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Elisabeth Gollackner

Subjektivitäten, Identitäten und andere feine Unterschiede.

23. 4. 2010 - 10:12

Oh! Jugendsünden

Dieses Mal wird alles anders.

Oh! - Irritationen im Alltag

Denn dieses Mal dürfen in Österreich Menschen bereits ab 16 den Bundespräsidenten mitwählen.
Mit Bibelzitaten, deutschen Werten und High Fidelity wird da um die Gunst der Jungwähler geworben. Man versucht, den "repräsentativen Jugendlichen" von heute dort abzuholen, wo er sich tummelt. Im Internet. Oder in der Disco.

Comicstil; jemand denkt an einen Smiley.

elisabeth gollackner, fm4

Und während ich dem zigsten Meinungsforschermenschen beim Analysieren zuhöre, überkommt mich eine schrecklich wehmütige Sehnsucht. "Repräsentativer Jugendlicher", das klingt nach Skateboardfahren und Eisessen, nach einem Freundeskreis durch dick und dünn und unglaublich viel Spaß am Leben.

Der "repräsentative Jugendliche", das ist das Hawaii unter den Sehnsuchtsorten, denk ich. Etwas, das man gerne als Bildschirmschoner laufen hat, was zum Angeben. Leise rollen die Wellen an den Strand, und Jack Johnson singt irgendeine Herzscheiße.

Im Gegensatz dazu wäre meine Teenagerzeit eher mit dem Plattensee zu vergleichen: touristisch überlaufen, geschichtlich überbewertet und aufgrund des sich verschlechternden Klimas kurz vorm Austrocknen. Ein Zickzacklauf in unvorteilhafter, selbstgenähter Kleidung zwischen unerwiderten Liebesbriefen, widerlichen Knutschflecken von denjenigen, an die keine Briefe adressiert wurden, und ein paar größenwahnsinnigen Kleinkunstbühnenauftritten. Die Haare beim Kotzen aus dem Gesicht zu halten legte den Grundstein für jahrelange Freundschaften, und wenn mich irgendjemand von irgendwo abholen wollte, dann kämpfte ich mit weinerlich-erfinderischem Pathos dafür, es noch eine Viertelstunde rausschieben zu können.

Der "repräsentative Jugendliche" meiner Fantasie hingegen winkt seinen schicken Freunden zu, kurvt mit dem Roller ein paar Mal um die Hofburg, um dann mit dem Präsidenten einen Gugelhupf zu schnabulieren und um die eigenen beruflichen Perspektiven zu verhandeln. Zum Beispiel als Superpraktikantin.

Nun gut. Es gibt wirklich viele Möglichkeiten, seine Jugend zu verschwenden. Ich glaub, ich bleib bei meiner Version.