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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

20. 1. 2010 - 19:23

Afrika-Cup-Log, 13. Reality Check.

Weil die Gruppe C heute das Erwartete brachte (Ägypten und Nigeria weiter, Benin und Mozambik raus): ein Blick auf die über- und eingetroffenen Erwartungen und ein paar Enttäuschungen.

Africa Cup Log

Und die Infos zum Spieltag.

Weil der heutige Spieltag so gar keine Spannung bieten konnte (Ägypten führt zu schnell und macht damit alles klar, Mozambik ist selbst für ein mattes Nigeria zu schwach, vor allem taktisch) hab ich begonnen mich mit den eigenen Vorab-Vorhersagen in der Preview zu beschäftigen.

Reality Check: Gruppe C

Und schau, in dieser Gruppe C hab ich eine einzige Unwegbarkeit gesehen: die immer schwelende ägyptische Selbstzerfleischung, die nach schon einer Niederlage einsetzt.
Das ist nicht passiert - es gab stattdessen drei Siege und Ägypten ist das einzige Team mit einer ganzen Stange Selbstbewusstsein; in Afrika oft schon die halbe Miete.
Wie ich den anderen Kandidaten für massive Selbstzerfleischung, nämlich Nigeria, so außer Acht lassen konnte, weiß ich nicht mehr; die war mir irgendwie entfallen. Scheinbar ist man aber auch hier gelassener geworden. Die Auftakt-Niederlage gegen Ägypten war keine nationale Katastrophe - einfach weil es keine war; die Quali fürs Viertelfinale, wo dann sowieso alles neu beginnt, war dadurch nicht gefährdet.

Und ja, tatsächlich: Benin und Mozambik blieben letztlich ohne Chance. Mosambik ist sogar das meiner Ansicht nach schwächste Team des Turniers, vor allem wegen der fehlenden strategischen/taktischen Disziplin. Das ist nicht so arg wie vor 20, 25 Jahren, als afrikanische Mannschaften in kritischen Situationen regelrecht zerfallen konnten, wenn es keine Beruhiger auf dem Feld gab. Letztlich hat sich TicoTico, heute Mosambiks Kapitän, auch nicht mehr herausgenommen als z.B. Steffen Hofmann bei Rapid (nämlich seine Position im rechten Mittelfeld schlicht und einfach nicht zu erfüllen), aber auf diesem Level ist derlei eben auffällig - und wird mit nicht weniger als einer Niederlage mit 3 Toren Differenz bestraft.

Reality Check: Gruppe B und A

Ich habe für Ghana und die Cote d'Ivoire keine Schwierigkeiten Burkina Faso abzuhängen erwartet.
Das war richtig, aber auch nicht.
Denn die Ivoirer hatten natürlich Troubles und blieben torlos; und auch die Ghanesen mühten sich. Letztlich war es gegen die torchancenlosen Burkiner dann aber doch auch eindeutig.

Bei der Einschätzung der Gruppe A hab ich mich geirrt, schon allein weil ich Malawi außen vor gelassen habe. Klar, die sind jetzt Gruppenletzter - aber ein (durchaus mögliches) 2:2 statt des 1:3 gegen Mali - und sie wären aufgestiegen.
Damit war im Vorfeld aber einfach nicht zu rechnen. Und das ist ja das Schöne, diese völlig unerwarteten Überraschungen.

Dass man hingegen eine launige Diva wie Mali genau richtig einschätzt, ist fast schon traurig, so berechenbar wie diese Attitüde daherkommt. Dass man Algerien nicht ausrechnen konnte, stimmt: trotzdem sind die Nordafrikaner die vielleicht größte Enttäuschung unter jenen, die im Viertelfinale noch dabei sind.

Die Nationalmannschaft von Angola wiederum hat sich aus dem Bannstrahl des bösen Geists, der vor Beginn über dem Turnier schwebte, befreit: da war nix von der Tragödie von Cabinda zu spüren.
Und Angola ist neben Ägypten die bislang einzige Mannschaft, die auf sowas wie ein Momentum verweisen kann, die sich bislang in sowas wie einen Rausch zu spielen vermochte.

Das macht sie, rein emotional, zumindest zum Co-Favoriten. Allerdings ist es die Stärke wirklich großer Fußball-Nationen, auch nach ein, zwei oder gar drei wirklich mäßigen Spielen Kraft zu schöpfen und sich für die K.O.-Phase völlig neu zu motivieren. Und Nigeria, aber vor allem die Cote d'Ivoire sind eine solche kontinentale Großmacht, Ghana ist auf dem Weg dorthin.

Reality Check: Gruppe D und die Titelfrage

In meiner Lieblingsgruppe hab ich allen Chancen gegeben - zurecht.
Für Kamerun gilt das vorhin Gesagte über die Großmächte, für die diesmal nicht unbedingt sprunghaften sondern ein wenig zu jugendlichen Tunesier wohl eher nicht. Dass Zambia gut mitspielen wird, hab ich angenommen, mit der bislang so interessanten Leistung von Gabon hab ich trotz Alain Giresse nicht gerechnet.

Es soll ja Menschen geben, die noch auf Marokko oder Südafrika hoffen, weil sie nicht mitbekommen haben, dass sich die nicht qualifizieren konnten.

Wer wirklich Titelchancen hat? Ich hab vor dem Turnier von mindestens sechs Teams gesprochen, und währenddessen vor allem das Nachrücken der zweiten Reihe gelobt.

Nun sind es tatsächlich sechs Teams, die in Frage kommen: die beiden, die tatsächlich einen Lauf haben (Angola und Ägypten), die drei, denen immer alles zuzumuten ist (Cote d'Ivoire, Nigeria, Kamerun, falls sie es morgen schaffen) so wie Deutschland oder Italien in Europa, und womöglich noch Ghana.
An die anderen glaube ich nicht: Algerien ist zu schwach, Tunesien wird wohl schon morgen nicht überstehen und der Sieger aus Gabun/Zambia ist zwar ein tolles Team, aber nicht mit der Erfahrung/Klasse ausgestattet ein Finale zu gewinnen.

Aber bis dahin geht ja noch einiges: morgen ein wildes Vierer-Paket mit Kamerun/Tunesien und Gabun/Zambia, am Wochenende dann das Viertelfinale, nächste Woche die Vorschlussrunde und dann am Sonntag in zwölf Tagen das Finalspiel in Luanda.