Erstellt am: 25. 11. 2009 - 09:11 Uhr
Die Menschen sind schlecht
Die FM4 Radio Session mit Kreisky wird heute, 2. Dezember 2009, in der Homebase ab 21 Uhr ausgestrahlt. Ab dem Zeitpunkt gibt es dann auch die Session im Videostream
Der Name der Band sei korrekt, meint Kreisky-Sänger Franz Adrian Wenzl, nach den Eröffnungsworten von Blumenau. Dieser hat einen 2 Minuten 30 walk down the memory lane unternommen und an Orte erinnert, an denen Kreisky schon gespielt haben, zieht kurz Bilanz über Sounderfahrung und (Sounderniedrigungen), bevor das Quartett mit der Eröffnungsnummer der gestrigen Radio Session loslegt: "Mit der Musik kamen die Spinner" vom klassisch schlicht selbstbetitelten Debüt der (ca.) fünfjährigen Band Kreisky.
niko ostermann/www.ikoon.at
Wer schon vor dem ersten Takt den Widerstand weckt, hat kein Häppypäppy-Programm parat. Kreisky, die Gewinner des FM4 Awards beim Amadeus 2009 werden geliebt: für die Songs, die Anzüge, die Ansagen, also die Texte.
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Texte, die allerdings fast ausschließlich ein schwarzes soziales Loch umschreiben oder: beschreiben. Mittels Gesichtszügen sowas wie Freude zu versprühen, weil Kreisky in einem Radio Session-Rahmen laut werden – nein! Das geht nicht! Die vermittelte Dringlichkeit schleudert dieses Lächeln beim ersten Takt aus dem Verständnis-Strudel an den Rand. Glücklich sein auf später verschoben, klatschen und hüpfen ebenso. Es muss zugehört werden. Diesen Spinnern. An diesem spinnerten Abend.
Es gab ein "unausgesprochen ausgesprochenes credo" für (wahrscheinlich nicht nur) das gestrige Konzert im Radiokulturhaus: "Ka unplugged Scheiß"“ meint Wenzl im Interview am Nachmittag, "Ka playback Scheiß" wirft Gregor Tischberger ein und: "Ka unnötiger Remix-Scheiß, ka depperter Gastauftritt" vervollständigt Wenzl den Satz vom zurückgekehrten Kreisky-Bassisten. Pimp my Kreisky brauchts auch nicht wirklich.
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Auch ich kann mich an die vier, fünf Kreisky-Konzerte an ungewöhnlichen Orten mit ungewöhnlicher Akustik erinnern. Da war eines weit außerhalb der Wiener Bezirksgrenzen, das ich auf einer Bierkiste verbracht habe, um eine Chance auf Sichtkontakt von diesem gebückten Wahnsinn zu bekommen, eines war auf einem Dach, das vorletzte war in einer Blackbox, das letzte in der Sauna. Mehr als an die konkrete Akustik kann ich mich an die Körperhaltungen der Band erinnern: wedelnde Arme, ekstatische Füße. Und wers nicht schon vorher auswendig gelernt hat, hört zum Beispiel was von einem Opa oder nach dem Einsickern dann die Erkenntnis, es handle sich doch um ein "Verschollenes Euroooooopa".
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Ach, Kreisky. Zwei Alben. Es reichen doch schon zwei Sekunden um Sätze wie "Ich wollte dich nicht anschreien, ich habe nur laut nachgedacht!" zu verstehen und zu beklatschen. Innerlich oder eben bei blinkenden Fassadenlichtern und dieser Lautstärke.
Für die FM4 Radio Session haben Kreisky einen prähistorischen Track in die Setlist eingeschleust: In dem Song "Du Leuchtest" wird u.a. "amerikanischer Kaffee und italienischer Western" besungen. Der brandneue und noch mit dem Arbeitstitel "Ihr Hunde lasst mich los" versehene Song, war eine einzige Hardcore-Backe, hinter der sich inhaltlich der widergekaute Hass versammelt hat. "Ihr seid dumm, weil ihr gut ausseht, das ist meine Logik!" wandert über in mein Alltime-Favourite nämlich "Vandalen" (eh klar), bevor das klassische Kreisky-Ende mit "Die Menschen sind schlecht" eingeläutet wird. Eine dreifaltige Wahrheit, so gut, dass es wehtut. Klassisch wird nämlich auch ausgeläutet: mit einem Abgang des Sängers und einem langen Instrumentalteil, der im Schachzug "Drummer streichelt Feedback-Bass" und "Bassist schlägt Drums" sein Finale findet.
niko ostermann/www.ikoon.at
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Kreisky spielen am 4. 12 in der Kapu in Linz und am 5.12. in St. Peter/Wimberg Höller. Im Jänner folgen dann Deutschland-Termine.
Die FM4 Radio Session wird am 2. Dezember in der Homebase (19-22) ausgestrahlt. Das dazugehörige Video ist ab dem 2.12. zehn Tage lang auf diesen Seiten abrufbar.
Um zurück an den Anfang zu finden, sich selber das Datum in Erinnerung zu rufen, den Afterhour-Plan, an die Sekunden der Start-Befindlichkeit anzuschließen, bevor man sich im Sitzen auf das fünfte Kreisky-Konzert eingelassen hat, frage ich mich, was eigentlich nicht stimmt. Achso die Kinnlade ist tiefergelegt und es blinkt plötzlich und pfeift im Ohr. Na dann werfe ich also zum Schluss das Zitat in die Richtung der schwitzend abgewanderten Kreisky-Mitglieder und sage: "Ihr Hunde lasst mich los!" (Scherz)
