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Die Aufdeckerin

Ihre Taktik: Gnadenlosigkeit. Ihr Ziel: die Wahrheit. Ihre Erkenntnisse: erschreckend.

1. 4. 2017 - 11:11

Die Aufdeckerin - Tusk weint

Love-Drama aufgedeckt: Nachdem Großbritannien nie was Fixes wollte und nette Gesten wie den Euro zurückgewiesen hat, ist jetzt endgültig Schluss zwischen GB und EU.

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Das, was für die Hälfte der Briten vielleicht ähnlich schlimm ist, wie einen Aschenbecher auszuschlecken, ist nun offiziell: Der Brexit-Antrag ist unterschrieben. Jetzt gilt’s also. Großbritanniens Premierministerin Theresa May hat auch noch einen sechsseitigen Brief veröffentlicht. Der ist gar nicht so romantisch, wie man sich Briefe in der heutigen Zeit vorstellt. Er ist eher mit knallharten Deals gefüllt, wie zum Beispiel, dass England europäischen Geheimdienst-Infos der letzten Jahre nur herausgibt, wenn sie freien Marktzugang in der EU behalten. Da müssen selbst meine Aufdeckerinnen-Spürhaare leise erschaudern!

CC BY 2.0 https://www.flickr.com/eppofficial/

Bei den Austrittsverhandlungen überschlagen sich währenddessen die emotionalen Tsunamis. EU-Ratspräsident Donald Tusk meinte in seiner ersten Reaktion auf den Austrittsbrief, dass er jetzt sicher nicht so tun würde, als wäre er über den Brexit glücklich. Er sei nämlich gar nicht glücklich. Überhaupt nicht. (Ist das eine Träne auf seiner Wange?) Aber Theresa May konstatiert ganz offen: „Es gibt kein Zurück mehr.“ Und Donald Tusk reagiert mit einem „Wir vermissen euch jetzt schon.“ Oder hab ich unabsichtlich den News- mit dem Soap-Kanal verwechselt?

Nein. Aber Tusk verliert aber auch in schweren Herzschmerz-Zeiten die Sterne auf der blauen Fahne nicht aus den Augen. Er spürt, dass durch den Austritt von Großbritannien die restlichen 27 Mitgliedsstaaten näher zusammenrücken werden. Und was ihn vielleicht auch noch ein bisschen tröstet: Die EU fordert 60 Milliarden Euro von Großbritannien für laufende Projekte und bevorstehende Pensionen.

"Die Aufdeckerin" wird gesprochen und geschrieben von Antonia Stabinger. Sie ist Kabarettistin, schreibt und spielt im Theaterkabarett-Duo Flüsterzweieck.

Aber wie laufen die Verhandlungen hinter den Kulissen ab? Das muss ich sofort herausfinden. Ich eile zu Tusks Büro, schleiche mich auf leisen EU-Bürgerinnen-Sohlen bis vor sein Büro. Aber was ist das? Securitys haben meine Spur aufgenommen. Nach kurzem Zögern beschließe ich, in die Höhle des Löwen zu fliehen. Als ich Tusks Büro betrete, telefoniert er gerade aufgeregt. Mit einer kurzen Handbewegung weist er mich an, mich zu setzen.

So werde ich exklusiv Zeugin eines Gesprächs zwischen Theresa May und Donald Tusk! Es changiert zwischen Zärtlichkeit und blanker Wut. Blumige Worte der Sehnsucht werden gehaucht, aber auch hilflose Border-Collie-Figuren zerschmettert. Als Tusk den Schlager „Doch dann ist es für dich zu spät, zu spät“ zu anstimmt, ist es mir zu viel. Doch genau da beendet Theresa May das aufgeschaukelte Telefonat. Tusk scheint gefasst. Doch als er erfährt, dass ich keine Lieferung von Kuschelpolstern in Englandfahnen-Optik und keine Brake-Up-Compilation von Adele dabei habe, schwemmt mich seine ungebremsten Tränenflut bei der Türe hinaus. EU hurts. EU scars.