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Al Bird Sputnik

Record Digger, Subkulturforscher, Universal Beatnik

27. 2. 2017 - 18:52

FM4 Schnitzelbeats #17: “Working Man Blues”

Al Cook gilt als der verdienstvollste Bluesmusiker des Landes. Anlässlich seines 72. Geburtstages erschien unlängst die Autobiographie "Keine Zeit für Johnny B. Goode".

Epikuros Verlag

Al Cook, geboren 1945 in Wien, ist einer der wenigen europäischen Bluesmusiker von Weltrang. Der White King of Black Blues, wie ihn die Fachpresse nach rund fünfzehn Album-Veröffentlichungen nennt, weiß um seine Wirkung. Seit fünfzig Jahren kultiviert er nun schon den Klang seiner Slide-Gitarre und den archaischen Kehlkopf-Gesang, der einem die Gänsehaut über den Rücken jagt.

Seine musikalische Sozialisation erfuhr der gelernte Feinmechaniker Alois Koch noch mit den Kinofilmen von Elvis Presley. Nach dem Erwerb seiner ersten Konzertgitarre im Jahr 1963 folgten einige ruhm- wie glücklose Auftritte als halbwüchsiger Rock-N-Roll-Performer in der Bundeshauptstadt. Für die aktuelle Ausgabe der FM4 Schnitzelbeats haben wir die älteste, noch erhaltene Al Cook-Aufnahme aus dem Privatarchiv ausgegraben. Eine Weltpremiere steht ins Haus: “Take my hand, Miss Edith”, entstanden im Mai 1964 als Al Cooks persönliche Liebeserklärung an seine damalige Arbeitskollegin Edith.

Trash Rock Archives

FM4 Schnitzelbeats

Sonntagnachts im FM4 Soundpark und anschließend für 7 Tage im FM4 Player

Kurze Zeit später entdeckte Alois Koch dann den Blues. Rein zufällig. "Das war eine Umweg-Geschichte", erzählte er mir einmal in einem Interview. "Als mir klar wurde, dass es mit dem Rock ’n’ Roll nichts werden würde, habe ich nach etwas Neuem gesucht. Eines Tages hatte mein Nachbar sein Fenster offen und hat dabei ein Tonband gespielt mit Aufnahmen, wie ich sie bis dahin noch nicht gehört hatte, und die mich sofort fasziniert haben. Ich bin zu ihm raufgegangen und hab ihn gefragt, was das für eine Musik ist."

Unnötig zu erwähnen, dass es sich bei der neuartigen Musik um Spielarten der alten Tante Blues handelte... Wie ein Besessener studierte er nun das Werk von Genre-Größen wie Robert Johnson oder Blind Lemon Jefferson, um deren Songmaterial zu verinnerlichen und autodidaktisch zu imitieren. Der beträchtliche Arbeitsaufwand machte sich bezahlt, als der eigensinnige Außenseiter mit Ende der 60er-Jahre bereits die gängigsten Genre-Spielarten des Blues beherrschte und sich fortan nur mehr Al Cook nannte. Der Rest ist gewissermaßen Geschichte.

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Amadeo

Die renommierte Wiener Plattenfirma Amadeo veröffentlichte im November 1970 seine Debüt-LP mit dem Namen “Working Man Blues”, die mit selbstkomponierten Nummern überzeugen konnte und auch im Ausland auf reges Interesse stieß. Als kleinen Ausschnitt haben wir die Titelnummer aus dem wegweisenden Werk auf dem Plattenteller liegen: Al Cook mit dem “Working Man Blues”, seiner vielleicht bekanntesten Aufnahme.

In den kommenden Jahren würden noch etliche LP-Produktionen das Licht der Welt erblicken. Doch ungeachtet der positiven Resonanz seitens Kritik und Publikum, blieb Al Cook ein Außenseiter. Seine Performance war dabei nie aufdringlich oder polternd, sondern stets präzise, unaffektiert und auf das Wesentliche reduziert. Umgeben von einer Aura des Unnahbaren, war er zur unkorrumpierbaren Instanz eines Genres aufgestiegen, das es ohne sein Wirken hierzulande wohl erst Jahre später gegeben hätte.

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Wolf Records

www.alcook.at

Anlässlich seines 72. Geburtstages wird heute Abend die Autobiographie “Kein Platz für Johnny B. Goode” (inklusive Konzert) in der Wienbibliothek präsentiert. Im Buch finden sich Al Cooks Erinnerungen an das verschlafene Wien der Nachkriegszeit, die ausklingende Rock-N-Roll-Ära, sein Hadern mit dem Beat-Zeitgeist, die damalige Folk- und Hippie-Ära und auch an seine kurzlebige Rockabilly-Phase in den späten 1980er Jahren. Gute Geschichten, mit Liebe zum Detail erzählt.

Wir beenden eine Ausgabe der FM4 Schnitzelbeats im Zeichen des “Working Man Blues” mit einer rezenten Al Cook-Aufnahme, dem “Southbound Train Blues” aus dem Jahr 2013. Denn Bluesmusiker sind wie guter Wein: Sie reifen mit dem Alter.