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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

26. 2. 2017 - 16:21

Scratch that game!

"VinylOS" ist eine grandiose Mischung aus Turntable und Videospiel - made in Vienna.

Turntables sind in der Clubkultur oft überschätzt. Manchmal geht es nicht nur darum, mit Hilfe von zwei Decks eine super Party zu machen und ein tolles Set hinzulegen, sondern um eine Art Ritual. Dann hat die Aura rund ums DJ-Pult etwas Mystisch-Religiöses, das sich in ekstatischer Unterwerfung des Publikums niederschlägt, welches die Plattenspieler als erhabene Werkzeuge zum Glück wahrnimmt.

Gamedesigner Josef Wiesner und Medienkünstler Jonas Bohatsch halten dieser seltsamen Ehrfurcht etwas entgegen. In "VinylOS", ihrem Hybrid aus Videospiel und Installation, sind wir aufgerufen, die Turntables nicht nur anzugreifen, sondern sie doppelt zu zweckentfremden: als Spiele-Interface und als Bildschirm.

VinylOS

VinylOS Team

Alternative Controls

Die sogenannte "Alt Control"-Gemeinschaft besteht aus Gamedesignerinnen und Gamedesignern, die mit Anzeige- und Eingabegeräten experimentieren.

"So einen richtig teuren DJ-Turntable darf man ja nie angreifen", sagt Josef Wiesner im Gespräch mit FM4. "Wir versuchen, das zu konterkarieren, in dem wir den Turntable zum Leuchten bringen. Das hat dann etwas sehr Anziehendes. Der Unterschied ist, dass du ihn diesmal angreifen kannst und sogar musst."

Kreative Restriktionen

Jonas Bohatsch und Josef Wiesner

VinylOS Team

Circa sechs Spiele gibt es für "VinylOS" bisher. Manche sind noch rohe Prototypen, andere schon ganz gut spielbar. Beispielsweise eine Art "Space Invaders", wo unser Raumschiff sich rundum auf der Platte dreht. Wenn wir sie bewegen, bewegt sich unser Schiff mit und schießt von der jeweiligen Position aus automatisch. "Ich finde es aus Gamedesigner-Perspektive interessant, harte Restriktionen zu haben, weil daraus einfach die kreativen Sachen entstehen.", so Wiesner (rechts im Bild) weiter.

Magische Platte

"VinylOS" funktioniert mit einem Computer, auf dem die Spielesoftware läuft und einem Beamer, der das Bild von oben auf den Turntable projiziert. Damit die Interaktion funktioniert, wird eine Timecode-Platte verwendet, die auch bei digitalen Vinylsystemen wie etwa "Final Scratch" zum Einsatz kommt. Mehr als die Technik interessiert Josef Wiesner aber die soziale Komponente.

Punkteanzeige bei "VinylOS"

Robert Glashüttner

Mehr Videospiele mit ungewöhnlichen Ein- und Ausgabegeräten gefällig? Das Team VinylOS empfiehlt vor allem die Site Shake That Button.

"Es ist wie beim Wuzzeln: Man schaut zu, und legt eine Münze hin, um zu signalisieren, man ist als nächster dran, nachdem die aktuelle Partie aus ist. Ein bisschen so funktioniert das bei Ausstellungsspielen auch. Dann sieht man schon so ganz Interessierte, die definitiv die nächste Partie spielen wollen. Und die werden ganz oft eingeführt von denen, die es vorher gespielt haben. Das finde ich ein schönes soziales Element an dem Ganzen."

Erster Ritterschlag auf der GDC

Josef Wiesner und Jonas Bohatsch wurden vom Branchenmagazin Gamasutra interviewt.

Nächste Woche (1. bis 5. März) wird "VinylOS" von Josef Wiesner und Jonas Bohatsch bei der renommierten Spieleentwickler/innenkonferenz GDC in San Francisco im Rahmen der "Alt-Ctrl-GDC"-Ausstellung gezeigt. Die beiden sind mit ihrem ungewöhnlichen Projekt dorthin eingeladen worden, was in der Games-Community einem kleinen Ritterschlag gleichkommt. Die FM4-Games-Redaktion wünscht gutes Gelingen beim Präsentieren!