Erstellt am: 18. 12. 2009 - 14:32 Uhr
Hallo, worum geht’s? Ich bin dagegen!
Lehn dich auf!
Bis 8. Jänner 2010 kannst du uns deinen Protestsong schicken. Zu gewinnen gibt's einen frei gestaltbaren Abend im Wiener Rabenhof Theater. Alle Details zur Teilnahme findest du hier.
Was machen Leute die Protestsongs schreiben? Was sind das für Menschen? Das sind Fragen, die ich mir nicht nur einmal gestellt habe. Denn „cholerisch“ steht auch in meinem Stammbuch bei den auffälligsten Eigenschaften, aber dass ich über alles und jeden sofort einen Song schreibe, indem ich mein Leid klage und gegen diverse Umstände protestiere, nein. Aber jedem das seine bzw. jeder das ihre. Eine Antwort habe ich aber: anscheinend sind Menschen, die Protestsongs verfassen, nicht allzu große Freunde der Selbstdarstellung bzw. lehnen es ab, ihren musikalischen Protest mit einem Video zu untermauern.
Wieso ich das glaube? Weil ich die letzten Stunden nach Videos von Menschen gesucht habe, die in den Jahren von 2004 bis 2009 beim FM4 Protestsongcontest teilgenommen haben. Jedes Jahr gab es 10 FinalistInnen, das heißt, es gab insgesamt 60 Protestsongs in den diversen Endausscheidungen. Von denen wollte ich natürlich nur die Besten auswählen, aber da es nur 3 Bands gibt, die ihren Protest auch auf Film bannten, habe ich mich für die besten Verfügbaren entschieden.
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Das Trio derjenigen, die zu ihrem Protestsong auch noch ein Video gedreht haben, wird angeführt von Rainer von Vielen. Sandbürger hieß das Lied, mit dem er 2005 den FM4 Protestsongcontest gewonnen hat. Wie man merkt, braucht man nicht viel, um ein, wie ich finde, gelungenes Musikvideo abzuliefern. Einfach ein paar Aufnahmen der Überwachungskamera des Vertrauens, ein paar Freunde mit Papierbögen und eine ungewöhnliche Brille. Dazu noch ein paar gelbe Farbkleckse in Zahlenform et voilà:
Drei Jahre später, also 2008, gewannen Rupert's Jazz Construction das Finale des Protestsongcontests. Und auch sie haben ihrem Siegersong Lehn Dich auf ein Video gewidmet. Ebenfalls mit ganz einfachen Mitteln. Die Band, ein Proberaum, der Song und eine Kamera auf einem 360-Grad-Dreh-Stativ. Wirkt dilettantisch; ist es auch. Aber wenigstens was fürs Auge, wobei ich mich frage, wie es dem Kameramann bzw. der Kamerafrau beim Dreh ging (minutenlang im Kreis drehen und so):
Und last but not least Die Söhne der Liebe. 2009 beglückten sie uns mit ihrem Song Paranoia. Und wieder einmal zeigt sich: man braucht kein großes Budget, um ein ansehnliches Video zu produzieren. Eine Wohnung, ein telegener Sänger und ein paar Lichtspielchen mit der Stroboskoplampe und schon kann's losgehen. Das Ergebnis könnte dann so aussehen. Aber Vorsicht! Immer zuerst schauen, ob die Stifte auch wirklich nicht wasserfest sind, bevor man damit die Badezimmerfließen taged.
Aber es gibt auch Leute, die beim Protestsongcontest teilnehmen, den auch gewinnen, aber sich dafür entscheiden, einem anderen Lied die Ehre eines Musikvideos zuteil werden zu lassen. So wie das Erste Wiener Heimorgelorchester. Widerstand ist Ohm hieß der Song, mit dem sie letztes Jahr den Sieg davontrugen. Anscheinend nicht Grund genug, dafür ein Video zu drehen. Macht aber nichts. Denn das Video zu Vaduz kann es auch. Besonders angetan haben es mir die Psychoblümchen im Stil einer Jugendherbergstapete aus vergangenen Tagen (ab Minute 2). Ich frage mich nur: WAS tut man in Vaduzduzduz...?
Mieze Medusa & Tenderboy feat. Violetta Parisini gewannen 2007 mit Nicht meine Revolution den Contest der Protestlieder. Auch hier sucht man zwar nach einem passenden Video zum Song vergebens, Die andere Liga bekam dafür eins. Schön, kann ich da nur sagen. Besonders das Product Placement! Und die Tatsache, dass es noch Leute gibt, die ihre Küche auch im unaufgeräumtem Zustand filmen lassen. Bewundernswert!
Auch Christoph&Lollo haben einmal beim Protestsoncontest mitgemacht.
Ich hasse die Menschen im Fernsehen (pfuh, nochmal Glück gehabt) haben sie damals gesungen. Hier schmerzt es am wenigsten, dass es kein (zumindest für mich aufspürbares) Video zum Protestsong gibt. Denn zum Glück protestieren die zwei eh fast immer. Sei es gegen die Globalisierung, den Zivildienst oder Snowboarder.
In diesem Sinne und weil's passt also eine Abrechnung mit der schönsten Zeit im Jahr: Weihnachten. Schöne 4 Minuten in 8mm Optik, die einem zeigen, dass Weihanchten überall so abläuft wie bei einem selbst daheim. Kerzen brennen am Weihnachtsbaum, die Tanten und Onkel sitzen steif auf der Couch, man darf erst ins Zimmer, wenn das Christkind (ja, das Christkind und nicht der Weihnachtsmann) wieder weggeflogen ist und die Kleinen freuen sich soweieso über alles und probieren es gleich an. Ganz normal also. Zugleich aber irgendwie verschreckend, wie ich finde.
Und zum Abschluss noch eine Sternstunde des Suderns und Protestierens. Der Nino aus Wien gewann zwar letztes Jahr nicht, landete mit seinem Spinat-Song gar nur im Mittelfeld. Aber die Teilnahme am FM4 Protestsongcontest dürfte seine Liebe zum Protestsong geweckt haben. Sein neuester Song Du Oasch ist laut Kollege Boris Jordan ein “Protestwienerlied von unserem jungen Lieblingswiener Bänkelsänger“. Besonders schön finde ich in diesem Video, dass der Nino seinen Kontrahenten mit einem Buttermesser abstechen möchte. Nicht wirklich realitätsnah, dafür dieser Satz umso mehr: "Ich habe es dir schon einmal klar gesagt: diese Bitch gehört mir!" Wenn das keine Liebe ist...
Protestsongcontest auf FM4
Nun gut. Wie man merkt gibt es viele Dinge, über die man protestieren kann. Sei es Weihnachten, den Überwachungsstaat oder den Konsumwahn. Und zu allen diesen Protestsongs kann man mit wenig Aufwand ein Video produzieren (oder eben auch nicht). Falls ihr euch jetzt dazu entscheiden solltet, dieses Jahr selbst beim FM4 Protestsongcontest teilzunehmen, eine Bitte an euch: verfilmt die Songs!