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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

14. 3. 2017 - 18:56

The daily Blumenau. Tuesday Edition, 14-03-17.

Wenn sich change management in einem Hotel-Wechsel erschöpft. Der ÖFB und ein impulsloser Koller vergeigen die WM-Chance.

#fußballjournal17

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

Das bei der traditionellen Kaderbekanntgabe-PK von Marcel Koller präsentierte ÖFB-Team:

Tor: Heinz Lindner (SGE Frankfurt/D) Andreas Lukse (Altach), Daniel Bachmann (Stoke/ENG); Auf Abruf: Markus Kuster (Mattersbg)

Abwehr: Stefan Lainer, Valentino Lazaro (RB Salzburg), Aleksandar Dragovic (Leverkusen/D), Sebastian Prödl (Watford/ ENG), Michael Madl (Fulham/ENG), Martin Hinteregger (Augsburg/D), Kevin Wimmer (Tottenham/ ENG), Markus Suttner (Ingolstadt/D); Auf Abruf: Moritz Bauer (Rubin Kasan/ RUS), Florian Klein (VfB Stuttgart/D), Philipp Lienhart (Real Madrid/ESP -> U21), Andreas Ulmer (RB Salzburg).

Mittelfeld: David Alaba (Bayern München/D), Julian Baumgartlinger (Leverkusen/D), Stefan Ilsanker, Marcel Sabitzer (RB Leipzig/D), Alessandro Schöpf (Schalke 04/D), Zlatko Junuzovic (Werder Bremen/D), Louis Schaub (Rapid Wien), Marko Arnautovic (Stoke/ENG), Martin Harnik (Hannover/ D); Auf Abruf: Florian Grillitsch (Werder Bremen/D), Konrad Laimer (RB Salzburg -> U21), Stefan Hierländer (Sturm Graz), Jakob Jantscher (Caykur Rizespor/TUR).

Angriff: Guido Burgstaller (Schalke 04/D), Michael Gregoritsch (Hamburger SV/D), Marc Janko (Basel/SUI); Auf Abruf: Lukas Hinterseer (Ingolstadt/D), Deni Alar (Sturm Graz).

Langzeitverletzt: Robert Almer (Austria Wien)
Rücktritt: Ramazan Özcan (Leverkusen/D), Christian Fuchs (Leicester/ENG), Alexander Manninger (Liverpool/ENG) und György Garics.
Verletzt: Karim Onisiwo (Mainz/D), Kevin Stöger (Bochum/D), Ylli Sallahi (KSC/D) uam...
Zu weit weg: Rubin Okotie (Beijing EG/CHN)

Ex-Teamspieler ohne Rückkehrchance: Andreas Ivanschitz (Viktoria Plzen/CZE), Christoph Leitgeb (RB Salzburg), Veli Kavlak (Besiktas/TUR), Michael Gspurning, Emanuel Pogatetz (Union Berlin/D) und Stefan Kulovits (Sandhausen/D).

Unangefragt: Moritz Leitner (Augsburg/D), Jonathan Schmid (Augsburg/D) und Ashley Barnes (Burnley/ ENG).

Out sind vor allem Marco Knaller (Sandhausen/D), Georg Margreitter (Nürnberg/D), Christopher Trimmel (Union Berlin/D), Alexander Gorgon (HNK Rijeka/CRO), Thorsten Schick (YB Bern/SUI), Robert Zulj (Gr. Fürth/D) oder Daniel Royer (RB New York/USA)
aber auch Michael Langer (Norrköping/SWE), Jörg Siebenhandl (Würzburg/D), Robert Olejnik (Exeter/ ENG), Ivan Lucic (Aalborg/DEN); Richard Windbichler (Ulsan Hyundai/KOR), Lukas Spendlhofer (Sturm), Andreas Lienhart (Altach), Stefan Stangl (RB Salzburg), Philipp Mwene (Kaiserslautern/D), Georg Teigl (Augsburg/D), Emir Dilaver (Ferencváros/ HUN), Tanju Kayhan (Göztepe/TUR); Robert Gucher (Vicenza/ITA), Christian Gartner (Düsseldorf/D), Manuel Prietl (Bielefeld/D), Christoph Martschinko, Raphael Holzhauser, Tarkan Serbest, Alexander Grünwald (Austria), Dominik Wydra (VfL Bochum/D), Konstantin Kerschbaumer (Brentford/ ENG), Muhammed Ildiz (Gaziantepspor/TUR), Marcel Ritzmaier (Eagles Deventer/NED), Michael Liendl (1860 München/D), Dominik Hofbauer (Arka Gdynia/POL), Tomas Simkovic (Tobol Kostanay/ KAZ), Stefan Savic (Roda Kerkrade/NED), Florian Kainz (Werder Bremen/D), Marco Meilinger (Aalborg/ DEN); Andreas Weimann (Wolverhampton/ENG), Martin Pusic (Sparta Rotterdam/NED), Marco Djuricin (Ferencváros/ HUN), Philipp Hosiner (Union Berlin/D), Adthe Nuhiu (Sheffield Wed./ ENG), Erwin Hoffer (Karlsruhe/D), Darko Bodul (Perm/RUS) uvam...

Bei der U21 sind unter anderem Philipp Lienhart (Real Madrid/ESP), Konrad Laimer, Xaver Schlager (RB Salzburg) - mehr dazu hier in den nächsten Tagen; bei der U19 sind Marco Friedl (Bayern München/D), der eben einen Profi-Vertrag unterschrieben hat, der Voitsberger Kevin Danso (Augsburg/D), der seinen Vertrag schon vor ein paar Tagen bekommen hat und Arnel Jakupovic (Empoli/ITA).

Stell dir vor, du bist eingeladen zu einer im Fernsehen live übertragenen Jahresanfangs-Präsentation eines öffentlichkeitsgewohnten, prominenten Verantwortlichen, der 2016 ziemlich viel in den Sand gesetzt hat, es als "Seuchenjahr" schnell hinter sich lassen wollte. Noch im Dezember hatte der CEO des verantwortlichen Managers Innovationen gefordert, der Aufsichtsrat an die Bereitschaft dafür appelliert - also die direktmöglichste Aufforderung jetzt gefälligst zu liefern.
Und du wartest auf die Ankündigung der neuen Reize, der neuen Impulse, der personellen Neuerungen, vor allem aber der strukturellen Veränderungen und strategischen Neuerungen, mit denen dieser Verantwortliche 2017 zu einem Jubeljahr umgestalten will. Auch weil einiges daran hängt: nicht zuletzt der Job des Verantwortlichen selber.

Und dann stell dir vor der verantwortliche Manager erzählt dir zu Beginn minutenlang davon, davon wie er das Hotel, in dem sich seine Mannschaft zur Vorbereitung trifft, ausgetauscht hat, nach einer inneren Klausur mit sich selber, weil im neuen Hotel die Regenerationsmöglichkeiten besser wären, der Kraftraum, die Sauna und das Schwimmbad größer.

Stell dir weiter vor, dass es das dann auch schon war.
Dass nach der Hotel-Story nichts mehr kommt, was in irgendeiner Art und Weise dem Wunsch nach change Ausdruck verleiht.
Keine strukturellen Veränderungen.
Keine strategischen Neuerungen.
Keine neuen Perspektiven durch neue Assistenten, Experten, Scouts, Psychologen etc.
Keine Veränderungen von Gewohnheiten und Usancen.
Kaum personelle Neuerungen - nur zwei Erzwungene und eine Aufgelegte; aber nichts was ein Zeichen setzt.
Keine anderen neuen Reize.
Keine neuen Impulse.
Nichts.

Entweder der Verantwortliche hält das Publikum (also potentiell alle) für Idioten, denen eine echte Präsentation oder gar eine richtige Analyse nicht zuzumuten ist, und hat hinter den Kulissen bereits alles umgestoßen - oder er hat schlicht und ergreifend keine Idee.
Nichts. Nichts außer einem Hotelwechsel.

Das war die Marcel Koller-Show vom 14. März 2017 im Palais Hansen Kempinski am Wiener Schottenring. Umgestoßen hinter den Kulissen wurde nichts.
Es bleibt bei der Botschaft dass das Hotel Steigenberger in der Wiener Herrengasse schuld war am Seuchenjahr 2016. Weil der Pool nicht groß genug war.

Und so glitt der ÖFB-Teamchef gutgelaunt weiter zum business as usual. Also zur Perpetuierung von 2016. In neue Niederungen.

Keine Idee, kein System

Irgendwo im nach den Hotel-Einleitungsminuten durchaus vage bleibenden Koller'schen Äußerungen (oder besser: den Verschleierungen von Äußerungen), fast subkutan, in einer Andeutung, die von einzelnen Berichterstattern womöglich überinterpretiert wurde, blitzte die Möglichkeit mit einer Dreier-Abwehr zu spielen, auf.

Weil im Kader fünf Innenverteidiger, aber nur drei Außenverteidiger (die noch dazu über kein sonderliches standing verfügen) aufscheinen, und vor allem angesichts des guten Auftretens von Alessandro Schöpf als rechter Flügel in Schalkes 3-5-2, liegt diese Option auf der Hand. Noch dazu hat Koller die Variante da mit David Alaba auf der linken Seite anzutreten, letztens mit einem seltsamen Ohne-Not-Interview angeteasert.

Diese Interpretationen gehen von einem aufgeklärten Rationalismus aus, der Koller vom Fußball-Volk seit jeher konzediert wird - vor allem wegen seines Schweizertums. Das Problem dabei: das scheint nur so. Die Entscheidungen von Koller und seinem ÖFB-Umfeld sind genauso postfaktisch und emotional getrieben wie unser aller Tun. Soll heißen: es ist deutlich wahrscheinlicher, dass all diese Indizien nur zufällig auftauchen, als dass dahinter ein echter Plan steckt.

Sollte der Teamchef doch an eine neue strategische Variante denken, tut sich gleich die nächste Baustelle auf: er sprach heute - auf Nachfrage - davon dass eine Dreier-Abwehr ja nichts Neues und "immer" schon eine Variante gewesen wäre.
Abgesehen davon, dass das gar arg übertrieben ist (es gab einen, grandios in die Hosen gekrachten Versuch gegen Island und einen weiteren in einem Test im Schweizer Trainingslager; ein wenig dürftig für eine "immer schon" Variante): unter Koller spielte man nie eine Dreierkette a la Schalke, sondern mit einer veritablen Fünfer-Abwehr - im Testspiel gegen Schluein Ilanz in einem 5-4-1 und gegen Island in einem verheerenden 5-2-3-0.

Eine seriöse Erfahrung mit einer Dreierabwehr und einem möglichen 3-4-3 oder einem 3-4-1-2 existiert also nicht.

Da gegen den Außenseiter aus Moldau der notwendige Schöpf und auch Kapitän Baumgartlinger gesperrt sind, wird Koller dort ohnehin nichts probieren - die einzig relevante Teststrecke wäre also das Finnland-Match am 28. 3. in Innsbruck.

Keine Innovation, keine Management-Qualitäten

Dass Koller außer seinem Hotel-"Coup" nichts umgestellt hat, keine einzige (von Leo Windtner und Willi Ruttensteiner geforderte) Innovation in Aussicht steht, lässt sich auch am überkandidelten Verbal-Verkauf des Nona-Nominierung von Guido Burgstaller erkennen. Der solle "die Bälle reinballern, dass es nur so knallt". Und nicht wie in seinen bisherigen (schon ein paar Jahre zurückliegenden Spielen bisher) einfach "keine Tore" schießen. Eine für einen Fachmann eigentlich unverschämte Aussage, die ein Publikum, das schnell vergisst, für blöd verkauft: schließlich wurde Burgstaller damals ausschließlich als Flügel oder hängende Spitze, aber nie als Center eingesetzt. Was man auch den zum Pressetermin ausgehändigten ÖFB-Unterlagen entnehmen kann, die das letzte Finnland-Spiel von 2013 (mit Burgstaller als Ivanschitz-Ersatz) enthält. Aber das sind sicher bloß alternative Fakten,.

Die beiden anderen personellen Umstellungen sind ebenso aufgelegt wie die Nominierung des Sechsten der deutschen Torschützenliste 2017: nach dem Rücktritt von Ramazan Özcan und der Degradierung von Florian Klein zum Stuttgarter Tribünen-Gast ließ Koller einfach die nächsten nachrücken. Im einen Fall zog er den Spatz in der Hand der Taube am Dach vor - der ihm bekannte Stefan Lainer sei einfach "leidenschaftlicher" als der nur vom Co-Trainer beobachtete Moritz Bauer (Austro-Schweizer bei Rubin Kasan), mit dem es Koller nie für nötig befand einmal persönlich zu sprechen und sei es am Telefon. Auch eine Methode um sich die Entscheidungsfindung leicht zu machen.

Und Daniel Bachmann habe sich bei der U21 gut präsentiert und sei vor allem jünger als Marco Knaller, der in Sandhausen in der deutschen 2. Liga seit Jahren Exzellentes leistet. Und auf die Jungen wolle man setzen. Die Tatsache, dass Jugend gerade auf der Torwart-Position nicht das wesentliche Kriterium ist, kann den Teamchef argumentativ nicht ankratzen.
Auch die aktuelle Bilanz nicht: Bachmann hat in seinen aktuellen fünf Saisoneinsätzen für die englische U23-Nachwuchs-Runde neun Gegentore bekommen, Knaller in seinen 22 Zweitliga-Partien für Sandhausen achtmal zu null gespielt.

Konkret wird der verantwortliche Manager nicht wenn es um seine Maßnahmen und Innovationen geht, sondern immer nur dann wenn es gilt etwas oder jemanden abzuwerten. Das Hotel Steigenberger etwa oder Burgstaller ob seines (zu) ruhigen Sozialverhaltens oder eben auch Marco Knaller, den aktuell belegbar besten fitten österreichischen Keeper mit Stammplatz. Den Koller miesmacht, in dem er zuerst sein Team abwertet (dass sich Sandhausen als Zwerg so weit oben hält, ist per se eine Sensation; dass ein Keeper bei einem Außenseiter noch mehr zu tun bekommt, ist auch Fakt) und dann auch als Person in Frage stellt: zehn Jahre wäre er nicht für den ÖFB interessant gewesen, warum also jetzt, fragt Koller. Und ich frage mich auch. Die Antwort in einem Wort: Leistung. Die wichtigste Währung im Fußball.

Knallers Abwertung hat (und auch das sollte Koller schön langsam durchblicken; er ist lange genug da) typisch österreichische Gründe. Sowohl der aktuelle, als auch der vorige Tormanntrainer (Lindenberger & Wohlfahrt)hatte/n beide in ihrer aktiven Zeit einiges an beef mit dem, sagen wir einmal, verhaltensoriginellen Vater von Marco Knaller, dem Ex-Teamtormann Wolfgang Knaller. Den will man sich einfach ersparen. Und setzt so die große Erzählung fort, die sich aus den Geschichten wie ihm und auch seinem Sohn übel mitgespielt wurde, ergibt: eine alte österreichische Seilschaften-Story eben.

Nachvollziehbar, dass Koller hier keine neue Front aufmachen will. Andererseits: hätte er sich über die Jahre um die Tormänner, ums Tormanntraining und ums Tormann-Scouting gekümmert, anstatt es quasi auszulagern, würde er jetzt (nach dem Ausfall von Almer und Özcan) nicht so schwach aufgestellt dastehen.

Im übrigen: dass Özcan, der im Teamgefüge ein Stabilität verleihender Faktor ist/war (ich hab immer das Bild von ihm, wo er Alaba nach dem EM-Out tröstet, im Kopf) gerade jetzt seinen Abschied erklärt, mag unglückliches Timing sein, wäre von einem besseren Manager aber unter Garantie besser (weil früher) abgefangen worden.

Eine andere Abwertung betraf den englischen Stürmer Ashley Barnes, aktuell mit Burnley in der Premier League gut unterwegs, der schon ein Juniorenmatch für den ÖFB bestritt und (österreichische Oma) auch mehr könnte. Die Art wie Koller dieses Ansinnen abschätzig besprach, ließ auch tief blicken.

Vielleicht zerrt mich die fast schon aufgesetzt fröhlich wirkende Koller-Performance aber auch auf eine ganz falsche Fährte. Vielleicht veranstaltet der Schweizer alles bereits im Wissen um seine baldige Abdankung (schon nach den Juni-Spielen kann alles vorbei sein) und will sich seine Zeit so schön wie möglich machen. In diesem Licht würde die Nicht-Innovation, die Un-Präsentation, die Nicht-Erfüllung der Vorgaben auch Sinn ergeben.

Konstruktive Ansätze

Sollte Koller all dem zum Trotz noch so etwas wie einen kreativen Anfall bekommen, dann wäre die vage flirrende Idee gegen Finnland ein 3-4-3 zu probieren, nicht die Schlechteste. Mit drei Innenverteidigern, Baumgartlinger und Junuzovic im Zentrum davor, Schöpf rechts, Alaba links und Harnik/Sabitzer sowie Burgstaller/Janko und Arnautovic in der vorderen Dreier-Reihe. Das würde nicht nur das seit Kollers Anfängen ungelöste Außenverteidiger-Dilemma lösen, sondern auch einen Perspektiv-Wechsel bringen. He, und das hätte man sogar als Innovation verkaufen können. Vielleicht hätten dann sogar Windtner und Ruttensteiner applaudiert und nicht durch Abwesenheit geglänzt.