Erstellt am: 9. 8. 2009 - 00:55 Uhr
Final Fantasy und das RSO
Die Stimmung im Radiokulturhaus ist gespannt wie die Saiten von Owen Palletts Geige, als der junge Mann mit dem Schulbuben-Charme und der interessanten Frisur auf die Bühne kommt, ein paar Notizen macht, sich seiner Schuhe entledigt und zu spielen beginnt. Final Fantasy nennt Pallett sein Einmann-Unternehmen nach seinem liebsten Videospiel und in gewohnter Form, nämlich als "Alleinunterhalter" samt Violine und digitalem Loop-Pedal tourt er derzeit durch die europäische Festivalsaison. Nervös ist Owen Pallett meistens, bevor er live auftritt. Seine filigrane Musik, die er Schicht um Schicht aufbaut, erlaubt keine Fehler. Der Loop schlägt unerbittlich zurück, wenn er einmal falsch eingespielt wird. Doch an diesem Samstagabend kommt noch eine Kleinigkeit zur ohnehin schon schwierigen Übung hinzu. Es gilt auch noch, ein knapp 40-köpfiges Orchester samt Perkussionsgruppe, Holz- und Blechbläsern, einer Harfe, Streichern und einem Dirigenten (Gottfried Rabl) einzubinden. Aber der Reihe nach.
Pamela Rußmann
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Keep The Dog Quiet
Den ersten Teil des Abends bestreitet Final Fantasy im gewohnten Set-Up. Die geloopte Geige, hin und wieder ein paar Tupfer auf dem Keyboard und über allem die tatsächlich glockenhelle Stimme von Owen Pallett. Schon der zweite Song des Abends ist der offzielle Final Fantasy "Hit", der seinen prominentesten Arbeitgebern als Streicher-Arrangeur gewidmet ist: "This is the Dream of Win and Regine" handelt vom berühmten Arcade Fire Paar. Danach kommen jede Menge neuer Songs aus dem demnächst erscheinenden dritten Final Fantasy Album "Heartland". Und es scheint, als würde Owen Pallett den Weg, den er schon von der ersten zur zweiten Platte gegangen ist, fortsetzen. Noch eine Spur komplexer, oder besser versponnener klingt das neue Material. Der Musiker auf der Bühne ist konzentriert bei der Sache, das Publikum auch. Für diese delikate Musik, die volle Aufmerksamkeit fordert, ist der bestuhlte große Sendesaal wie gemacht. Die Violine wird gezupft, beklopft, angesungen und natürlich auch gestrichen. Jedes Stück ein Drahtseilakt. Gibt es so etwas wie ein diskretes Spektakel? Owen Pallett ist mit seiner Solo-Performance jedenfalls nahe dran und was man während der Songs vom Publikum spürt, ist das atemlose Staunen über die Perfektion und die Hingabe, die in diesen virtuosen Momenten liegt.
Pamela Rußmann
Das RSO betritt die Bühne
Nach einer kurzen Pause werden schließlich auch die vielen Stühle, die hinter Final Fantasy stehen, von den Menschen des RSO und ihren mannigfaltigen Instrumenten besetzt. Der Dirigent hebt an - und wahrscheinlich war dieser Moment für manche im Publikum überhaupt das erste Mal, dass sie die räumlichen und klanglichen Möglichkeiten eines Orchesters live gehört haben. Die Probezeit war mehr als knapp. Gerade einmal einen Nachmittag lang hatten die Musiker Zeit, Owen Pallett und seine musikalischen Vorstellungen persönlich kennenzulernen. Die durchaus üppigen Arrangements, die Owen Pallett für diesen Anlass per E-Mail an das Orchester geschickt hat, wurden erst wenige Stunden vor dieser FM4 Radiosession zum ersten Mal zum Leben erweckt. Einem Profi-Ensemble wie dem RSO sind diese Umstände beim Konzert nicht anzumerken. Da spürt man eher neugierigen Respekt vor der ungewöhnlichen Herausforderung.
Pamela Rußmann
Die minimalistischen Loopschleifen bekommen durch die Farben des Orchesters tatsächlich eine neue Dimension. Mit elenden "Rock meets Classic" Crossovers der Vergangenheit hat das natürlich überhaupt nichts zu tun. Die kunstsinnigen Songs von Owen Pallett, einem Mann mit klassischer Musikausbildung, stehen Kurt Weill, Arvo Pärt oder Michael Nyman ohnehin näher als herkömmliche Songstrukturen. Und spätestens als beim Song "The CN Tower Belongs To Us" das Orchester eine Einleitung spielt, die Debussy zur Ehre gereichen würde, ist klar, dass hier etwas Besonderes passiert. Nach den fünf Stücken mit dem RSO, bei denen Owen Pallett zwischen Klavier und geloopter Geige pendelt, kommt der heftige Jubel wie ein Aufatmen daher. Der Drahtseilakt ist geglückt.
Für drei Zugaben kommt ein sichtlich gelöster Owen Pallett zurück auf die Bühne, diesmal wieder allein mit seiner Geige. Dann ist Schluss. Blöd - jetzt wünsche ich mir auch so ein Orchester zum Geburtstag.
Final Fantasy live: am Sonntag, 9. August 2009 in der Szene Wien, und am 10. August im Weekender, Innbruck
Pamela Rußmann
Danke besonders an Owen Pallett, den Leiter des RSO Christian Scheib und den Dirigenten Gottfried Rabl, ohne die dieser Abend so nicht möglich gewesen wäre.
Der Live-Mitschnitt der FM4 Radiosession mit Final Fantasy und dem RSO ist am Mittwoch, 12. August 2009, ab 19 Uhr in der FM4 Homebase zu hören. Den Videostream vom Konzert gibt es auch ab dem 12. August hier zu sehen.
Setlist:
artist | song | |
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Final Fantasy | E is for estranged | |
Final Fantasy | This is the dream of Win & Regine | |
Final Fantasy | Flare Gun | |
Final Fantasy | The Butcher | |
Final Fantasy | Many Lives 49 MP | |
Final Fantasy | The Great Elsewhere | |
Final Fantasy | This lamb sells condos | |
Final Fantasy feat. RSO Wien | He poos clouds | |
Final Fantasy feat. RSO Wien | Lewis taking action | |
Final Fantasy feat. RSO Wien | Midnight directives | |
Final Fantasy feat. RSO Wien | The CN tower belongs to the dead | |
Final Fantasy feat. RSO Wien | Ultimatum |
artist | song | |
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Final Fantasy | Peach Plum Pear | |
Final Fantasy | Keep The Dog Quiet | |
Final Fantasy | Lewis Takes Off His Shirt |