmo&Faber sind hier, und die Italo-Disco überall.

Allzu sicher waren sich die Schweizer mit dieser Sankt Gotthard Sache ja nicht. Aus Angst via Tunnelbohrung die Alpen zum Einsturz zu bringen, haben die Schweizer wichtige Vorkehrungen getroffen. Um ehrlich zu sein: Die aus dem Alpeneinsturz resultierende Gerölllawine, die den Genfer See zum Überlaufen bringt, was widerum die Keller der Bankinstitute überflutet und den Staatsbankrott nach irrwitzigen Schadenersatzforderungen afrikanischer Diktatoren nach sich zieht, klingt durchaus bedrohlich.

Deswegen sind dieses Wochenende vorsorglich alle Schlüsselkräfte der Schweiz außer Landes gebracht worden. Roger Federer muss verletzt in Schanghai Tennis spielen, Gaddafis Sohn hat ein Flugticket nach Thailand bekommen, und sämtliche DJs sind in einer Nacht-und-Nebel-Aktion über den Bodensee nach Österreich gebracht worden. Bloß der Nestlé-Boss wollte partout nicht an dieser Fair-Trade-Konferenz in Costa Rica teilnehmen - selber Schuld.

Jedenfalls ist der Sankt-Gotthard-Tunneldurchstich geglückt, worüber auch wir uns freuen dürfen. Schließlich sind die Hotelzimmer für Daniele Cosmo in Wien und für die Round Table Knights in Graz schon gebucht gewesen.

Samstag / Physically F!t / Round Table Knights / Kottulinsky / Graz

Nachdem ich dir hier so kompetent die Hintergründe über den Auftritt der Round Table Knights geschildert habe, brauche ich selbst fachkundige Hilfe. Was hat es mit dem Kottulinsky auf sich?

Die Website jedenfalls lässt nichts Gutes ahnen: Studentenlokal at its worst. Inklusive Salsa-Abend und einem Club, der sich tatsächlich Montagsgemütlichkeit nennt. Ein weiterer Fall von Postironie? Wenn ja, was ist dann der Club House Besetzung? Post-Post-Ironie? Wenn wieder ja: Ist das dann das Gleiche wie Zynismus?

Aufklärung diverser Fragen sowie weitere Ausgehtipps sind ausdrücklich erwünscht - bitte hier ins Forum posten oder via eingeschriebenen Brief an den Verband Österreichischer Zeitungsverleger.

Und: Fragen über Fragen, ich weiß schon, aber weil es mich so interessiert: Warum heißt das Lokal Kottulinsky? Nach dem Paris-Dakar-Sieger aus den 1980ern? Fänd ich cool, selbst wenn mir Retro-Formel-Eins-Fahrer-Lokal-Namen lieber wären. Ich mein, stell dir vor, du gehst in eine gay bar namens Mansell. Oder du bestellst dir ein Taxi zum Gachot. Oder du lädst deine Freunde auf einen flambierten Cocktail ins de Cesaris ein!

Wie auch immer, der Eintritt ist am Samstag mit drei Euro easy, die Round Table Knights gehören zu den spannendesten House-Produzenten der Gegenwart und fürs Lokal gilt die Unschuldsvermutung, weil die Party ja von den Physically F!t-Buben veranstaltet wird.