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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

6. 2. 2017 - 16:10

The daily Blumenau. Monday Edition, 06-02-17.

Vor Spielbeginn. Was die aktuellen Kennzahlen über die Frühjahrs-Saison im heimischen Profi-Fußball verraten.

#fußballjournal17 #österreich-bundesliga

The daily blumenau hat im Oktober 2013 die bisherige Journal-Reihe (die es davor auch 2003, '05, '07, 2009 und 2011 gab) abgelöst und bietet Einträge zu diesen Themenfeldern.

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Morgen gibt sich die Bundesliga den Startschuss für die Frühjahrssaison - die am Samstag losgeht; die internationalen Club-Bewerbe starten ebenfalls morgen, mit den ersten Play-Off-Spielen der Youth League. Salzburgs U19 ist am Mittwoch (18:00 gegen Man City) dran.

Ich weiß ja, warum ich über schon im Herbst getroffene Vorhersagen fürs Saisonende immer ganz viel lache. Im Winter verkleidet sich die Liga derart bis zur Unkenntlichkeit, dass eigentlich abgebrochen werden müsste, wegen Wettbewerbsverzerrung.

Bei zumindest sieben von zehn Vereinen der obersten Spielklasse startet die Frühjahrs-Saison nämlich unter völlig neuen Voraussetzungen: entweder müssen sich Spieler an neue Trainer, Trainer an neue Spieler, Teams an neue Systeme oder den Wegfall der Besten oder auch ganze gewachsene Strukturen (wie den Sturz des sportlichen Leiters) gewöhnen. Wie in Ried, wo Stefan Reiter noch schnell weggemobbt wird. Wie in der Südstadt, wo neue Machthaber gänzlich alles umfärben. Wie in Mattersburg oder Altach unter einem neuen Coach. Wie bei Rapid mit einem völlig neuen System unter einem noch frischen Coach (samt in Österreich grünem Sportdirektor), ebenso wie in St.Pölten noch dazu mit massivem Spieler-Austausch. Wie in Graz, wo zwei der besten (Uros und Bright) weg/rausgekauft wurden und sich so die Spielanlage verändert. Dazu kommt der übliche Blutverlust bei Red Bull (Dayot ist der siebente Ex-Salzburger in Leipzig, Tendenz steigend).

Bis auf die Austria und Wolfsberg (die auch noch Issiaka Ouedraogo zurückbekommen konnten) konnte sich also keine Mannschaft aufbauend vorbereiten, also eine im Sommer(-Camp) entwickelte Idee im Winter(-Trainingslager) verfestigen. Dort wo die Arbeit an Routinen und der Erwerb zusätzlicher Fähigkeiten guttäten, herrscht Panik und Hysterie.

Wobei sich auch die Baustellen-Leiter am Verteilerkreis dem nicht entziehen konnten, was die Anzahl von (zu vielen) ausländischen Spielern betrifft. Rapid wollte einige seiner neun (das sind drei mehr als der ligainterne Finanzausgleich erlaubt) loswerden (Müller/Büskens stolperten nicht zuletzt über diese Unkenntnis), die Austria entschied sich bewusst dagegen. Auch St.Pölten bezahlt mehr Spieler als eingesetzt werden dürfen. Schlimm sieht es auch in Liga 2 aus, wo die Ausländer-Regelungen noch diffiziler sind: Lustenau, Wattens und der LASK überziehen, bei Horn und Salzburgs Filiale Liefering fallen genau die Hälfte aller Spieler unter die Ausländer-Regel. Red Bull Eins führt mit 22 von 30 diese Liga klar an.

So wie auch das Gewinn-Ranking, das allerdings mit Vorsicht zu genießen ist: die 10 Millionen, die aus Leipzig für Upameacano nach Salzburg flossen, sind firmenintern verbuchbares Spielgeld. Real money gab es für Matic aus Kopenhagen (3 Mio) und Edomwonyie aus Rize (1,2 Mio). Und auch 1.Liga-Torschützenleader Dwamena, der von Lustenau zum FCZ in die Schweiz wechselte, wird wohl nettes Geld gebracht haben. Ebenso wie bei Transfers wie denen von Windbichler, Pejic, Ovenstad, Doumbaya, Riemann, Joao Pedro oder Fridrikas nicht nur mit Gegengeschäften und Glasperlen gedealt wurde. Einzig beim Innsbrucker Nachwuchs-Talent Takir hat Salzburg die bezahlten 300.000 Euro offengelegt.

Eine in früheren Zeiten durchaus gruselige Statistik hat sich in den letzten Jahren beruhigt, artete auch diesen Winter nicht aus: es wurde vergleichsweise wenig für wenig bekannte Spieler aus dem Ausland ausgegeben, mehr als ein Dutzend war es gar nicht, in den beiden ersten Ligen zusammengenommen. Zudem wurden mit Chabbi, Leitgeb, Janeczek und vor allem Ümit Korkmaz auch wieder ein paar Österreicher heimgeholt.

Die Export-Quote für heimische Kicker im besten Team-Alter, schon in den letzten Jahren schwach, fiel hingegen ab: Windbichler nach Südkorea, that's it.
Die anderen interessanten Transfers österreichischer Spieler im Ausland fanden nur übers Ausland (oder über die Akademien) statt. Nix ist es mit der vielbeschworenen Ausbildungs-Liga.

Die schwache Euro wirkt auch hier nach: Europa sucht seine Talente eher nicht in der Bundesliga, allerdings wurden interessante Spielerkarten wie Schaub oder Alar, auch Oberlin oder Monschein trotz Anfragen nicht ausgespielt, sondern aufgehoben. Und weil die heimischen Vereine ein traditionell schwaches Timing haben, was den richtigen Moment ein Talent loszulassen betrifft, wird sich das in einigen Fällen noch rächen. Bei Schobesberger oder Stangl etwa wurde der richtige Zeitpunkt schon verpasst.

Die Meisterschaft wird Salzburg, sofern sie sich nicht selber im Weg stehen (und das gilt auch für den zur Hektik neigenden Leitungs-Bereich), nicht zu nehmen sein - nicht wegen des absurden Stürmer-Überschusses, sondern der hohen personellen Qualität (auch den besten jungen Österreichern: Lazaro, Laimer, Schlager...) und der im Vergleich zum Beginn der Oscar-Ära simplifizierten Spielanlage.
Die Austria sollte, wenn gröbere Konflikte und Verletzungen zentraler Akteure ausbleiben, als Nummer 2 einlaufen, dahinter ist für Altach, Sturm und Rapid alles mögliche denkbar.
Sturm ist aktuell zwar personell für mehr Variabilität gerüstet, dazu bedarf es aber eines Trainerteams, das derlei dann auch kann; und zulässt. Außerdem ist ein Abtauchen in die Niederungen der Liga-Normalität, also ins Mittelmaß genauso denkbar wie bei Altach, das seine unglaubliche Serie nach menschlichem Ermessen gar nicht halten kann (selbst wenn Martin Scherb der große Houdini ist) und zudem Oberlin verloren hat.
Bei Rapid ist alles davon abhängig, ob Damir Canadi den Garpunkt seiner Mannschaft findet, sie mit dem 3-5-2 vertraut machen und den Glauben an sich selber erneuert; die jetzt so hoch gehängte Verletzungsserie wird weniger Rolle spielen als erwartet.

Im unteren Playoff werden sich Ried und die Admira durch den grobianistischen Austausch von Schlüsselkräften (Lederer/Reiter) womöglich noch mehr in die Bredouille bringen als ihnen lieb ist - es sei denn bei St.Pölten und Mattersburg werden weiter dumme Fehler gemacht werden; wovon man bei den von inneren Machtkämpfen zerrissenen Vorzeigeprojekten des LHs i.R. schon ausgehen sollte; und wofür das Projekt im Reiche Puchers auch immer gut ist.

In Liga 2 werden bereits die Weichen für die übernächste Saison gestellt. Der LASK, Lustenau und vielleicht noch Innsbruck spielen sich schon für die 12er-Liga ein, während die unteren Vier (Horn, Wattens, FAC und BW Linz) aktuell selbst ihre Tauglichkeit für die künftige zweite Leistungsstufe aufs Spiel setzen. Ihr Glück, dass aus den Regionalligen gerade niemand rauf will (Grödig vielleicht ausgenommen) oder kann (wie die nach dem Tod des Chef-Mäzens bewegungslose Vienna).

Profi-Fußball bleibt in Österreich eine enge Angelegenheit, mit Interdependenzen allerorten: jede Veränderung eines einzelnen Players hat Auswirkungen auf das (in sich fragile) Gesamtgefüge. Jeder Wegfall eines Spielortes, einer visionären Kraft, eines modern denkenden Trainers verschlechtert die Qualität der Spieler und des Sports. Genauso wie bei den Problemen der bis dato wackeligen Infrastruktur, die die Liga-Verantwortlichen zwischenzeitlich in den Griff bekommen haben, ist die Frage der Qualitätssicherung eine Frage des Überlebens.