Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Russisches Staats-TV trommelt für Trump"

Erich Möchel

Netzpolitik, Datenschutz - und Spaß am Gerät.

9. 2. 2017 - 19:00

Russisches Staats-TV trommelt für Trump

Die Propagandamaschine RT ist derzeit ganz darauf ausgerichtet, den US-Präsidenten gegen die überwiegende Mehrzahl der US-Medien zu verteidigen

Die Russland zugeschriebenen Einbrüche in hochrangige US-Netze waren mit der Wahl Donald Trumps abrupt zu Ende. Nun sind aber gleich drei solcher Fälle in Europa aufgetaucht. Anfang Februar wurden staatlich gelenkte Attacken auf die Außenministerien Norwegens, Tschechiens und Polens bekannt. Das russische Staats-TV RT wiederum ist seit November zu einem regelrechten Trump-Propagandasender mutiert. Dabei greift man mittlerweile auch auf Methoden der Desinformation zurück.

So werden bei Berichten, wie jenen am Wochenende über die Demonstrationen in Berkeley gegen den Auftritt eines rechtsextremen Provokateurs und Trump-Freundes, entscheidende Informationen einfach verschwiegen. Am Dienstag rotierte dann die Meldung in RT, der deutsche Geheimdienst BND habe keine Beweise für eine direkte Einmischung Russlands in Deutschlands Innenpolitik durch die Verbreitung von "Fake News" gefunden. Der Begriff "Falschnachrichten" greift hier nämlich nicht.

RT

Wie der selektive "Spin"funktioniert

Basierend auf Untersuchungen der US-Geheimdienste hatte Barack Obama im Dezember schwere Vorwürfe gegen Russland wegen versuchter Manipulation der US-Präsidentschaftwahl erhoben

Direkte Falschmeldungen sind das nicht, denn der "Spin" der Nachricht geschieht durch selektive Berichtstattung in Kombination von an sich echten Aussagen mit ebenso echten Bildern, die erst zusammen - wie im Fall Berkeley - eine handfeste Manipulation darstellen. Der offen rassistisch auftretende Politclown Milo Yiannopoulus - sein geplanter Auftritt war der Anlassfall für die Demonstration in Berkeley - wurde in RT als namenloser "leitender Redakteur der Website Breitbart-News" bezeichnet. Und nicht als Reality-TV-Selbstdarsteller, der auch die rechtextreme Website Breitbart für seine Provokationen nützt.

CC-Wikipedia

Milo Yiannopulos bezeichnet sich selbst gern als "gefährlichste Schwuchtel der Welt", wenn er gegen Frauen oder Moslems und andere Minderheiten hetzt.

In RT war weder Yiannopoulos selbst im Bild zu sehen - das hätte bereits die Frage nach seiner Seriosität geklärt - noch die große, friedliche Demonstration gegen seinen Auftritt. RT zeigte vielmehr das ganze Wochenende über ein paar Dutzend nächtliche Randalierer, die nach der Demo in Erscheinung getreten waren. Diese Bilder der Ausschreitungen wurden mit lobenden Worten einer demokratischen Kongressabgeordneten unterlegt, die sich allerdings klar auf die friedliche Demonstration davor bezog.

Desavouierte Kritiker

Die Methode ist dabei seit Wochen dieselbe: Trump wird von RT unterstützt, indem seine Kritiker systematisch desavouiert werden. Die offen manipulativen Sequenzen aus Berkeley wurden - mit Verweisen auf den ersten Zusatz der US-Verfassung zur Redefreiheit - das Wochenende über im Stundentakt wiederholt. Alle Ereignisse in Bild und Originalton hatten so stattgefunden, alle Personen im Bericht waren echt und auch der Zeitpunkt stimmte. Verschwiegen wurde nur die friedliche Demonstration gegen Rassismus davor sowie ihr Anlass - dadurch wurde die Aussage eine Falschnachricht: Randalierender Mob hindert einen leitenden Redakteur einer Nachrichtenwebsite an der Ausübung seines Rederechts.

Im März 2016 hatte RT überraschend verkündet und tagelang wiederholt, dass die Mission russischen Streitkräfte in Syrien angeblich beendet sei Weniger später traf ein Verband russische Kriegsschiffe vor der syrischen Küste ein.

"Fake Bews" erst bei der Rezeption

Nach diesem Muster, bei dem die eigentliche Falschnachricht erst bei ihrer Rezeption durch eher unbedarfte TV-Konsumenten entsteht, funktioniert die gesamte Desinformationsmaschine von RT. Der im Stundentakt wiederholte Meldungsblock beinhaltet keineswegs die wichtigsten News-Events des Tages, sondern jene Berichte, die am besten in die Linie passen.

Der gesamte Sendebetrieb von RT ähnelt so weniger einem internationalen "Newsreel" - denn die Nachrichtenauswahl ist dafür einfach zu willkürlich - sondern eher sogenannten "Psychologischen Operationen" (PsyOpS), wie sie in jeder Armeedoktrin enthalten sind. Sie umfassen eine ganze Reihe geheimdienstlicher Operationen, die man als "Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln" beschreiben könnte.

Trump auf dem Sender RT

RT

PsyOps

Ganz oben steht dabei: Einflussnahme auf die jeweilige Öffentlichkeit. Solche "PsyOps" fallen qualitativ in eine ähnliche militärische Kategorie wie die Spionageangriffe auf Regierungsstellen und öffentliche Einrichtungen, weil es nicht allein bei der geheimdienstlichen Nachrichtenaufklärung bleibt. Der jeweils anderen Seite wird mit dem Auffliegen eines Einbruchs auch immer eine Nachricht überbracht.

Als der Syrien-Krieg zwischendurch aus den RT-News verschwand, dominierten Neonazis, Kindesmissbrauch und sexuelle Belästigung in Europa durch Migranten die RT-Nachrichten

In diesem Fall wurde der NATO über ihre Mitglieder Polen, Norwegen und Tschechien ausgerichtet, dass Russland sie "Ad Notam" hält. Das entspricht der "On Notice"-Warnung von US-Präsident Donald Trump gegenüber dem Iran und bedeutet, das Land ist unter "unter genaue Beobachtung gestellt". In Tschechien sollen Dokumente über Verhandlungen zur europäischen Sicherheitsstrategie und Treffen des Militärkomitees der EU-Kommission gestohlen worden sein. In Norwegen standen auch der Militärstab, die Strahlenschutzbehörde und die größte Oppositionspartei im Fokus der Angriffe, für die ein Sprecher des norwegischen Inlandsgeheimdienstes (PST) direkt den russischen Armeegeheimdienst GRU verantwortlich machte.

Russische Bären des GRU

Wie im Fall der Angriffe auf den demokratischen Parteikongress während des Wahlkampfs in den USA soll eine als "Fancy Bear" bzw. "APT28" bekannte Einheit der GRU dahinter stecken. Das Kürzel APT steht für "Advanced Persistent Threat", gemeint sind damit professionelle staatliche Akteure, die in fremde Netze eindringen und sich dort festsetzen. In den weitaus meisten Fällen sind Angreifer wie "APT28" schon weit länger im jeweiligen System, bevor sie dort erstmals auffallen.

Konfrontation kündigt sich an

Das Eingreifen Russlands in Syrien war deshalb nötig, weil die USA völlig plan- und erfolglos agierten - dieses Narrativ zieht sich durch alle RT-Berichte zum Syrienkrieg.

In diesem konkreten Fall ging es offenbar um aktuelle Nachrichtenaufklärung, denn seitens der NATO findet in diesen Wochen die größte Truppenverlegung in Richtung russischer Westgrenze statt. In Litauen treffen gerade deutsche und amerikanische Panzerbataillone ein, weitere NATO-Kampfgruppen werden in Lettland, Estland und Polen stationiert. Russland hatte bereits angekündigt, auch seinerseits Truppen an diese Grenze zu verlegen. Zum Start der baltischen Manöver flammte im Osten der Ukraine der bewaffnete Konflikt mit den paramilitärischen Einheiten der russischen Minderheit wieder auf.

Liveuamap.com

Die beiden blauen Symbole in der linken Bildhälfte zeigen eine Drohnenoperation vom Mittwoch. Einer der beiden "Global Hawks" näherte sich dabei der Frontlinie bis auf wenige Kilometer. Quelle ist die ukrainische Website liveuamap.com, die auch den Konfliktverlauf in Syrien dokumentiert.

Am Mittwoch operierten erneut US-Aufklärungsdrohnen vom Typ Global Hawk nahe der Frontlinie des Konflikts um Donetsk. In Syrien ist es wiederum nur noch eine Frage von Tagen bis die Armeeeinheiten des NATO-Staats Türkei, die zur Unterstützung der sogenannten "moderaten" Rebellen in Syrien einmarschiert sind, erstmals den Truppen des Assad-Regimes direkt gegenübersteht. Die wiederum werden bekanntlich von Russland militärisch unterstützt.

Allianz mit Ablaufdatum

All das zusammen zeigt, dass der momentane Kuschelkurs des russischen Staatsfernsehens mit dem neuen US-Präsidenten nicht lange halten wird. Bis dahin aber nützt Russland die absurde Situation weidlich aus und verteidigt zusammen mit dem rechten US-Boulevard-Kanal Fox News den Präsidenten der USA gegen die überwältigende Mehrheit der Medien in den USA und in Europa. Mit Trump und seinem Chefberater Steve Bannon, der davor vier Jahre lang Chef des rechtsextremen Channels Breitbart war, ist man sich dabei einig, dass "Mainstream-Medien" wie BBC oder CNN, der Spiegel oder die New York Times, stets "unehrlich" berichten, indem sie wichtige Nachrichten verschweigen oder manipulieren.