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Markus Keuschnigg

Aus der Welt der Filmfestivals: Von Kino-Buffets und dunklen Sälen.

12. 3. 2010 - 18:02

The right way to stardom

Gerade ist Mel Gibson mit seinem neuen Film "Edge of Darkness" in den österreichischen Kinos zu sehen. Er gilt als einer der wenigen Rechten in Hollywood. Stimmt nicht, denn bei genauem Hinsehen tummeln sich viele Republikaner und Neokonservative im Lalaland. Sie bleiben nur zumeist hinter den Kulissen.

Hollywood gilt vielen als liberale Insel inmitten der USA. Während der achtjährigen Präsidentschaft von George W. Bush distanziert sich die Unterhaltungsindustrie fast geschlossen vom Weißen Haus in Washington D.C., Prominente üben harte Kritik an den Republikanern in der Regierung. Der „Krieg gegen den Terror“ und die von der Politik sanktionierten Menschenrechtsverletzungen in Abu Ghraib vertragen sich schlecht mit dem Image der Traumfabrik als Hort der Mitmenschlichkeit. Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus: Einige Superstars sind registrierte Republikaner, marschieren bei Präsidentschaftswahlkämpfen auf und wettern auch mal öffentlich gegen die Demokraten und deren un-amerikanische Politik. Ein Steckenpferd der Showbusiness-Rechten kehrt dieser Tage auch in die österreichischen Kinos zurück: In Auftrag Rache – Edge of Darkness spielt Mel Gibson einen Familienvater, der die Mörder seiner Tochter jagt.

Mann mit Waffe

Senator

Mad Mel mit Waffe, jederzeit zum Schuss bereit: In "Auftrag Rache - Edge of Darkness" will er seine ermordete Tochter rächen und gerät dabei in eine Regierungsverschwörung.

Mad Mel

Im Sommer 2006 wird Mel Gibson betrunken am Steuer aufgegriffen und verhaftet. Zeugen berichten später von antisemitischen Hasstiraden des Schauspielers. In den folgenden Monaten entschuldigt Gibson sich öffentlich für sein Verhalten. Im Jänner 2010 spricht er mit dem amerikanischen Fernseh-Journalisten Sam Rubin über seinen neuen Film „Edge of Darkness“; als dieser ihn zu seiner Vergangenheit befragt, geht der Schauspieler in den Offensive.



Der Ausdruck to have a dog in the fight, den Gibson während des Interview verwendet, meint umgangssprachlich, dass man ein persönliches Interesse einem bestimmten Ausgang einer Situation hat, in diesem Fall also, dass sein Gesprächspartner - Achtung Verschwörung: im Auftrag einer jüdischen Lobby - ihn öffentlich bloßstellen wolle, indem er die vergangenen Geschehnisse wieder ins Spiel bringt.

Der Interviewer Sam Rubin ist Jude; Gibson wirft ihm also Beeinflussung vor, liefert sich wieder einen Skandal direkt vor der Kamera, der frei Haus in die amerikanischen Wohnzimmer gesendet wird. Der australische Schauspieler hasst die Medien, vor allem diejenigen, die links der Mitte stehen: 2004 wird der gläubige Christ und Unterstützer des fundamentalistischen „Opus Dei“ für seinen Jesus-Film Die Passion Christi heftig attackiert. 2006 werfen Kritiker seinem Maya-Epos Apocalypto die Beförderung von reaktionärem und faschistischem Gedankengut vor. Gibson ist zu diesem Zeitpunkt bereits von einem unter vielen Hollywood-Stars zu DEM Aushängeschild des rechten Hollywood geworden: er selbst weiß nicht recht umzugehen mit seinem neuen Image, lässt in Interviews immer wieder den zornigen Mann raushängen.


Republikanische Stars

Mel Gibsons Umgang mit den Medien ist ungeschickt, seine Meinungen radikal, aber er ist bei weitem nicht der einzige Konservative in Hollywood. Seine Kollegen wissen nur, dass es besser ist, mit solchen Aussagen nicht an die Öffentlichkeit zu treten. Sich in den Medien rechts der Mitte zu positionieren, ist für die Karriere in etwa so schädlich, wie sich zu seiner Homosexualität zu bekennen, heißt es oft in rechten Foren. Während linksliberale Schauspieler wie Tim Robbins oder Susan Sarandon bekannt sind für ihren politischen Einsatz, muss man die Such-Maschinen im Internet anwerfen, um einen Überblick über die Republikaner der Traumfabrik zu bekommen. Die politische Vorfeld-Organisation Hollywood Congress of Republicans will vor allem junge Filmkünstler dazu ermutigen, öffentlich Farbe zu bekennen. Als Ansporn weist ihre Internet-Seite viele republikanische Stars aus. Beispiele gefällig?

Mann

www.snakerati.com

Adam Sandler ist seit langem Mitglied der republikanischen Partei und hat Rudy Giulianis Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2007 finanziell unterstützt.
Mann

www.gala.fr

Bruce Willis unterstützt 1992 den Präsidentschaftswahlkampf von George H. W. Bush und 2000 den von George W. Bush, gilt aber im Allgemeinen als gemäßigter Republikaner, der unter anderem die Einmischung der religiösen Rechten in die Politik strikt ablehnt.
Frau

elitecelebs.blogspots.com

Sarah Michelle Prinze (Gellar) und ihr Ehemann Freddie Prinze jr. sind eingetragene Mitglieder der republikanischen Partei

Eine Chuck-Norris-Tatsache

Action-Star Chuck Norris hat in den vergangenen Jahren einen Popularitäts-Schub erhalten, der weder mit seiner Schauspielerkarriere noch mit seinem Konservativismus zu tun hat: Das Internet ist verantwortlich für das Phänomen der Chuck Norris Facts, in denen der Star der Achtziger Jahre zur Zielscheibe von Spott und Hohn, und darüber zur Kultfigur, geworden ist.

Contrary to popular belief, America is not a democracy, it is a Chucktatorship.

Oder auch:

There is no theory of evolution. Just a list of creatures Chuck Norris has allowed to live.

Norris ist bekennender Kreationist. Für das konservative Internet-Magazin WorldNet Daily verfasst er regelmäßige Kolumnen, in denen er aktuelle Geschehnisse in den USA kommentiert. Als Anfang 2008 in Schulen ein „Day of Silence“ abgehalten wird, um auf das Mobbing von homosexuellen Jugendlichen aufmerksam zu machen, schreibt er:

Is encouraging or teaching about homosexuality what our forefathers expected for the public education they founded? Even the most liberal among them opposed it. For example, Thomas Jefferson drafted a bill concerning the criminal laws of Virginia, in which he proposed that the penalty for sexual deviance should be unique corporal punishment.

Zucker und Peitsche

Neben lang gedienten Rechten wie Chuck Norris oder Mel Gibson gibt es aber auch solche, die die Seite gewechselt haben: David Zucker hat in den Achtziger Jahren mit Die nackten Kanone Riesen-Erfolge gefeiert, war aktiver Unterstützer der Demokraten. Im Oktober 2006 tauchen von Zucker gestaltete Werbungen im Internet auf, in denen er Wind macht gegen das liberale Amerika.



David Zucker beschreibt sich mittlerweile selbst als „konservativer Republikaner“. 2008 parodiert seine Komödie An American Carol die politische Linke und vor allem Regisseur Michael Moore:


Siehe auch Kluge Frauen, rabiate Männer von Christian Fuchs

Hollywood ist nie eine Insel der Liberalen gewesen - und wird es auch nie sein. Die Republikaner arbeiten täglich in und mit der Industrie, transportieren ihre Agenden ebenso wie die Demokraten in Fernsehserien und Kinofilmen. Der einzige Unterschied ist, dass sie damit nicht an die breite Öffentlichkeit gehen, dass sie lieber unsichtbar bleiben. Und so lange Mel Gibson all die Aufmerksamkeit und den Hass der Medien auf sich zieht, wird diese Strategie auch funktionieren.