Erstellt am: 14. 7. 2010 - 16:26 Uhr
Vom Migranten zum Spitzenkandidaten
- "Ausländer raus" war gestern. HC Strache versucht in Wien bei den migrantischen Wählern zu punkten. Nach den Serben werden jetzt auch die Kurden umgarnt.
In Wien wird im Herbst ein neuer Landtag gewählt. Unter den Wahlberechtigten: 200.000 eingebürgerte Zuwanderer, eine Größe, die keine wahlwerbende Partei ignorieren kann.
Alle vier im Landtag vertretenen Parteien buhlen deshalb um die Stimmen der Menschen mit Migrationshintergrund. In der Vergangenheit haben das vor allem SPÖ und Die Grünen getan. Seit einigen Jahren bemühen sich aber auch ÖVP und FPÖ verstärkt um Zuwanderer. Die FPÖ wirbt dabei vor allem um Serben und Kurden. Die ÖVP sandte mit ihrer Integrationssprecherin, Sirvan Ekici, bisher vor allem Signale in Richtung der türkischstämmigen Einwander. Jetzt präsentiert sie mit dem in Kroatien geborenen Schwimmstar Dinko Jukic ein neues Gesicht.
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Dinko Jukic kam 1999 mit seiner Familie nach Österreich, schon ein Jahr später bekam er die Österreichische Staatsbürgerschaft. Die Abschiebung der Famlie Zogaj in den Kosovo findet Dinko Jukic trotzdem in Ordnung. Eine Facebook-Gruppe stellt dem neuen ÖVP-Kandidaten Dinko Jukic jetzt die Frage: "Wo wärst du heute, wenn man damals das selbe mit dir und deiner Familie gemacht hätte, was heute mit Arigona passiert?"
Enttäuschung bei Sirvan Ekici
Sirvan Ekici saß mehrere Jahre für die ÖVP als Abgeordnete im Wiener Landtag. Als die neue ÖVP-Chefin Christine Marek vor kurzem ihr Team für die Wahl im Herbst präsentierte, war Ekici nicht mehr dabei.
Zwar steht sie auf dem Stadtwahlvorschlag der ÖVP vor Jukic, mit den Plätzen 15 und 16 haben allerdings beide auf diesem Weg praktisch keine Chance auf den Einzug in den Stadtrat.
Dinko Jukic ist allerdings Spitzenkandidat in Meidling und hat so zumindest realistische Chancen auf ein Grundmandat. Bei der letzten Gemeinderatswahl fehlten der ÖVP dort dafür gerade 214 Stimmen.
Noch-Integrationssprecherin Sirvan Ekici rangiert in ihrem Wahlkreis, Rudolfsheim-Fünfhaus, nur auf Platz drei. Ein völlig aussichtsloser Platz. Sie zeigt sich von ihrer Partei enttäuscht und fühlt sich "ausgetauscht": "Dieses Signal ist für die ÖVP ganz fatal im Wahlkampf. Alle Bevölkerungsgruppen, egal ob Muslime oder Kroaten, sind wichtig. Den einen gegen den anderen auszustechen, ist nicht das, was die Wählerinnen und Wähler sich wünschen."
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Ekici denkt jetzt sogar darüber nach, bei der Wien-Wahl im Herbst mit einer eigenen MigrantInnenliste anzutreten. Ihren möglichen Austritt aus der ÖVP und die Kandidatur mit eigener Liste will sie sich bis August überlegen. "Ich brauche erst mal eine Auszeit. Ich werde eine Woche Urlaub auf einer Insel machen und nachdenken. Ich bin nicht böse auf die ÖVP, höchstens enttäuscht von Christine Marek. Doch ich erhalte auch viele Ermutigungen aus der ÖVP, zu bleiben. Am wichtigsten ist für mich: Ich will meine gute Arbeit weiter machen können, egal in welcher Form."