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Markus Zachbauer

Bildung und Einbildung, die Herrscher der Welt. Lifelong Learning in der FM4 Internet-Redaktion.

17. 5. 2010 - 22:58

Fröhliches Zündholzwerfen

Die "allgegenwärtige #unibrennt Wolke" bekommt eine Auszeichnung beim Prix Ars Electronica. Gleichzeitig werden die Unibudgets bis 2015 eingefroren. Licht und Schatten im Kampf um einen halbwegs passablen Hochschulstandort.

Unipolitik auf FM4

Vor sieben Monaten hat mit der Besetzung des Wiener Audimax etwas begonnen, das binnen kürzester Zeit als unibrennt-Bewegung über die Landesgrenzen hinaus Berühmtheit erlangte. Nicht, weil die Besetzung so lang gedauert hätte (das hat sie auch, aber da gab es schon ähnlich ausdauernde Proteste). Nein, es war die Organisation. Dass technologische Mittel, die an sich allen dauernd zur Verfügung stehen, derart konzertiert genützt wurden, um etwas zu erreichen. Um frische Tomaten für die Volxküche zu besorgen, um Diskussionsrunden im Fernsehen in Echtzeit zu kommentieren, um Interessierte über Webstream live auch von zuhause aus am Geschehen teilnehmen zu lassen.

Der besetzte Audimax der Universität Wien

APA/HERBERT PFARRHOFER

Dadurch wurde unibrennt nicht nur zu #unibrennt, sondern auch zu einer ehrlichen und weitestgehend (weiter wird's kaum möglich sein) ungefilterten Protestbewegung. Jeder und jede konnte sich ein eigenes Bild machen. Natürlich gab es auch PR, aber die Pressearbeit bestand weniger darin, Informationen aufzubereiten und JournalistInnen schmackhaft zu machen als vielmehr darin, ein Fenster ins Wiener Audimax (und die anderen Universitäten) zu öffnen. Da kann man dann inhaltlich von der Sache und den Lösungsvorschlägen der Studierenden halten was man will: Dass die Gründe für die Proteste gute Gründe waren, daran ließ sich nicht viel rütteln. Was überall ankam: Österreichs Universitäten sind chronisch unterfinanziert, Spitzenforschung und gute (Aus-)bildung "passiert" bestenfalls "trotzdem", die Universitäten sind in ihrer jetzigen Form organisatorisch und finanziell weder als (Aus-)bildungsstätten, noch als Arbeitsplätze so attraktiv/qualitätsvoll/gut ausgestattet/modern, wie sie sein sollten.

Was auch vorher eigentlich allen Beteiligten klar war, drang tief ins Bewusstsein auch der vorher mäßig daran interessierten. Und plötzlich war das, worüber sich viele schon lange beschwert hatten, ein nationales Problem, das in der öffentlichen Wahrnehmung auf breiter Basis und unbedingt gelöst werden musste.

Für diese gebündelte Nützung aller verfügbaren Kommunikationskanäle gibt es heuer eine Auszeichnung in der Kategorie "Digital Communities" beim Prix Ars Electronica. Völlig zurecht.

Budgets bis 2015 eingefroren

Brennendes Zündholz

Radio FM4 / Markus Zachbauer

Während am Montag in Linz die diesjährigen Preisträger bekanntgegeben wurden, veröffentlicht die APA Auszüge aus einem E-Mail, das der Rektor der Uni Salzburg an alle MitarbeiterInnen seiner Universität geschickt hat: Keine österreichische Universität kann demnach von 2013 bis 2015 mit einer Erhöhung oder auch nur Anpassung ihres Budgets rechnen. Später bestätigt auch das Wissenschaftsministerium dieses Vorhaben, und rückt damit nun endgültig von den nicht erst bei den unibrennt-Protesten gebetsmühlenartig ins Treffen gebrachten Ziel "2% des BIP für tertiäre Bildung bis 2015" ab. Grund dafür wären die hohen Staatsschulden, so der Rektor der Uni Salzburg, Heinrich Schmidinger, in seinem Mail. Dass gerade in der Krise in Bildung investiert werden müsse, gilt in Österreich damit ab sofort offenkundig nur noch für AMS-Kurse.

Leistungen kürzen?

Den Unis soll, so Schmiedinger, auch nahe gelegt worden sein, dem Wissenschaftsministerium bis November mitzuteilen "aus welchen Positionen der bestehenden Leistungsvereinbarung die Universität zurücktreten wolle, um die künftigen Budgets nicht zu belasten." Solche Leistungsvereinbarungen werden zwischen Universitäten und Wissenschaftsministerium auf jeweils drei Jahre geschlossen (die aktuellen laufen noch bis 2012). Seitens der Universitäten wird darin zum Beispiel festgelegt, wie die Personalentwicklung in diesen Jahren aussehen soll, welche Bauvorhaben getätigt werden, welche Forschungsschwerpunkte in welchem Umfang angegangen werden und welche Studien an der Universität überhaupt angeboten werden.

Sprich: Die steigenden Kosten sollen die Universitäten durch weniger Leistung kompensieren, um mit dem nominell gleichbleibenden Budgets zurechtzukommen. Wie auch sonst? Grob gesagt könnten Universitäten hier an verschiedenen Schräubchen drehen: Weniger Studierende, schlechteres Betreungsverhältnis, weniger Infrastruktur oder weniger Studienangebot. Ein noch schlechteres Betreuungsverhältnis ist kaum vorstellbar, mehr Studierende mit weniger Infrastruktur zu bewältigen auch nicht. Der Druck in Richtung Zugangsbeschränkungen wird dadurch also nicht gerade kleiner.

Die ÖH schäumt und sieht sich in der Entscheidung, aus dem Hochschuldialog auszusteigen bestätigt. Die Rektoren (die den Hochschuldialog schon vor Wochen verlassen haben) wurden zwar scheinbar noch nicht alle offiziell von den Plänen der Wissenschaftsministerin in Kenntnis gesetzt, werden aber spätestens Ende Mai bei der nächsten Universitätenkonferenz in Salzburg über das weitere Vorgehen beraten. Und unibrennt erlebt vielleicht schon bald eine kleine Neuauflage. Dass ausgerechnet der Rektor der Uni Salzburg auf die Sparpläne aufmerksam gemacht hat, mag nämlich durchaus damit zu tun haben, dass morgen, Dienstag, dort eine universitätsweite HörerInnenversammlung stattfindet. Im Unmut über diese Pläne könnten Rektoren und Studierende durchaus auf derselben Seite stehen.