Erstellt am: 17. 1. 2010 - 22:17 Uhr
Afrika-Cup-Log, 10. Italiener.
Africa Cup Log
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Hier die aktuelle Tages-Info und noch ein guter Überblick.
Keiner der vier Coaches, deren Teams einander heute abend gegenüberstanden, ist Italiener (da hätten wir drei Franzosen und einen Tunesier).
Und dem einzigen der eingesetzten Akteure, der in Italien seinem Beruf nachgeht, Kameruns Kapitän Samuel Eto'o (der spielt bei Inter in Mailand), kann man auch nicht wirklich vorwerfen, dass sein Spiel bereits stark italienisiert wäre.
Trotzdem war das, was schon im ersten Spiel zwischen Tunesien und Gabun, vor allem aber das, was im zweiten Match zwischen Kamerun und Zambia passierte, ausgesprochen italienisch, ja sogar trapattonisch.
Im Positiven wirkte sich das so aus, dass alle vier Teams in dieser ausgeglichensten und qualitativ womöglich besten der vier Vorrunden-Gruppen beim Afrika Cup taktisch hervorragend ein- und aufgestellt sind. Jedes System ist präzise auf die Vorzüge der jeweiligen Mannschaften abgestimmt, die Aufgabenverteilung ist klar - Ausreißer wie z.B. gestern oder WischiWaschi-Vorgaben, wie sie unter österreichischen Trainern als lässig und mannhaft gelten, gibt es nicht.
Trapattonisch
Im Negativen führt das dann nicht nur dazu, dass man sich während eines Spiels, in dem nichts weitergeht, zu einem Remis verführen lässt, sondern zu noch schlimmerem: dem, was ich zuletzt beim erwähnten Trapattoni so gehasst habe.
Dass er, übertrieben italienisch, fast schon psychoanalytisch-taktisch, auf jedes Tor mit einer entsprechenden Umstellung reagiert.
Ich sehe ein, dass ein Coach auf eine Taktik-Umstellung des Gegners reagiert - wie Zambias Renard, der wegen Kameruns wildem, nach der Halbzeitpause aufgeschütteltem 4-2-4 sein offensives Mittelfeld mit einem Defensiv-Mann verstärkte.
Ich habe aber kein Verständnis dafür, dass er bereits in der 62. Minute mit einem weiteren Defensiv-für-Offensiv-Tausch die knappe 1:0-Führung über die Zeit bringen will.
Und ich hasse es, wenn Kamerun (in Gestalt von Paul LeGuen, seinem Trainer) nach dem 2:1 prompt wieder auf das Vorsichts-Ding aus der 1. Halbzeit zurückstellt - auch wenn sich der Gegner mit einem zusätzlichen Stürmer für die letzte Viertelstunde wappnet.
Kamerun rettet sich im letzten Moment
Kamerun wurde dafür unzureichend bestraft: mit einem unerwarteten Gegentor, der den neuerlichen zwischenzeitlichen Ausgleich und entsetzliche Nervosität bedeutete.
Zambia kassierte drei unglaublich dämliche Tore und verlor das Spiel noch.
Das war, wenn man die Gesamt-Dramaturgie im Auge hat, auch bitter nötig: Denn bis zur 68. Minute war Kamerun, einer der Top-Favoriten aus dem Turnier draußen, ohne Tor, ohne Chance, ohne Mut.
Weil sich aber im ersten Spiel zwischen dem noch nicht eingespielten jungen tunesischen Team und den Überraschers aus Gabun (die hatten mit ihrem Sensations-Sieg gegen Kamerun die Gruppe ja im Alleingang bereits auf den Kopf gestellt) nicht mehr als ein torloses Remis ging (was nicht heißen soll, dass das ein schwaches oder gar ödes Spiel war, im Gegenteil - diese Gruppe D verdient jedes unterstützende Getröte, das sie bekommt) ist es allerdings auch wieder egal.
Denn alle vier Teams sind noch im Rennen. Wichtig war nur, dass Kamerun im Rennen bleibt.
Ganz ohne Rechenschieber
Denn jetzt ist in den letzten Spielen (Kamerun - Tunesien bzw Gabun - Zambia) alles drin. Und das auch ohne gar viel Rechnen: Der jeweilige Sieger dieser Partien geht durch, so einfach ist das. Und um jede Mannschaft, die das nicht schaffen wird, ist es schade.
Ja, auch um die ein wenig farblosen Tunesier. Nicht weil ich für die traditonell ein Faible habe, nicht weil sie es diesmal mit einheimischem Trainer und einheimischen Spielern anstatt der zuletzt ausgesprochen satt wirkenden Legionäre probieren, sondern weil ihre Spielanlage dann, wenn man sich erst einmal eingependelt hat, Freude machen kann. Mittelfeld-Spieler Dhaouadhi etwa: Klasse. Stürmer Chermiti: ein echter Kämpfer. Freistoßschütze Korbi: die schönste Gel-Frisur. Kapitän Haggui: ein echter Leader. Und im Zusammenspiel ergibt das: jede Menge Zukunft.
Gegner Gabun etwa konnte sie heute nachmittag nicht überwinden. Und denen gelingt im Verlauf dieses Turniers wohl alles; also zumindest alles, was sich in 200% Reichweite befindet - denn soweit hat man sich verbessert beim Team von Alain Giresse.
Wenn man im Gabun die Kraft hat, den Coach nicht wie sonst am Kontinent üblich im Jahrestakt zu feuern, sondern ihn bis 2010 hält, wenn man den Afrika-Cup selber ausrichtet, dann ist noch viel mehr drinnen.
Zambia als Pechmarie
Zambia bleibt die Pechmarie des Turniers: einmal als das leicht bessere Team nur Remis, einmal durchaus unglücklich verloren - dabei hat man eine gute Mannschaft, eine tolle Spielanlage und schießt ja auch Tore. Aber diese Rolle ist dem zambischen Fußball ja seit vielen Jahren auf den Leib geschrieben: die des sentimentalen Geheimfavoriten, der knapp scheitert.
Kamerun ist dem fußballerischen Tod noch einmal von der Schippe gesprungen. Wenn Tormann Mweene nicht den Cross von Geremi passieren hätte lassen - wer weiß, ob die Blockade gelöst worden wäre. Zweimal ging man durch ein frühes Tor in Rückstand und nur einmal kam man - mit nämlicher Unterstützung - auch wieder zurück.
Im übrigen konnte sich auch Somen Tchoyi auszeichnen: er bereitete das zweite Tor Kameruns vor, mit einem tollen Haken und einer Flanke von rechts. Verteidiger Stoppila Sunzu putzt aus, schießt dabei aber Eto'o an und der macht prompt das Tor.
Afrika in Österreich
Warum ich den zambischen Verteidiger vom Zanaco FC extra erwähne? Der soll demnächst bei Sturm Graz vorspielen. Bislang war er gut unterwegs, allerdings verlor er dann auch das Kopfball-Duell mit Idrissou, das Kamerun den Siegtreffer brachte.
Da fällt mir ein: im Gegensatz zu vergangenen Jahren ist mit Tchoyi diesmal eben nur einer aus der heimischen Liga dabei; sonst waren das immer schon ein paar mehr. Afolabi, Mahop, Boussaidi oder Rabiouh waren aus verschiedensten Gründen kein Thema, die Teams von Majabvi, Jagne und Sekagya sind nicht dabei, Ouédraogo ist für Burkina Faso noch zuwenig weit. Und das war's auch schon mit den Afrikanern in Österreich.