Erstellt am: 19. 1. 2010 - 23:09 Uhr
Afrika-Cup-Log, 12. Phantomschmerzen.
Africa Cup Log
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Manchmal ist alles sehr einfach: wer keine Torszene hat, kommt auch zu keiner Torchance. Wer keine Torchance hat, kann kein Tor schießen. Wer kein Tor schießt, kann nicht gewinnen.
Nun wäre es möglich gewesen, dass Burkina Faso mit zwei torlosen Remis weiterkommt. Weil Fußball zwar gemein, aber doch nicht so gemein ist, ist dieser Fall nicht eingetreten.
Und weil Ghana diesmal das gelang, was ihnen im ersten Spiel gegen die Cote d'Ivoire versagt blieb (der Torerfolg nämlich) kamen sie weiter. Zurecht.
Der böse Schatten über dieser nur aus drei Teams bestehenden Afrika-Cup-Gruppe B ist aber immer noch der große Abwesende: Togo.
So war das alles unkomplett und unrund. Alle drei anderen spielten, als hätten sie ein schlechtes Gewissen: die Ivoirer einmal mit einem Stock in der Hose, die Ghanesen einmal deutlich zu naiv und die Burkiner zweimal mit einer letztlich doch zu defensiven Taktik. Denn wer in zwei Spielen nie das Tor des Gegners gefährdet - siehe oben.
Das Phantom
Togo (mit Chef Adebayor und Leuten wie Salifou, Dossevi, Toure und dem unverwüstlichen Eric Akoto) hätte den Aufstieg womöglich nicht erreicht; aber ihre Abwesenheit hat alle drei Spiele der Gruppe B zu einer unvollständigen Angelegenheit gemacht.
Ich zumindest hatte bei jedem Match seltsame Phantomschmerzen.
Die Weltöffentlichkeit hat Togo seit Tagen aus den Augen verloren: seit der Tragödie um den beschossenen Mannschaftsbus, die Abreise, den Verzicht auf die CAN-Teilnahme und die Trauerfeier existiert das afikanische Land genausowenig wie vorher.
Dann zu etwas ganz anderem...
... nämlich zur kleinen Lecture, die der Ballesterer anlässlich des Buchs Die Fußball-Matrix vom deutschen Fußball-Weisen Christoph Biermann veranstaltete.
Ein Gespräch mit dem besten deutschsprachigen Autor zum Komplex Fußball erscheint demnächst hier.
Biermann thematisiert da auch den aktuellen Stand der den Fußball begleitenden Wissenschaften (unter besonderer Berücksichtungung der Spielanalyse) und erzählt dann auch einiges über die Trainer, denen er für dieses Buch auf die Zähne fühlte.
Mir fiel da spontan die hohe und dichte taktische Klasse beim Afrika-Cup auf, mit der die vielen verschiedenen Coaches aus Frankreich, Holland, Portugal, Nigeria, Bosnien und einigen afrikanischen Länder ihre Teams ein- und auch umstellen. So richtige strategische Brezen haben sie kaum gerissen, ihre Strategien bewegen sich durchwegs auf Top-Niveau.
Und das obwohl jetzt der Coach von, sagen wir einmal: Burkina Faso, sicher nicht auf die technischen Analyse-Systeme zurückgreifen kann, die bei einem deutschen Mittelständler Usus sind.
Der Trainer als Pragmatiker, nicht als Idiot
Fußball anno 2010 ist ein derart durchglobalisierter Sport, dass es dort, wo es um etwas geht, nicht ohne die Errungenschaften von Technik und Wissenschaft geht. Sagt Biermann und alle nicken, weil es natürlich stimmt.
Wenn in Österreich grenzüberschreitend gedacht wird, dann so bizarr wie in Kärnten, wo diese Affäre auch Spuren zu Austria Kärnten legt - so wissen Falter und Kurier zu berichten.
Mir fällt da ein, dass Österreichs Blick, was globales Denken betrifft, zwischen Altach und Mattersburg gefangen ist - heimische Coaches sind darüber hinaus nur in an einer halben Hand abzählbaren Fällen vermittelbar.
Andere haben ähnliche Ängste.
Und so sagt Biermann auf die Frage ob nicht die alte Trainergarde sich da lässig als Fortschrittsfeind positionieren könnte und sich dem "neumodischen Zeug" entziehen, kopfschüttelnd folgendes: "Auch die, auch zb Heynckes nützt die neuen Technologien - das sind schließlich Pragmatiker."
Hier ein kurzes Videointerview mit Biermann.
Und, nach einer Pause: "Nur die Blöden tun das nicht."
Mir fällt da ein, dass der heimische Fußball im Februar wieder losstartet. Und ich werde mir erlauben auf dieses Zitat und andere da zurückzukommen.