Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Ein Album als Liebesbeweis"

Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

19. 1. 2010 - 16:56

Ein Album als Liebesbeweis

Garish legen nach drei Jahren ihr stimmigstes und bestes Werk vor. Eine kleine Vorausschau rechtzeitig zum FM4 Geburtstagsfest.

Es war im Februar vor sechs Jahren. Ein Gasthaus in Mattersburg.

FM4 Fest Plakat

Radio FM4

Hier gibt's das komplette Lineup (mit Get Well Soon, Blood Red Shoes, Die Sterne, Mono und Nikitaman und vielen mehr) und alle Infos zum FM4 Geburtstagsfest am 23. Jänner 2010 in der Wiener Arena!

Die komplette, musikalische Fußballmannschaft des Ortes, 'FC Garish', sitzt nach dem Training um den Tisch herum und versucht fieberhaft mit Schweißperlen auf der Stirn ihre derzeitige Strategie 'Absender auf Achse' zu reflektieren und diese Reflexion in für das Radio brauchbare Worteinheiten wiederzugeben. Damals kannte ich Stürmer Thomas Jarmer, die Mittelfeldspieler Christoph Jarmer und Julian Schneeberger, sowie Verteidiger Kurt Grath und Tormann Markus Perner noch nicht und trotzdem wurde während des langen Interviews fast mehr gelacht, als philosophiert. Vielleicht auch wegen der spontanen und für manchen Mannschaftskollegen manchmal recht schräge und ausgesproche lustigen Metapher. Im Ohr geblieben ist mir zum Beispiel folgende Sequenz von Julian, der meinte, das ihr drittes Werk weniger "fremdbeeinflusst" sei, also die persönlichen Vorlieben für andere, meist internationale Bands weniger zum Tragen kamen. Und weiter:

"Außerdem glaube ich, dass wir diesmal weniger Melancholie hineingepackt haben, sondern mehr Romantik, mehr Kitsch, mehr Schönes. Also weniger britische, sondern mehr germanische Musik..."

Worauf Markus unterbricht und meint:

"What the hell are you talking about?"

Danach brechen alle in großes Gelächter aus.

Mittlerweile ist viel Schilf am Ufer des Neusiedlersees gewachsen und mit einigen Bandmitgliedern verbindet mich eine schöne, emotionale, wenn auch nicht sehr zeitintensive Bande. Umso neugieriger war ich auf das neue Album von Garish, das der Fünfer kommenden Samstag beim FM4 Geburtstagsfest auszugsweise vorstellen wird.

Julia Grandegger

Vor ist nach der Parade

Es ist immer so eine Sache mit Fremd- und Eigenwahrnehmung, wobei der zeitliche Faktor auch eine wesentliche Rolle spielt. Rückblickend betrachtet hatte Christoph Jarmer nicht unrecht, als er beim damaligen Interview zu "Absender auf Achse" gemeint hat, der Song "Die Maschine fährt an" ist eine wegweisende Nummer für die musikalische Zukunft von Garish. Auch ich hatte nach dieser schönen Platte das Gefühl, der Nachfolger werde eine erdige, vielleicht sogar etwas rotzige Platte, die scheppert und lärmt was das Indiezeug hält. Die Entwicklung der Band ging jedoch andere Wege, nicht zuletzt beeinflusst von der Selbstwahrnehmung. Durch ruhige Konzerte wurde der akustische Aspekt intern immer wichtiger und damit einhergehend auch die vertracktere Spielweise und vor allem Spieltechnik. So repräsentiert 'Parade' in der heutigen Bandbiographie eher die Kopfplatte. Eine, die mit Sicherheit auch notwendig war um dorthin (zurück) zu kommen, wo Garish mit ihrem neuen Werk angelangt sind, nämlich einerseits im Bauch und andererseits bei Thomas Pronai alias Kantine in der Chelly Mühle.

Die Aufnahmen in gewohnter Umgebung setzten nicht nur den Maßstab für den "neuen" Sound, der einen sehr ursprünglichen Bandklang und experimentellere Töne, sowie Streich- und Blechblasinstrumente miteinander verbindet.

Thomas Jarmer

Produzent Thomas Pronai hat es geschafft, der Band ihre Erwartungen und ein mögliches, vages Konzept gleich aus dem Kopf zu löschen, um dort anzufangen, wo es wichtig ist. Nämlich ganz am Anfang, die Gitarren in die Hand zu nehmen, sich hinter das Schlagzeug zu setzen, den Kontrabass aufzustellen, sich vor das Mikrophon zu platzieren und einfach einmal loszulegen. Das Ergebnis macht nicht nur uns Hörer glücklich, sondern auch Garish selbst. Befreiend und Spaß-generierend, spontan und experimentell, jedoch immer mit genug Bedacht, um nicht an der Oberfläche hängen zu bleiben. Ein Bauchalbum mit Tiefgang.

Wenn uns das nicht ihre Liebe beweist

Schon die erste Single "Dann Fass Ich Mir Ein Herz" überzeugt auf ganzer Linie. Die scheppernde Akustikgitarre und das rollende Schlagzeug, die entfernten Schellen im Hintergrund und der herzerwärmende Chor, das alles lässt im Kopf sofort einen Raum entstehen, der mit jedem Ton deutlicher und heimeliger wird. Hier spielt definitiv eine Band. Fünf Musiker, die nach all den Jahren nicht nur uns, sondern auch sich selbst immer noch etwas zu sagen haben. Durch Nebenprojekte und Filmmusikarbeit ist auch im sehr symbiotischen Gefüge von Garish mehr Platz geworden, um sich in Versuchen und Experimenten zu ergehen.

Thomas Jarmer

Es zerrt und kracht, wenn der brachiale Beat von "Eisenherz" einsetzt, man schwebt zu den Banjo-Linien und Glockenspielmelodien von "Unglück Trägt Den Selben Namen", bis einem die erhabenen Trompeten auf das folgende, recht raue Instrumental "Zampano" einstimmen. Nicht immer ist klar, welches Instrument hier welchen Klang erzeugt. Die ganze Platte ist von fast schon mystischen Soundmomenten durchzogen. Ist es eine singende Säge oder eine verzerrte Gitarre, die da die schönen Harmonien entzweischneidet? Erklingt dort eine verfremdete Blockflöte oder ist es doch nur ein Gitarrenfeedback, das wie der Wind durch die Bäume pfeift? Moment, schreit da etwa jemand im Hintergrund seine Seele aus dem Leib?

Garish

"Wenn Dir Das Meine Liebe Nicht Beweist" wird am 19. Februar 2010 bei Schönwetter Schallplatten veröffentlicht.

Allzu viel sei an dieser Stelle noch nicht verraten. Schließlich wird das neue Garish Album erst Mitte Februar 2010 auf Schönwetter Schallplatten veröffentlicht. Aber man kann jetzt schon sagen, dass "Wenn Dir Das Meine Liebe Nicht Beweist" wohl den vorläufigen Schaffenshöhepunkt darstellt. Und man darf gespannt sein, wenn Garish einige der neuen Nummern beim FM4 Geburtstagsfest vorstellen werden. Einige Spatzen pfeifen schon von den Dächern, dass eine spezielle Performance geplant ist, mit einem kleinen Chor befreundeter Musiker. Aber nehmen wir besser den Gerüchtetopf vom Herd und lassen uns überraschen.