Erstellt am: 30. 3. 2017 - 12:01 Uhr
"You have to think less and feel more"
Er ist vielleicht einer der stillsten, aber auch schillerndsten Persönlichkeiten: Fin Greenall. Der Musiker kennt viele Seiten des Musikbusiness: In den späten 90er Jahren hat er hinter den Kulissen für verschiedene britische Labels gearbeitet. Er war DJ, hat auf dem eher elektronisch orientierten Ninja Tunes Label seine songorientierten Alben veröffentlicht, aber auch als Songwriter an Produktionen für und mit Künstler_innen wie Amy Winehouse, John Legend oder Banks zusammengearbeitet.
Fink's Sunday Night Blues Club live: 8.April im Porgy&Bess in Wien.
Tommy N Lance
Das neue Fink-Album ist ein "one genre only"-Werk: Auf "Sunday Night Blues Club Vol.1" geht es um den guten alten Blues. Es sind zwei Songs aus Finks Oeuvre, die diesen Blues-Schritt vorausgesagt haben: der Titel-Song auf "Hard Believer" und "Wheels" auf seinem Album "Perfect Darkness".
Im Interview spricht er davon, dass er schon immer ein Genre-Album machen wollte. "I needed this to get out of my system!" Er überrascht mit dem Geständnis, dass er es als eine persönliche Schwäche ansieht, dass er mit Fink immer so viele, vielleicht zu viele, musikalische Ideen in einen Song verpacken wollte. Auch wenn das viele seiner Fans als Stärke ansehen werden: mit einem Blues Album konnte er sich nur innerhalb seines eng gesteckten Rahmens austoben.
Als "mission statement" hatte er eine Regel bei den Arbeiten: "It has to be real, it has to be you!" Wenn man sich Finks musikalisches Talent als Flummi-Ball vorstellt, der im Hirn mit schneller Geschwindigkeit unvorhersehbar herumflitzt, dann versteht man, warum die Erfahrung mit den neuen Songs eine Offenbarung für ihn war: "You have to think less and feel more!", sagt er. "You have to go big and be economic about it. The songwriting is more of a pleasure. You can't think too much. Not think at all! Even the melodies are kind of defined for you already!"
Über Justin Vernon hat er den kanadischen Jazzmusiker Colin Stetson kennengelernt, der zwei Songs auf seiner Blues-Platte mit wundersamen Saxophon-Klängen veredelt hat. Über seinen Manager hat er Produzenten-Legende Flood kennengelernt, der das Album schließlich produziert hat. Seine beiden Fink-Kollegen Guy Whittaker und Tim Thornton hat Fink auf (wohlverdienten) Urlaub geschickt und eine neue Band zusammengestellt, die Fin Greenall nicht nur bei den Studioarbeiten begleitet hat, sondern mit denen er sich auch auf der kommenden Live-Tour die Bühne teilen wird.
Neben einem mit vielen Denkpausen und Uff-Tönen verzierten Sager über Article 50 und die noch unvorhersehbaren Folgen des Brexits für ihn als in Berlin lebenden britischen Staatsbürger, sprechen wir im Interview über etwas, was ihn noch mehr aufleuchten lässt als die Vorfreude darauf, mit seinen neuen Songs auf Tour zu gehen: seine Hobbies. Was macht Fin Greenall, um sich Inspiration zu holen?
Es ist recht einfach: lesen. "I go to this website which is just a 2nd hand book store. It's awesome. Right now I am reading this book "City On Fire" which is about New York in the 70ies and the social punk scene. Really cool. Then I'm reading loads of John le Carré novels and a lot of Herman Hesse novels. I got a big stack of books and I get very inspired by books as a reflection of the human condition!"
Fink hat sein Hobby zum Beruf gemacht und plant auch seinen Urlaub nach seinen musikalischen Vorlieben: Neue Orte entdecken und sich auf die Spuren von Musik bewegen, die ihn schon als Kind begeistert haben. Ganz oben auf seiner "tourism bucketlist" steht Mali. "The music – obviously! The desert. The blues. Ali Farka Touré. It's a country I would love to go to!" Neben Mali erwähnt er auch Senegal, Tansania, Nigerien und Zambia. Aktuell ist er der Band Amayenge verfallen.
"The joy that is in this music. It puts me in a great spirit. I also love Nigerian Afrobeat from the 70ies and I'm hoping to go to Nigeria! Africa is just a giant continent. I don't want to go in there 'colonial style' like a lot of musicians do. I'd like a little bit more of an immersion than that!" Als Beispiel aktueller Musik, wo "African rhythms and motives" mit "westlicher Elektronik" gepaart werden, empfiehlt er die Platte "Marhaba" von Floating Points und Maalem Mahmoud Guinia.
Auf Reisen trifft man Menschen. Aus einer besonderen Begegnung ist eine neue Freundschaft entstanden, die maßgeblich die Arbeit an seinem Blues Album inspiriert hat. Dafür hat Fin Greenall "nur" nach London ins "Assault & Battery" Studio gehen müssen, um Flood zu treffen. Bekannt als Produzent von U2, Depeche Mode, Smashing Pumpkins oder PJ Harvey war es vor allem seine Arbeit an der selbstbetitelten Warpaint-Platte, die Fink begeistert hat.
Ninja Tune/R'COUP'D
Nach einem ersten Kennenlernen wusste er, dass Flood der richtige ist für sein Blues-Projekt: "I said: 'I want the record to be horrible and really fucked up and ugly!' And he said: 'Me too!' I wanted it to be grungy and shitty and real! And he said: 'Yeah me too!'" Es heißt zwar, "Never meet your idols", aber auf das Treffen mit dem Musik-Enthusiasten Flood treffe das nicht zu: "You meet these guys and they're just like you. They just like music. They love waking up in the morning and going to the studio and doing some great music. They just love it the same way that you do. Occasionally you meet one of your idols and you're really glad you did. Flood is definetely one of those people for me. He's definitely very inspiring!"