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Lukas Lottersberger

Lukas Lottersberger

Lukas Lottersberger

Politik, Alltägliches und andere Kuriositäten.

7. 2. 2017 - 17:16

"Der Höhepunkt wurde erreicht"

Die Pläne für eine Strafminderung bei Korruptionsdelikten haben in Rumänien zu den größten Protesten seit 27 Jahren geführt. Die Regierung hat eingelenkt, doch die Proteste gehen weiter.

Die anhaltenden Proteste in Rumänien haben die rumänische Regierung massiv unter Druck gesetzt. Am Sonntag hat Premierminister Sorin Grindeanu einen Rückzieher gemacht: Denn seit Tagen waren tausende Menschen täglich auf die Straßen gegangen, um gegen eine Eilverordnung zu demonstrieren, die eine Milderung der Korruptionsgesetze bedeutet hätte. Amtsmissbrauch wäre erst ab einem Streitwert von über 200.000 Lei (44.000 Euro) strafbar gewesen.

Justizminister Florin Iordache begründete die geplante Gesetzesänderung als Maßnahme gegen die "Überfüllung der Gefängnisse". Viele sahen darin jedoch eine Maßnahme, die "korrupte politische Elite" zu schützen.

Proteste in Rumänien

DANIEL MIHAILESCU / AFP

Proteste in Bukarest

"Es war ein von langer Hand geplanter Coup gegen die rechtsstaatlichen Institutionen in Rumänien - so werten es Experten, Oppositionsparteien, zivilgesellschaftliche Organisationen und auch Europa", sagt Laura Balomiri, Journalistin und Rumänien-Korrespondentin der Tageszeitung Der Standard.

Der Justizminister als Bauernopfer?

Justizminister Florin Iordache wird nun auch von Premier Grindeanu für seine Erklärung kritisiert, und scheint als Bauernopfer herhalten zu müssen. Die Zeichen stehen darauf, dass er noch diese Woche aus dem Kabinett entlassen werden soll.

Der rumänische Präsident Klaus Johannis, der sich letzte Woche noch unter die Demonstranten gemischt hatte, hat heute Dienstag vor den Abgeordneten des Parlaments gesprochen. In der Rede machte er die Sozialdemokraten für die Krise verantwortlich und forderte von ihnen eine Lösung.

Rumäniens Präsident Klaus Iohannis im Parlament

DANIEL MIHAILESCU / AFP

Präsident Klaus Johannis

Der Rückzug bei der Eilverordnung sei laut Johannis "eindeutig zu wenig", Neuwahlen wären "zum aktuellen Zeitpunkt zu viel." Die Parlamentswahlen liegen erst etwas mehr als ein Monat zurück. Trotzdem forderten die Demonstranten in den vergangenen Tagen den Rücktritt der Regierung, was Neuwahlen bedeuten könnte. Fraglich ist jedoch, ob das Wahlergebnis bei vorgezogenen Wahlen so viel anders aussehen würde, als im Dezember.

Transparency International: "Schlupflöcher stopfen"

Die Anti-Korruptions-NGO Transparency International war eine der Organisationen, die die geplante Gesetzesänderung scharf kritisierte - und besonders, dass die Bevölkerung nicht ausreichend miteinbezogen und informiert wurde. "Wir schauen uns deshalb die Arbeit des Parlaments genau an", sagt Sprecher Victor Alistar. Außerdem "fordern wir von der Regierung und allen politischen Parteien Präventivmaßnahmen, und dass gesetzliche Schlupflöcher gestopft werden."

In den letzten Jahren wurden in Rumänien einige Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung gemacht, dennoch ist sie noch immer auf allen Ebenen des Landes alltäglich. Präsident Johannis forderte in seiner Rede im Parlament erneut "Integrität" von den Politikern ein.

Proteste haben Höhepunkt erreicht

Am vergangenen Wochenende demonstrierten rund 600.000 Leute in ganz Rumänien gegen die Regierung. Es waren die größten Proteste seit dem Sturz Nicolae Ceaușescus. Auch zu Beginn dieser Woche demostrierten allein in der Hauptstadt Bukarest 10.000 Menschen. Victor Alistar von Transparency International glaubt aber nicht, dass die Proteste erneut die Dimensionen von vergangenem Wochenende erreichen.

Proteste im Rumänien, Massen aus der Vogelperspektive

ANDREI PUNGOVSCHI / AFP

"Der Hauptgrund für die Proteste war die Entscheidung [über die Gesetzesänderung] selbst", meint der Transparency-International-Sprecher. "Diese wurde zurückgezogen. Die zweite Forderung war die Entlassung des Justizministers, der wegen einer schlechten Erklärung dafür verantwortlich gemacht wurde, obwohl natürlich die gesamte Regierung die Verantwortung trägt", so Alistar.

Ob dieses "Entgegenkommen" der Regierung die Bevölkerung genug beruhigt hat, wird man spätestens kommendes Wochenende sehen. In den Social Media wird jedenfalls weiter für Demonstrationen mobilisiert.