Erstellt am: 28. 2. 2017 - 14:00 Uhr
Die Liga der außergewöhnlichen Fußballer
Als Alternative zum etablierten Vereinsfußball soll es künftig auch wilden Fußball in Österreich geben. Die „Wilde Liga Wien“ will Fußball spielen – und das ohne das strenge Reglement des ÖFB. Der Spaß soll im Vordergrund stehen. Auf Organisation und bewährte Regeln wird dabei gepfiffen. Stattdessen will man sich auf die einfachen Grundprinzipien des Spiels konzentrieren. „Man braucht zum Fußball spielen ja nicht mehr als einen Ball, eine ebene Fläche und Dinge, mit denen man zwei Tore markieren kann“, erklärt Daniel Harrasser, Initiator der Wilden Liga Wien.
Carl Johann Holzer
Miteinander statt Gegeneinander
Dabei geht es in der Wilden Liga aber gar nicht darum, ganz ohne Regeln Fußball zu spielen. Man will lediglich die Regeln von Grund auf neu definieren. Diese sollen von den Spielern selbst mitgestaltet werden. Eine steht dabei bereits fest: Schiedsrichter wird es keinen geben. Konflikte, die auf dem Spielfeld entstehen, werden von den beiden gegeneinander spielenden Teams gemeinsam gelöst. „Dabei ist es wichtig, den Gegner nicht als Feind zu sehen, sondern sich gemeinsam um eine Lösung zu bemühen“, so Harrasser. Die Verantwortung kann also nicht abgeschoben werden.
Wilde Liga Wien
Nicht nur Männerteams, sondern auch Frauenteams und gemischte Teams sind bei der Wilden Liga Wien erlaubt. „Jeder kann mitmachen, auch wenn man nicht besonders gut Fußball spielen kann“, erklärt Daniel Harrasser. Damit will man vor allem den im Fußball oft vorherrschenden Themen wie Sexismus, Rassismus und Homophobie den Kampf ansagen. „Niemand soll das Gefühl haben, fehl am Platz zu sein“, so Harrasser. Gleichberechtigung, Vielfalt und gegenseitiger Respekt stehen im Mittelpunkt der Wilden Liga.
Carl Johann Holzer
Bunte Teams
Das Vorbild des alternativen Fußballs kommt aus Deutschland. Dort gibt es solche Ligen bereits seit Mitte der 1970er-Jahre. Diese sind in Universitätsstädten wie beispielsweise Bielefeld oder Freiburg aus einer linken, alternativen Bewegung heraus entstanden. „Und dieses humanistische und wertfreie Wesen der Wilden Ligen ist auch 40 Jahre danach immer noch dasselbe,“ schildert Ralf Palmisano, einer der Organisatoren der Wilden Liga Bielefeld.
Carl Johann Holzer
Laut Schätzungen gibt es in Deutschland mittlerweile über eine halbe Million Interessierte. „Bei uns spielen Menschen mit den verschiedensten Arbeits- oder Bildungshintergründen mit. Der Arbeitslose spielt mit dem Rechtsanwalt gemeinsam Fußball. Die Mischung ist einfach bunt“, so Palmisano.
Eine neue Perspektive
Und genauso bunt sollen auch die Spieler der Wilden Liga Wien sein. Feministische Fußballvereine, Obdachlosenfußballvereine, Fußball-interessierte Flüchtlingsinitiativen und zahlreiche andere Vereine wurden von den Organisatoren bereits angeschrieben. Interesse haben bei der Gründungsversammlung im Wiener Amerlinghaus bereits viele bekundet.
Carl Johann Holzer
Einer davon ist Daniel, der eine Fußballmannschaft mit jungen Flüchtlingen trainiert: „Die Wilde Liga bietet sich für uns an, weil damit eine gewisse Regelmäßigkeit in unseren Spielbetrieb reinkommt.“ Oder auch Julian, der seit seiner Schulzeit nicht mehr Fußball gespielt hat: „Beim Fußball geht es immer nur ums Gewinnen. Und genau dieser Ehrgeiz nervt mich. Ich möchte wieder Kicken wie früher – sich einfach treffen und Spaß dabei haben, ganz ohne Schiedsrichter.“
Wer schlussendlich bei der Wilden Liga mitspielen wird, steht jetzt noch nicht fest. Anstoß soll wahrscheinlich kommenden September sein. Bis dahin muss noch entschieden werden, wo gespielt wird, ob Großfeld, Kleinfeld oder gar im Käfig und wieviele Personen tatsächlich pro Team mitspielen können.