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Susi Ondrušová

Preview / Review

12. 6. 2010 - 09:53

Kate Nash meint...

"a cunt is a useful thing" Und recht hat sie!

Während ich das hier denke, nerven Rammstein gewaltig rum. Das "während" ist natürlich relativ und sobald Gedanken in diese graue Maske getippt sind, auch schon wieder vorbei.

Stell dir vor, dir fliegt eine Gelse in den Rücken: sie ist weg und hat gar nicht gestochen, aber: du hast sie gehört und bist vor Schrecken in Deckung gegangen. Ja, in Deckung geblieben! Musikalisch wird mich Rammstein wohl nie berühren oder bewegen. Muss nicht sein. Mein Highlight des ersten Nova Rock-Tages war die einstündige Performance von Kate Nash.

Nicht weil es das erste Konzert des Tages für mich war - an einem staubigem Tag bei 40 Grad im Schatten - sondern weil es mir trotz menschlichem Überangebot in den Pannonia Fields das erste Mal eine Art von Wir-Gefühl vermittelt hat. Ja! Es gibt sie: die reflektierte Musikerin, die sich hinstellt und genauso laut "Festival! (Stimmung!)" wie "Feminismus! (Selbstverständlich!)" schreien kann. JA! Es gibt sie und sie heißt Kate Nash und ihr gestriger Auftritt hatte wenig mit der vor Ewigkeiten am Haldern Festival beobachteten BlingBling-Herzchen-Deko-Show zu tun.

Made of Bricks

Dem Debütalbum "Made Of Bricks" merkt man 90er Jahre Riot Grrl/Punk-Spirit definitiv nicht an, nicht musikalisch und nicht textlich. Hört man sich im nochmal Kate Nash's erste, auf Moshi Moshi veröffentlichte Single namens "Caroline's A Victim" an, ist man gar erstaunt darüber, wie weit sich Kate Nash mit diesem durchaus sehr gutem, aber überzuckerten Debüt vom ersten "Weniger ist mehr"-Lebenszeichen entfernt hat.

vs. My Best Friend Is You

Das aktuelle Album darf ruhig als das eigentliche Debüt verstanden werden. Es vereint nämlich beides: den Über-Popsong, den Kate Nash auf "Made Of Bricks" perfektioniert hat und Punksongs, die definitiv über ein Boyfriend-Szenario hinausgehen. Höre das mit seinem Mantra ins Gegenteil führende "I Just Love You More" oder "I've got a secret". Weniger Worte bedeuten in dem Fall wieder mehr große Worte.

dominique hammer

Und dann wäre da das Livekonzert: Die musikalische Sprache der Künstlerin schließt während der Livedarbietung schnell und eng an den eigenen Herzrhythmus an. Wenigstens von dort vorne links im Publikumbereich, wo ich mich im Schatten der von Beginn an euphorisiert mitsingenden Girls einfinde.

Kate Nash ist auf der Bühne ausgelassen und kämpferisch, aber statt in sich zu gehen und über den Wunsch von Selbstermächtigung zu träumen, explodiert sie als lautpoetische Punkette aus der Keyboard-Hocke heraus und schreit und stöhnt und klagt und verlangt von ihrem Publikum nur eines: Emanzipation. Denn: "A cunt is a useful thing!" verrät das Transparent, dass das Keyboard umzäunt. Und überhaupt: "I dont have to be your baby!" (4x) Und endlich (endlich!) vertont jemand die immer gültige Alternative "I'll just read a book instead".

Auf Seite eins in diesem Buch steht: "My best friend is you!" Kathleen Hanna would be proud.