Erstellt am: 5. 3. 2010 - 14:20 Uhr
Bologna Burns
10 Jahre Bologna-Prozess
Von 11. bis 12. März werden die BildungsministerInnen 46 europäischer Staaten zur 10-Jahre-Jubiläumskonferenz des Bolognaprozesses nach Wien und Budapest geladen. Als Bolognaprozess wird das politische Vorhaben zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulwesens bezeichnet. Letztes Jahr waren gerade die Auswirkungen des Bolognaprozesses der Grund für die Studierendendemos und Hörsaalbesetzungen, an denen in Österreich 50.000 Menschen teilgenommen haben und die dann auch auf ganz Europa übergeschwappt sind. Jetzt haben Studierende nicht nur einen Gegengipfel, sondern auch neue Demonstrationen und sogar Streiks angekündigt.
Mitbestimmung
attac
Für die Protestierenden bedeutet der Bolognaprozess die Ökonomisierung der Bildung und Entdemokratisierung der Universitäten. Nicht mehr, sondern sogar weniger Mobiltät seien eine Konsequenz der Verschulung des Studiums und der größeren psychische Belastung im Studium. Und es sind nicht nur Angehörige der Hochschulen, sondern auch zahlreiche NGOs, die Kritik üben. Christian Felber von ATTAC sieht im Bolognaprozess die Unterwefung des Selbstzwecks der Bildung unter ein Mittel, nämlich die Marktwirtschaft: "In der Bolognaerklärung kommt das Wort 'Markt' öfter vor als das Wort 'Studierende' oder 'StudentInnen'. Das Wort 'Mitbestimmung' kommt genau null mal vor, das Wort 'Demokratie' ebenfalls null mal."
Alternatives Gipfeltreffen
ATTAC ist nicht die einzige NGO, von denen die Protestbewegung der Studierenden unterstützt wird - mit über 60 Organisationen steht der Gegengipfel auf breiter gesellschaftlicher Basis. Während für das offizielle Gipfeltreffen der MinisterInnen auch eine Feier anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Bolognaprozessen geplant ist, sehen die KritikerInnen angesichts der Zustände an den Universitäten keinen Grund zum Feiern. Jan, einer der Organisatoren des alternativen Gipfeltreffens: "Wir starten am Freitag um 13 Uhr mit einer Kickoffveranstaltung, einer offenen Diskussion über Alternativen zum Bolognaprozess. Weiter geht es mit Crash-Workshops, etwa zum 'ABC der Bildungspolitik'. Der weitere Freitag steht im Rahmen von internationalem Austausch und Vernetzung, das wird z.B. im 'Café Transnational' in der Aula des Uni Campus möglich sein. Am Abend dann ein Podium zum Thema 'Krise der Hochschulen' mit Eva Hartmann, Andreas Keller, Isabel Bruno und Aktivisten aus England und Osteuropa. Am Samstag finden ab 10 Uhr drei Workshop-Blöcke mit 30 Workshops statt, von der Analyse über die Kritik hin zu Alternativen."
Neben dem alternativen Gipfeltreffen werden nächste Woche auch mehrere Demonstrationen stattfinden, erklärt Hannah von der #unibrennt-Bewegung: "Die Demonstrationen werden sich in zwei Aspekten von den früheren #unibrennt-Demos unterscheiden: Erstens durch ihre Internationalität, denn es werden Leute aus den verschiedensten Ländern hier sein. Der zweite Aspekt ist das Aktionsbündnis: Wir haben es diesmal geschafft, unter dem Dach der Bewegung viele verschiedene Organisationen, Gewerkschaften usw. zu versammeln, die gemeinsam diese Proteste planen, dazu aufrufen und mobilisieren."
Viele von ihnen sind auch zu Streikmaßnahmen bereit. Lehrende und Forschende werden gemeinsam mit Studierenden HörerInnenversammlungen, Betriebsversammlungen und ein Aussetzen der Lehre organisieren, sagt Didi, einer der Organisatoren der geplanten Streiks: "Durch das Aussetzen der Lehre haben nicht nur alle Studierenden die Chance, ihren Protest kundzutun, sondern auch die Lehrenden und Forschenden, die sich zunehmend gegen ihre ausbeuterischen Verträge und prekären Dienstverhältnisse stellen." Das bestätigt auch Reinhart Sellner von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, die auf Seite der Protestierenden steht und die Protestmaßnahmen unterstützt.
Schon am Freitag, 5. März gibt es eine Auftaktveranstaltung zu den Bologna Aktionstagen. Ab 21 Uhr treten im WUK Bands und DJs auf, unter anderem sowaXx & der Cle & Krieger des Lichts, Luise Pop und Struboskop.
Hier die wichtigsten Termine der "Bologna Aktionstage" nächste Woche:
Donnerstag, 11. März 2010
13.00 Betriebsversammlung des wissenschaftlichen Personals der TU Wien
15.00 Demonstration, Treffpunkt Westbahnhof
Aussetzung der Lehre im Bildungsgang "Soziale Arbeit" der FH Campus Wien
Freitag, 12. März 2010
Ganztags aktiver Streik "Soziale Arbeit" der FH Campus Wien
Beginn des alternativen Gipfels unter dem Motto "Endstation Bologna?", Ort: Campus der Uni Wien
13.00-14.00 Begrüßung, Crashworkshops "Bologna Basics" und "ABC der Bildungspolitik"
14.00-16.00 Café International: Raum für internationale Vernetzung und Austausch von Protesterfahrungen
16.00-18.00 Check-In für die Workshops
18.00-20.00 Podiumsdiskussion: Krise der Hochschulen und Bologna (mit Eva Hartmann, Andreas Keller, Isabel Bruno und AktivistInnen aus England, Osteuropa und Österreich)
Samstag, 13.März:
09.30-10.00 Workshop Check-In
10.00-12.30 Workshops (Analysen und Kritik)
13.30-15.30 Workshops (Analysen und Kritik)
16.00-18.00 Workshops (Alternativen)
18.15-20.15 Podiumsdiskussion mit Michael Hartmann und AktivistInnen der Protestbewegungen in Spanien, Italien und Österreich
Sonntag, 14. März:
Alternativprogrammn, Stadtführungen, Café International
Hier geht es zum detailierten Programm des alternativen Gipfeltreffens (PDF-Datei)