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Trishes

Beats, Breaks und Tribe Vibes - oder auch: HipHop, Soul und staubige Vinyl-Schätze.

1. 1. 2010 - 00:41

Austrian Heroes of the Zeros, Pt. 2

Zehn Jahre Elektronik und HipHop in Österreich anhand einiger besonders prägender Beispiele.

Der Anfang der Zeros war zumindest aus wienelektronischer Sicht zugleich ein Ende. Der klischeehaft im Kaffeehaus angesiedelte "Sound Of Vienna", der die Bundeshauptstadt in der zweiten Hälfte der 90er Jahre kurz weltberühmt gemacht hatte, war mit dem Milleniumwechsel schon gut auf dem Weg raus aus dem grellen Licht der Weltöffentlichkeit. Was nicht bedeutet, dass in den Klanglaboren in Wien und anderswo nicht eifrig weitergeforscht wurde.

Stereotyp My Sound Albumcover

stereotyp

Besonders auffällig war für mich in diesem Zusammenhang der Wiener Studio-Wizard Stefan Mörth alias Stereotyp. Spätestens seit seinem Dub Club Track, der Hommage an die montägliche Club-Heimat der tiefergelegten Bässe im Wiener Flex, war klar, dass seine Experimente an der Schnittstelle von Dancehallrhythmik und elektronischen Klängen eine potenzielle Zukunft der Musik darstellten. Und tatsächlich gab es 2004 auf seinem ersten Album My Sound erste Ansätze von etwas zu hören, was als "Dubstep" ein, zwei Jahre später von Südlondon aus die Welt erobern sollte.

Dass Stefan Mörth die Zukunft nicht aus den Augen verloren hat, beweisen seine aktuellen Projekte: Mit Ku Bo sucht er neue Ansätze für den brasilianischen Baile Funk, im Duo Tritone mit Cesar Sampson hingegen wird futuristischer Soul zelebriert.

Dorian Concept vor stilisiertem Hirschgeweih

Dorian Concept

Namen, die hier auch erwähnt werden müssen:

  • B. Fleischmann
  • Bauchklang
  • D-Kay
  • I-Wolf
  • Parov Stelar
  • Skero
  • Urbs
  • Wisdom & Slime

"Futuristisch" und "nicht von dieser Welt" sind auch die ersten Zuschreibungen, die mir zum Sound von Dorian Concept eingefallen sind. Mit fingerfertigem Jammen auf Kleinkeyboards machte sich der Wiener lokal auf Bühnen und global via Youtube erstmals einen Namen, auf 12" und Albumlänge ("When Planets Explode") erstaunte das umso mehr. Mit komplett unverwechselbarem Sound machte der Keyboardzauberer alle Sprachverwirrungen von wegen "Wonky" oder "Aqua Crunk" vergessen und spielte sich direkt in die Speerspitze einer neuen Beat Generation. Demnächst zu hören unter anderem auf dem neuen Flying Lotus Album...

...aber auch auf kommenden neuen Schallträgern der Future Funk Band JSBL, der er schon seit Teenagerjahren angehört. Spätestens, seit die vier Jungs an einem Oktoberabend ganz klassisches Funkmaterial zu ihrem eigenen gemacht haben, traue ich ihnen sehr viel zu. Und die Band ist außerdem eine Talentschmiede sondergleichen, denn neben Dorian C. an den Keys finden sich da mit dem Schlagzeuger Cid Rim und dem Gitarristen The Clonious noch zwei überaus talentierte Produzenten.

the clonious mit vielen kopfhörern

clonious

Letzterer hat mit seinem Debüt "Between The Dots" ebenfalls eine sehr überzeugende Blaupause eines organisch-digitalen Sounds zwischen Hip Hop, Jazz und Elektronik abgeliefert. Und wenn er dann noch einen Mix seines musikalischen Umfelds zusammenbastelt und diesen The Clonious presents his Vienna nennt, könnte man das fast als erstes Manifest eines ganz neuen Vienna Sounds deuten.

Bits, Breaks & Slang

Der Sound des österreichischen HipHop hat sich in den Nullerjahren auch eindeutig verändert und ist - in Einklang mit dem Rest der Welt - elektronischer geworden. Nicht zuletzt auch unter Einwirkung von weiter oben erwähnten Herrschaften, aber auch dank Produzenten wie DJ Buzz (Waxolutionists), Brenk, Fid Mella oder Feux.

Die vielleicht noch signifikantere Veränderung ist aber eine sprachliche: Noch 2004 wunderte ich mich, warum soviele österreichische MCs statt ihrem lokalen Zungenschlag lieber auf Hochdeutsch rappen, heute ist das eher die Ausnahme. Nach den furios dreckigen Rapz von Rückgrat-MC Markee gab's einfach kein Zurück mehr, Projekte wie Markante Handlungen oder auch die Tonträger Allstars zementierten diesen Fakt: Im eigenen Slang kann man sich meist besser ausdrücken, egal ob dieser jetzt aus der pannonischen Tiefebene oder dem Tiroler Oberland kommt.

Kamp vor U-Bahn

Christof Moderbacher

Kamp war zwar nie ein "Slangsta", aber auch in seinen Siebenfachreime haben über die Jahre immer mehr Wien-isms Einzug gehalten. Dass sein erstes richtiges Album nach den dutzenden EPs und Kassetten tatsächlich noch kommen würde, durfte man zwischendurch manchmal bezweifeln, wir haben's aber tatsächlich noch erlebt. Und mehr als das: Wir waren begeistert. War der junge Wiener Anfang des Jahrzehnts mit seinen Konzepten inhaltlich manchmal zu abstrakt, so kam er auf der gemeinsam mit dem Produzenten Whizz Vienna verwirklichten LP "Versager Ohne Zukunft" auf höchstem Skillniveau zum echten (und potscherten) Leben zurück. Er pocht zwar weiterhin darauf, dass dieses Debüt auch gleich wieder sein letztes Album bleibt, aber wir werden ja sehen, ob diese Aussage für immer gültig bleibt.

Sicher ist: Auch die 10er werden uns musikalische Erleuchtungen auch aus Österreich bringen. Wie diese dann aber geklungen haben werden, traue ich mich erst in zehn Jahren an dieser Stelle zu sagen...