Erstellt am: 18. 3. 2017 - 11:36 Uhr
Wenn man Post von den Nine Inch Nails bekommt...
2017 sollte ein großes Jahr für die Nine Inch Nails werden: Nachdem die Band zu Weihnachten aus dem Nichts mit der neuen EP "Not the Actual Events" ein Comeback gefeiert hat, kündigt NIN-Mastermind Trent Reznor für dieses Jahr gleich zwei neue Veröffentlichungen seines musikalischen Projekts an.
Mit Atticus Ross, der schon für Soundtrackarbeiten oder das Projekt How To Destroy Angels mit Reznor zusammengearbeitet hat, haben die Nine Inch Nails ein neues permanentes Mitglied, außerdem kehrt die Band am Panorama Festival in New York Ende Juli auch auf die Livebühne zurück.
Aber nicht nur das: Zur Veröffentlichung der EP Ende letzten Jahres versprach die Band den Käufern und Käuferinnen auch, eine weitere, echte Komponente mit dem digitalen Erwerb des Releases zu verschicken. Im offiziellen Onlinestore der Nine Inch Nails wird das besonders schön beschrieben: "The intention of this record is for it to exist in the physical world, just like you. Choosing this package gets you the digital files and we will ship the proper physical component to your house for you to deal with."
Was das bedeutet, dürfen Fans der Band seit kurzer Zeit herausfinden: Per Post verschicken die Nine Inch Nails nämlich Briefe im schwarzen Umschlag. Mit unbekanntem Inhalt. Auch der Verfasser dieser Zeilen hat einen solchen Brief bekommen und dokumentiert das Öffnen davon an dieser Stelle.
This will make a mess
Eines fällt gleich mal auf, wenn man das Kuvert, das aus dem NIN-Lager kommt, in die Hände nimmt: Eine CD oder ähnliches befindet sich nicht darin. Darauf wird man schon hingewiesen, wenn man sich den Sticker genauer durchliest, der sich wie ein Siegel am Umschlag befindet: "Actions have consequences", steht da in roten Lettern draufgedruckt. "This physical package may lead to unrealized expectations or unexpected results upon opening. Caution should be exercised with both." Und ganz wichtig: "This will make a mess".
Was das bedeutet, bekommt man spätestens beim Öffnen des Umschlags mit: Ein schwarzes Pulver befindet sich darin, das nicht nur die Finger, sondern auch den Inhalt des Kuverts komplett einfärbt. Im Briefumschlag selbst findet sich etwa postkartengroßes Artwork im typischen Nine-Inch-Nails-Stil, beziehungsweise in dem Design, das NIN-Creative-Director Rob Sheridan gerne für seine kreativen Arbeiten aussucht. Ob der aber irgendwas mit dem neuen Output der Band zu tun hat, ist unklar. Offiziell ist der zumindest nicht mehr mit der Gruppe involviert. Aber bei NIN weiß man das sowieso nie so genau.
Zwischen den Artworks finden sich auf dem Inhalt des Kuverts Lyrics und Verweise an die Texte der neuen EP "Not the Actual Events" gedruckt, die man, ohne es zu wollen, beim Herausnehmen auch gleich ganz schön verschmiert. Sein eigenes, individuelles Nine-Inch-Nails-Memorabilia designt also. Angeblich sollen sich die Artworks auch prinzipiell voneinander unterscheiden und von Empfänger zu Empfängerin verschieden designt sein und unterschiedliche Lyrics enthalten.
Christoph Sepin / Radio FM4
Is this the beginning of something?
Was das alles genau soll, ist bis jetzt zumindest noch nicht ganz klar. Ist diese "Physical Component" nur ein netter Bonus für die Fans? Eine besondere Art von Merchandise? Eine subversive Message der etwas anderen Art oder ein Kommentar in Richtung Kunst- und Kulturszene und Sammelwahn? Oder, und hier wird es besonders interessant, ist das, was da rausgeschickt worden ist, nur der Beginn einer größeren Promokampagne von Reznor, der damit auf den nächsten großen Release der Band hinteasern will?
Dass solche Konzepte nicht unbekannt für den Musiker sind, hat er spätestens mit seinem Album "Year Zero" bewiesen, dessen Release bis heute der beeindruckendste der Band war. In einem "Alternate Reality Game", also einem Spiel, das auf interaktive Weise Elemente aus der echten und der digitalen Welt kombiniert, wurde damals eine eigene Realität erschaffen, in der das thematische Universum des Konzeptalbums kontextualisiert wurde.
Wer "Year Zero" kennt, sollte auch wissen, wie hochpolitisch die Platte damals war und von Reznor als Kommentar auf die George-W.-Bush-Ära der amerikanischen Politik veröffentlicht wurde. Und wer sich noch besser auskennt, der sollte erkennen, dass es dieses Jahr genau zehn Jahre sind, seitdem die Nine Inch Nails "Year Zero" veröffentlicht haben und dass Reznor schon immer ein Nachfolgealbum und sogar eine TV-Serie dazu releasen wollte. In Anbetracht des aktuellen politischen Klimas in den Vereinigten Staaten wäre ein "Year Zero Part 2" für 2017 also gar nicht so unwahrscheinlich.
Christoph Sepin / Radio FM4