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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

31. 1. 2010 - 20:11

Afrika-Cup-Log, 18. Gerechtigkeit.

Ägypten ist der gerechte Sieger der Fußball-Afrika-Meisterschaft, Ghana ein gerechter Zweiter, Nigeria ein gerechter Dritter. Außerdem wird Togo zurecht gesperrt, obwohl das eigentlich ungerecht ist.

Africa Cup Log

Hier die Infos zum kleinen Finale, und da die zum heutigen Finalspiel zwischen Ägypten und Ghana.

Und das ist eine Einschätzung zur Sperre von Togo.

Es ist wie oft bei Finalspielen - wenn man sie einzeln, aus dem Kontext gerückt bewertet, dann stellt sich leicht Enttäuschung ein; was mit Erwartungs-Überfrachtung von Finalspielen an sich zu tun hat.
Aber: ein finale ist auch nur ein Spiel. Und das findet nicht statt um Feuerwerke abzubrennen (außer man heißt Barcelona oder Spanien, und nicht einmal denen gelingt das immer) sondern um sich einen Sieg zu sichern, für den man im Vorlauf über diverse Spiele samt Vorbereitung gearbeitet hat.

Dass sich trotzdem immer wieder nur als Fußball-Fans verkleidete Menschen finden, sie sich drüber beklagen die Essenz des Sports nicht in dem einzigen Spiel, das sie im Monat betrachten, mitgeliefert bekommen haben, zeigt nur deren Scheuklappigkeit.
Wer etwa fünfzehn Minuten vor Ende des Films in den Kinosaal kommt und sich nicht auskennt ist ja schließlich auch selber schuld dran.

Auch ein Finale ist nur ein Spiel

Ein Turnier ist ein Turnier und als solches in sich gerade noch nachvollziehbar. Wirklichen Sinn kann trotzdem nur generieren, wer sich auch im Vor- und Umfeld kundig gemacht hat - für alle anderen bleiben nur bunte Bilder und Flachheiten, die über die Medien/PR-Kanäle strömen und gewünschte Bilder/Meinungen bringen.

So etwa die Meldung dass der afrikanische Verband Togo wegen des Fernbleibens bei Turnier für die beiden nächsten gesperrt hat, allgemeines Entsetzen auslöst. Wer hinterfragt, die Vorgeschichten und die oberste Direktive der FIFA kennt, kann dieses Urteil immer noch doof finden, weiß aber zumindest um seine Logik und Nachvollziehbarkeit.

Aber das ist halt weder leicht faßbar noch populär - weswegen sich jenseits der simplen Headlines kaum jemand dafür interessiert. Und da sind die versagenden Vermittler ebenso schuld wie all jene die sich mit der einfachsten Erklärung zufriedengeben.

Warum Togo jetzt gesperrt ist:

Die FIFA (die mehr Mitgliedsländer als die UNO aufweisen kann) hat eine oberste Direktive: keine Einmischung nationaler Regierungen in die jeweiligen Landesverbände. Das hat viele gute Gründe, etwa den, dass es so sehr schwer ist den populärsten Sport der Welt machtpolitisch zu instrumentalisieren.

Wenn sich eine Regierung nicht an diese Maxime hält, suspendiert die FIFA den Mitgliedsverband in der Minute. Und weil die FIFA nicht die UN sind, wo Sanktionen ineffektiv sind, sondern eine Nation und auch deren Vereine wirklich aus dem internationalen Verkehr ausschließen kann, hält sich die Politik auch an diese Gewaltentrennung.

Im konkreten Fall war es so, dass sich die togolesische Crew in einer internen Abstimmung, die die Mannschaftsführung nach dem Anschlag auf den Bus vornahmen FÜR die Teilnahme ausgesprochen hatte. Diese Entscheidung ist unsinnig, fand unter Schock statt und berücksichtigt die offensichtliche Traumatisierung der Spieler nicht.
Fand auch die durch das (schließlich zwei Tote fordernde) Attentat natürlich zum Handeln gezwungene Regierung Togos und befahl die Delegation heim.

Damit hat sie den Verband overrult und gegen die erste Direktive der FIFA verstoßen. Dazu kommt, dass Togo nicht das erstemal Probleme dieser Art macht. Auch beim idiotischen Prämienstreit während der WM 2006 in Deutschland, als die Mannschaft fast das Antreten verweigerte, kam es zwischen Verband und Regierung zu Konflikten, auch damals warnte die FIFA Togo deutlich vor.

Dass das (vom afrikanischen Verband CAF, der Hausmacht von Sepp Blatter innerhalb der FIFA ausgesprochene) Urteil jetzt vor allem diejenigen, die sich nicht gut auskennen erregt (simple Bilder und leicht faßbare Verkürzungen bringen populistisches Blut zur Wallung) ist für mich nur zum Teil nachvollziehbar.
Außerdem wird sich das alles in ein paar Monaten, spätestens nach der WM in Südafrika beruhigen: der togolesische Verband wird ein Gesuch einbringen, die Regierung wird sich entschuldigen, danach versprechen den Verband nicht mehr zu overrulen, zu bedrängen oder bestimmen zu wollen, und damit hat es sich dann - es sei denn, man legt die Schalter inWestafrika auf stur.

Zurück zum Finalspiel

Das war lange Zeit ein Patt.
Ghanas Coach Rajevic verordnete seiner jungen Mannschaft die noch viel striktere Einhaltung des zuletzt perfekt eingespielten 4-2-3-1. So waren diesmal auch die Flanken-Rochaden zwischen Ayew und Opoku verboten.
Das klappte - defensiv - auch wunderbar, man war aber offensiv weniger gefährlich.

Coach Shehate, der sich mit dem dritten Titel en suite ein Denkmal setzen wollte, stellte Ägypten nominell offensiver auf, was bei ihrer Spielwese aber mehr Vorsicht und Kontrolle nach sich zog.
Weil Innenverteidiger Fatallah gesperrt war, ließ Shehata wieder einmal eine Vierer-Abwehr spielen - das führte aber dazu, dass die große offensive Stärke seiner Mannschaft, die beiden enorm gefährlichen Außenspieler El-Momamady und Moawed hinten gebunden waren. Also stand man auch auf ägyptischer Seite hinten gut und vorne ging etwas zu wenig.

Weil aber beide Teams wußten, dass der Gegner jederzeit gut genug für ein Tor ist und das dann auch problemlos verteidigen kann, belauerte man sich gute 65 Minuten lang.

Africas Top-Substitute: Gedo

Dann zog Shehata seinen Alleskönner, den großartigen Ahmed Fathi aus dem defensiven Mittelfeld in die Abwehrreihe zurück, und ermöglichte den Außenspielern (links war Abdelshafi für den angeschlagenen Moawed gekommen) mehr Vorwärtsdrang.
Und in der 70. Minute brachte er den "Super-Sub", Wechselspieler Mohamed Nagy Ismail Afash, den sie "Gedo" nennen. Dieser Bursche kickt in Alexandria bei einem Mittelständler in der ägyptischen Liga, er hatte in seinen bisherigen 7 Länderspielen bereits 5 Tore gemacht, in seinen Partien beim Afrika-Cup bereits 4 - und das obwohl er noch nie von Anfang an aufgeboten wurde.

In der 85. Minute nun zog Gedo über die linke Seite kraftvoll nach vorne, suchte den Doppelpaß mit Mohamed Zidan von Borussia Dortmund und schlenzte den ideal zurückgespielten Ball unhaltbar ins lange Eck. Und so entschied eine einzige wirklich exzellent herausgespielte Aktion das ganze Match.

Gerecht ist es trotzdem: Ägypten war übers Turnier die deutlich beste Mannschaft. Kaliber wie Nigeria, Kamerun und Algerien wurden klar besiegt, Ghana gelang es als einzigem Team ein wenig an der Fassade der Ägypter zu kratzen.

Das erste Triple des Kontinents

Die stützen sich auf eine lange zusammengewachsene Mannschaft: dem oft für bizarre Einlagen guten Tormann El-Hadary, den eleganten Sweeper Hany Said, der furchterregenden glatzköpfigen Aufräumer Gomaa, die bereits erwähnten Außenspieler und den universell einsetzbaren Fathi, der auf beiden Außenbahnen, in der Abwehr und auch im Mittelfeld spielen kann, auf Kapitän Ahmed Hassan, mittlerweile Rekord-Spieler des Afrika-Cup, auf Hosny, den 8er (der 2008 Spieler des Turniers war, im Prinzip einer wie Xavi oder Iniesta) und auf seine drei Angreifer - den wieseligen Zidan, den bulligen Meteeb und eben den Super-Sub.

Da sind eine ganze Menge Oldies dabei, es rücken aber auch ein paar Junge nach - das verdankt man der starken Liga (vor allem mit Al Ahly und Zamalek) und einem Bewußtsein mit einem starken Kollektiv auftreten zu müssen um Erfolg zu haben.

Ägypten ist die erste Mannschaft Afrikas, die den CAN dreimal hintereinander gewinnen kann - das sollte die nicht gelungene WM-Qualifikation (da scheiterter man im Stechen noch am Angstgegner Algerien) doch einigermaßen kompensieren.

Morgen hier noch ein kleines sportliches Fazit zum Turnier.

Von Ghana wird man schon in Südafrika noch mehr sehen - da wächst was Großes heran, die bereits eingebauten U20-Weltmeister machen große Laune.
Und für den nächsten Afrika-Cup, den Gabun und Äquatorial-Guinea gemeinsam ausrichten, wird schon gebaut.