Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Home Alone"

Philipp L'heritier

Ocean of Sound: Rauschen im Rechner, konkrete Beats, Kraut- und Rübenfolk, von Computerwelt nach Funky Town.

12. 2. 2017 - 15:55

Home Alone

Der Song zum Sonntag: Snail Mail - "Thinning"

Es muss auch einmal wieder die Teenage Angst vertont werden. Es gibt sie - auch wenn man dann schon älter geworden ist und so eine vage, schemenhafte Phantom-Vorstellung davon erhaschen hat können, was das bedeuten könnte: Erwachsen werden. Erwachsen sein. Man wird es nicht.

Lieber ab und zu wieder einmal in der dunklen Kammer auf dem Bett liegend die Decke anstarren und die bitteren Tränen nicht trocknen wollen. Die Welt da draußen und die Menschen in ihr als die Gemeinheit begreifen, die sie sind. Schmerz ohne Ziel, Bestrafung, Begnadigung, morgen ist es wieder dunkel, oder vielleicht kommt auch die Sonne.

Snail Mail ist ein schön angestaubter Name, riecht nach Vorgestern und dem goldenen Mief des Humors der Jugend. Vielleicht ist es auch Grunge. Stinkt so fein, tut so gut weh, aua, aua, ah.

Snail mail

Audrey Melton

Lindsey Jordan, Snail Mail

Die amerikanische Musikerin Lindsey Jordan vertont mit ihrem Projekt die geile, die kaputte, die sich immer zu intensiv anfühlende Tagebuchpoesie. Die aber genau so richtig ist, wie sie ist.

Lindsey Jordan ist er erst 17 Jahre alt. Dafür glückt ihr in ihrer Musik die selige Balance zwischen kompletter Ernstmeinung, Betrübtheit, ironischer Brechung und bewusster Übertreibung. "Thinning" ist ein Song über ein Leben, das sich so anfühlt, als würde man für immer auf dem Parkettboden liegen bleiben wollen. Mit dem Gesicht nach unten.

Leben nervt. Alle doof. Ich auch. Rausgehen ist für die Blöden: „Sunlight on the back of my arms just thins me out to a different time“. Dazu kracht die Gitarre, Hall, Verzerrung, Dröhnung. Lindsey Jordans Stimme scheint aus einem anderen Zimmer zu kommen, aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Welt. Hier gehöre ich nicht hin. Das Schlagzeug schleppt sich dahin, gerade mal so, müde, müde, weiterschlafen ist besser.

Die Gefühle dünnen aus, Zweifel, so geht eine zentrale Stelle in "Thinning": "And spend the rest of it asking myself/ Is this who you are? And I don't know".

Weil es aber so schön ist, wenn es kompliziert ist und wir uns es so gerne kompliziert machen, wissen wir auch Folgendes und wiederholen es wieder und wieder: "I don't think there's anything wrong". Eh alles easy, trotzdem sticht's im Schädl und pfeift's im Herz. Kleiner Hit für unter der Bettdecke. Mmm, warm.