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Pia Reiser

Filmflimmern

24. 3. 2017 - 10:42

Mariuhaha

Von Cheech & Chong zu Harold and Kumar und kein Text über Stoner kommt ohne Seth Rogen aus. Ein Blick auf die vernebelte Geschichte der stoner comedy.

Eine gewisse Langsamkeit und Faulheit sagt man der kiffenden Zunft gerne nach und so ist es nur passend, dass erst 16 Jahre nach "Lammbock" - der erfolgreichen deutschen Kifferkomödie - nun die Fortsetzung kommt, bei dessen Titel man nur einen Buchstaben austauschen musste: "Lommbock". "Lammbock" war 2001 der Versuch, das langerprobte Genre der stoner comedy einzudeutschen, ein Genre, das das Comedy-Duo Cheech & Chong mit kleinen roten Augen aus der Taufe gehoben hat.

Seit die beiden 1987 in "Up in Smoke" mit Bärten, Stirnbändern und Joints so groß wie Palatschinken einen wahnwitzigen Road Trip hingelegt haben, folgt die stoner comedy einer einfachen Regel: Raus aus dem Haus.

Cheech and CHong in "Up in Smoke"

eurovideo

Up in Smoke (1978)

Dass man die Gras rauchenden Figuren raus auf die Straße bugsiert und in Abenteuer verwickelt, liegt auf der Hand. Der kiffende Slacker, der am Sofa liegt, Junk Food isst und sich vom Fernsehprogramm berieseln lässt, taugt auf Spielfilmlänge nur bedingt als Unterhaltung.

Im Gegensatz zum psychedelischen Film, der versucht, die Wirkung halluzinogener Substanzen auf die Leinwand zu transferieren, geht es der stoner comedy nicht darum, den Zustand des high-seins darzustellen, sondern viel eher zu illustrieren, wie absurd diese Welt da draußen ist und, dass es doch völlig verständlich ist, dass man lieber einfach nur am Sofa sitzt. Oder noch besser: eines wird mit dem Sofa. Diesen Zustand, ganz nah an der Verschmelzung mit dem Möbel, hat keiner so perfektioniert wie Brad Pitt auf die Leinwand gebracht, allerdings nicht in einer stoner comedy.

Brad Pitt in "True ROmance"

fox

Brad Pitt in "True Romance" - die besten Potheads findet man nicht in der stoner comedy, sondern in anderen Genres

In "True Romance" ist er als Floyd ein Stonerritter von der langsamen Gestalt. Sein begrüßendes hey fällt erst, als die Gäste schon wieder längst weg sind. Überhaupt findet man die interessantesten potheads eigentlich abseits des Genres der reinen stoner comedy. Rory Cochrane in "Dazed & Confused", Sean Penn in "Fast Times at Ridgemont High" und natürlich: der Dude. Der Genre-König, der Stoner-Baron höchstpersönlich, stammt aus einem Film, der erzählerisch und visuell alles andere als nur eine stoner comedy ist. 1998 erschaffen die Coen Brüder mit dem Dude in "The Big Lebowski" ein Slacker-Idol jenseits der 40.

Jeff Bridges in "The big Lewbowski"

NBC

Der Dude geht immerhin gerne zum Bowling, seine Kiff-Kollegen der stoner comedy würden sich eigentlich lieber nur erheben, um zum Kühlschrank zu gehen, aber oft zwingt eben der Drogeneinkauf einen auf die Straße hinaus. Oder der Wunsch nach einem bestimmten Burger, wie in "Harold & Kumar go to the White Castle". Oder aber, man kann sein Auto einfach nicht mehr finden, wie in, na ihr wisst schon: "Dude, where's my car". Die Ausgangssituation ist im Grunde simpel, doch an allen Ecken und Enden gibt es Komplikationen. Harold und Kumar treffen auf Neil Patrick Harris (als Neil Patrick Harris), die Polizei und bissige Waschbären - um nur einen Bruchteil der joint adventures dieser Reise durch die Nacht aufzuzählen. Für Seann William Scott und Ashton Kutcher ist in "Dude where's my car" die Nacht hingegen eine einzige Erinnerungslücke, der Tag drauf wird zur Odysse auf der Suche nach dem Auto. Die Komödie aus dem Jahr 2000 treibt meisterlich den Witz der Wiederholung auf die Spitze. Kichern über Stumpfsinn kann so herrlich sein. Die stoner comedy ist wohl eines der wenigen Genres, bei dem sich Hauptfiguren und Zielgruppe ähneln.

Ashton Kutcher und Seann William Scott

20th century fox

Wenn sich die Kiff- und Kindsköpfe auf ihre Irrfahrten begeben, sind sie stets zu zweit, die stoner comedy ist immer auch ein buddy movie. Und im Gegensatz zu vielen anderen Genres, kann man diesem hier nicht vorwerfen exklusiv weiß zu sein: "How High" mit Method Man und Redman oder "Friday" mit Ice Cube haben schwarze Hauptfiguren - abseits des "black dealer"-Stereotyps. Nicht vergessen darf man auch auf das recht katastrophale Einod namens "Soul Plane" mit Snoop Dogg als Pilot eines Flugzeugs "This is your soul-plane chauffeur, Captain Antoine Mack, speaking. Welcome aboard NWA Flight 069 from the 310 to the 212. . . . We fuckin' higher than Redman at the Source Awards!"

Snoop dog in"soul plane"

MGM

Doch wer jetzt die stoner comedy gleich mit Diversitäts-Medaillen behängen möchte, behold: Denn für Frauen ist üblicherweise nur periphär Platz in dem Genre. Als angehimmeltes Objekt der Begierde, üblicherweise. Zwar keine stoner comedy, aber immerhin eine Komödie mit reichlich Gras, die mit einer weiblichen Hauptfigur zum Überraschungserfolg wird, ist "Saving Grace". Eine klassische Bildungsbürgerkomödie, die sich im Grunde drauf verlässt, dass man es für lustig hält, wenn jemand mit Marihuana zu tun hat, der das Gegenteil eines klassischen Kiffers ist: Eine von der englischen Küstenkleinstadt-Community wertgeschätze Witwe.

Anna Faris in "Smiley Face"

20thcentury fox

Erst 2001 fügt Greg Araki dann mit "Smiley Face" der stoner comedy eine weibliche Hauptfigur hinzu. Anna Faris pot-induzierter stream of consciousness zum Thema "Lasagne" ist fantastisch. Ebenso wortgewandt - üblicherweise nicht die erste Charaktereigenschaft, die man Langzeit-Kiffern zuschreibt, ist James Franco als Weed-Dealer im wunderbaren "Pineapple Express", der Seth Rogen die neueste Züchtung als it smells like god's vagina" beschreibt.

James Franco und Seth Rogen in "Pineapple EXpress"

Sony

Das Frat Pack, die Hollywood-Bubenrunde um Rogen, Franco und Judd Apatow addiert zum dem Genre Mitte der 00er Jahre das Herz, macht aus buddy movie eine bromance. Eine poetische Szene im Wald, wie man sie in "Pineapple Express" findet, wäre in anderen stoner comedies nicht möglich gewesen, hier tränkt Regisseur David Gordon Green die Stoner Komödie ordentlich mit der Ästhetik des amerikanischen Indiefilms. Und "American Ultra" beginnt wie eine Kifferkomödie, nur um dann eine brutale Satire zu werden, die leider nicht aufgeht.

Jesse Eisenberg und Kristen Stewart

constantin

Die Figur des stoners ist so verankert in der Popkultur und so eindeutig auszumachen, dass man sie im Grunde gar nicht beim Drogenkonsum zeigen muss. So gilt zum Beispiel auch "Bill und Teds verrückte Reise durch die Zeit" als stoner comedy, obwohl weder Bill noch Ted jemals mit Bong oder Joint zu sehen sind. Aber Keanu Reeves Frisur und Grinsen sprechen natürlich Bände. Und auch Filme, die ganz Gegenteiliges im Sinn hatten, können zu Genre-Klassikern werden: "Reefer Madness" aus dem Jahr 1939 wollte eigentlich Eltern vor den Gefahren des Marihuana-Konsums warnen, erlebte jedoch in den 1970er Jahren als unfreiwillige Satire ein Comeback. Keine Komödie über, aber sicherlich eine Komödie für Stoner.