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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

20. 3. 2017 - 18:47

58 beinharte Fragen an Britt Daniel

Der Sänger von Spoon über Sex im Pop, Texas und Waffen und das neue Spoon Album "Hot Thoughts".

Britt Daniel, Spoon, Hot Thoughts

Christian Lehner

Britt Daniel von Spoon beim FM4-Interview in Berlin

1. Name?
Britt Daniel.

2. Woher kommst du?
Austin, Texas

3. Seit wann gibt es Spoon?
1993.

4. Wie viele Bandmitglieder?
Fünf.

5. Dein Lieblingsinstrument?
Der Bass.

6. Was ist mit dem Klavier? Es ist sehr präsent bei Spoon?
Ich mag das Klavier. Es erfüllt seinen Zweck.

7. Schreist du manchmal in deinen Songs?
Ja.

8. Wann?
Immer, wenn ich ein Ausrufezeichen brauche.

9. Euer Stil?
Real rock from the rock.

10. Spielst du noch in anderen Bands?
Ja, bei den Devine Fits.

11. Hast du je einen Song geschrieben
A: In der Badewanne?
B: Auf dem Klo?
C: Am Steuer eines Autos?

Die Antwort ist C. Ich habe mir viele Texte auf langen Autofahrten ausgedacht. Der erste, der es auf ein Album schaffte, war Lines in the Suit vom Album „Girls Can Tell“, unserem Debüt. Ich trank Kaffee, steuerte das Auto, und kritzelte die Zeile: „How come I feel so washed up at such a tender age?“ auf einen Zettel.

11. Wie alt warst du zu diesem Zeitpunkt?
Unter 30.

12. Hat man dir jemals den Führerschein wegen Schreibens am Steuer entzogen?
Bis jetzt noch nicht.

13. Der Name des neuen Albums?
Hot Thoughts.

14. Was ist da zu hören?
Es fängt mit dem Titelstück „Hot Toughts“ an und endet mit „Us“. Dazwischen findest du acht Rock’n’Roll Songs.

15. Wie bist du auf die Lyrcis von „Us“ gekommen?
Ha! Da sind gar keine drin. Aber netter Versuch.

16. Das neue Album ist das erste ohne akustische Gitarre. Warum?
Wir wollten ein bisschen Zukunft machen.

17. Warum die Zukunft und nicht die Gegenwart, oder die Vergangenheit?
Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

18. Nicht zufrieden mit der Gegenwart?
Nope

19. Ich vermisse Trump auf dem Album. Es gibt doch momentan kein Album ohne Trump. Wo ist Trump?
Das Album war bereits vor der Wahl fertig. Es gibt aber diesen Song „Tear it down“. Die historische Referenz ist offensichtlich: Nieder mit der Mauer! Uns war klar, dass es so gelesen werden wird. Wir dachten allerdings nicht im Traum daran, dass es tatsächlich relevant werden könnte. Wir haben uns leider geirrt.

20. Ist Sex ein Thema und wo?
Ja, fast überall.

21. Hot Thoughts?
All of the time.

22. Das Album ist wieder sehr gut geworden, ich habe leider keine unangenehmen Fragen für dich. Verdammt, das ist keine Frage
Was die Standards betrifft, sind wir sehr ehrgeizig. Das Ziel ist etwas zu schaffen, das du immer und immer wieder auf den Plattenteller legen kannst. Es geht nicht um den Sound der Stunde oder den schnellen Hit, obwohl wir den natürlich gerne annehmen. Wir denken in jeder Phase an das große Ganze und das ist für uns noch immer das Album.

23. Vielleicht doch eine unangenehme Frage: Warum klingt das Intro von "Shotgun" so verdammt nach jenem von I Was Made For Loving You von Kiss?
Das ist jetzt aber wirklich ein bizarrer Vergleich. Wie kommst du darauf?

24. Das erinnert dich nicht daran? (Ich summe das Intro).
Großartiger Song! Als ich noch ein Teenager war, besaß einer meiner Freunde fast alle Alben von Kiss. Bei uns zu Hause waren sie verboten. In den Augen meiner Eltern war das Teufelsmusik. Als sich meine Eltern trennten, schenkte mir mein Vater ein Kiss Album. Er wollte mich wohl bestechen. Das war dann auch der einzige gute Aspekt an der Scheidung, dass ich endlich zu einer Kiss Platte kam.

25. Welches Album war das?
„Dynasty“

26. Was ich aus dieser Geschichte heraushöre: Deine Eltern sind sehr religiös?
Ja, beide.

27. Das hat wohl noch immer einen Effekt auf dein Leben? Wir wissen, die kindliche Prägung kann ganz schön nachhaltig sein.
Absolut. Das beschäftigt mich noch immer sehr. Es fließt auch immer wieder in Songs ein wie zum Beispiel in The Beast And Dragon, Adored vom Album „Gimme Fiction“.

28. Vorbilder?
James Brown, Beatles, Prince, Eurythmics…, es gibt sehr viele.

29. Touren oder Studio?
So sehr das Touren auch Spaß macht, die Alben sind das Wichtigste. Das ist der Grund, warum ich mache, was ich mache.

Spoon, Hot Thoughts

Matador Rec

Spoon "Hot Thoughts" (Matador Records) Alles zum Titelsong hier.

30. Seid ihr harte Arbeiter, oder fliegen euch neues Songs förmlich zu?
Das Faszinierende ist, es gibt keine Formel, der man einfach folgen könnte. Man hat seine Fähigkeiten, muss sich aber unbedingt auf den Instinkt verlassen. Und man muss das Nichtintendierte zulassen. That’s where the magic happens. Aber ja, wir arbeiten sehr hart an einem Album. Da muss schon alles sitzen.

31. Ist es fair, dich als Bryan Adams des Indie-Rocks zu bezeichnen?
Wie kommst du denn darauf? Was erinnert dich von uns an Bryan Adams?

32. Nicht die Musik, aber deine Frisur, dein Äußeres ...
Stimmt, auch er hat ein zerfurchtes Gesicht. Jetzt bin ich beruhigt.

33. Was ist der beste Moment in einer Show?
Der Moment, an dem ich die Show genießen kann und der anfängliche Druck wegfällt. Ich würde nicht sagen, dass ich an Lampenfieber leide. Aber ich bin doch immer etwas nervös und spreche nur sehr wenige, kurze Sätze.

34. Hasst du Interviews?
Nein.

35. Welche Frage kannst du nicht mehr hören?
„Was habt ihr euch mit diesem Album vorgenommen?“ Alle fragen das, aber ich habe leider keine „Stg. Pepper“-Story für euch, auch wenn es Interviews erheblich erleichtern würde. Es ist ganz einfach: Du fängst mit jedem Album bei Null an und hoffst, dass sich die Inspiration einstellt. Das ist nicht sehr aufregend, aber es ist die Wahrheit.

36. Welche Frage würdest du dir selbst stellen?
What do you think you are doing?

37. Und? What do you think you are doing?
Ich lebe mein Leben. Ich mache das, was ich machen wollte, seit ich zu Hause das erste Mal die Erlaubnis erhielt, die Nadel auf eine Platte zu setzen. Damals war ich sieben Jahre alt. Ich war immer gelangweilt als Kind. Aber das änderte sich schlagartig mit dem Tag, an dem ich die Platten aussuchen durfte. Für mich war ab diesem Zeitpunkt klar, was ich mit dem Rest meines Lebens machen wollte. Ich lag stundenlang vor der Plattensammlung meiner Eltern und studierte die Albumcovers. Ich dachte: Cool, wenn ich da drauf sein könnte.

38. Wie lange kann man dieses Ideal von Freiheit im Rock’n‘Roll konservieren? Also die Vorstellung, dass man am Drücker ist und frei in seinen Entscheidungen?
Wir sind der Boss. Wenn es anders wäre, wären wir nicht mehr dabei. Wir finanzieren unsere Alben selbst und werden erst im Anschluss bei Labels vorstellig. Alles andere would kill my boner.

39. „Would kill my boner“. Diese Redewendung habe ich noch nie gehört. Sie klingt aber sehr überzeugend. Kommt das aus Texas?
Es hat sich bandintern durchgesetzt, wenn jemand zu lange braucht oder irgendein Schaden beim Equipment entsteht. This kills my boner. Und ja, es ist genau das, was du dir darunter vorstellst.

40. Ihr seid eine der ganz wenigen Indie-Rock-Bands, die sich auf sexy Terrain vorwagen. Warum eigentlich?

Ich bevorzuge seit jeher Bands, die einen gewissen Swagger haben. Egal, ob männliche oder weibliche Stimme, Begehren und Verlangen sollten vorhanden sein. Um das geht es schließlich im Rock’n’Roll.

41. Sir, ich hätte noch einige Fragen zu Texas! Wie sagt man bei euch eigentlich „Hallo!“?
Hey!

42. Was ist mit "Howdy"?
Meine Mom sagt das, allerdings nur, wenn sie sarkastisch ist. Dabei ist sie Texanerin mit vollem Herzen und sie spricht auch diesen breiten Slang.

43. Du kommst von Austin. Ist es tatsächlich die Quelle in der Wüste?
Ja, es ist die Oase inmitten einer tiefroten republikanischen Wüste. Das Bizarre: Inmitten dieser liberalen Oase prangt wiederum der dunkelste rote Fleck des gesamten Bundesstaates: das Regierungsviertel. Austin ist ja die Hauptstadt von Texas, Regierungssitz, Parlament, alles in der Hand der Reps.

44. Gibt es außerhalb von Austin auch ein liberales Leben?
Austin und San Antonio waren immer liberale Pockets. Aber selbst in Dallas und Huston ändern sich gerade die Wählerpreferenzen. Ich hoffe, dass noch zu meinen Lebzeiten die Vernunft in Texas einziehen möge.

45. Liegt das an der sich verändernden Demographie?
Viele der Jungen haben einfach keine Lust mehr auf diesen Wahnsinn. Das hat das Stimmverhalten der 18-25-Jährigen bei der Präsidentschaftswahl gezeigt. Das gibt Hoffnung.

46. J.R. oder Bobby?
Keine Ahnung, was du meinst. Ach, die TV-Serie aus den Achzigern. Wer war Bobby Ewing? J.R.s Bruder? Vermutlich der Gute, weil ich mich nicht an ihn erinnern kann? Im Ernst: Ich habe die Serie nicht geschaut, aber „Who shot J.R.?“ wurde damals zu einer Art Redewendung, die es sogar als Titel auf das Cover des Time Magazines schaffte.

47. Wo befindet sich der Stern in der texanischen Flagge?
Auf der linken Seite.

Spoon, Hot Thoughts

Christian Lehner

48. Wie magst du dein Steak?
Früher hätte ich gesagt: medium rare, aber so wie die Leute heute Steaks braten sage ich: medium.

49. Gibt es Rap in Texas?
Ja klar, ich habe unlängst Magna Carda gesehen, sehr funky.

50. Hast du jemals Geroge W. Bush umarmt?
Nein, warum sollte ich?

51. Hast du nicht gemerkt, dass ich die Frage von dir gestohlen habe, als du dich für Noisey einmal selbst interviewen solltest?
Ach, das Interview. Ich erinnere mich, allerdings nur sehr vage, weil die Begleitumstände etwas erinnerungshemmend waren … Habe ich damals geahnt, dass es nach George W. Bush noch tiefer kommen könnte? Nein, habe ich nicht.

52. Trägst du jemals Cowboy Boots?
Ja, ich kann dir zwar jetzt nicht den Hersteller nennen aber … (zieht ein Hosenbein hoch und zeigt seine schwarzen Cowboy Boots).

53. Es heißt, in Texas ballert jeder im Garten rum, selbst Waffengegner. True?
Nicht alle, aber die Verbreitung von Schusswaffen ist unglaublich. Und es ist immer wieder erstaunlich, welche Menschen sich als Befürworter outen. Einer meiner besten Freunde seit College-Tagen, mit dem ich so viele Einstellungen teile, ist überzeugter Waffenbesitzer.

54. Du bist also nicht einer von denen, die heimlich auf Bierdosen schießen?
Nein, obwohl mein Großvater hat mir all seine Gewehre vermacht.

55. Tacos in Texas? Unter- oder überschätzt?
Keine Chance, dass Tacos überschätzt sind!

56. Deine Lieblings-Tacos?
Immer zum Frühstück, aber eigentlich schmecken sie den ganzen Tag.

57. Wie lautet der Titel der texanischen Hymne?
Shit, jetzt wird es peinlich. „The Eyes of Texas“, oder „Deep in the Heart of Texas“? Hach, ich weiß es nicht. Mein Bruder würde mich killen. Immer wenn er ein Spiel der Texas Longhornes sieht, singt er „The Eyes of Texas“. (Antwort: “Texas, oh, Texas”).

58. Abschließende Frage: Wenn du eine Mauer bauen müsstest, wo würdest du sie aufziehen?
Rund um das Capitol in Austin. Lock those suckers in.