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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

3. 2. 2017 - 16:13

"Muslim Ban" und die Games-Industrie

Große und kleine Studios sowie Wortführer der Spielecommunity machen gegen das umstrittene US-Einreiseverbot für Menschen aus sieben islamisch dominierten Ländern mobil.

Genau zwei Wochen ist US-Präsident Donald Trump nun im Amt und genau eine Woche ist es her, dass er das umstrittene und verfassungsrechtlich höchst ambivalente Dekret unterzeichnet hat, das Menschen aus sieben islamisch dominierten Ländern die Einreise in die USA für zumindest 90 Tage verunmöglicht.

Wenige Stunden nach der Unterzeichnung gab es Chaos auf Flughäfen, Bilder von verzweifelten Menschen, die von ihren Familien abgeschnitten worden sind und eine bemerkenswerte Widerstands- und Solidaritätswelle von US-Amerikaner/innen, die quer über alle demographischen Gruppen und politischen Einstellungen hinweg reicht, von Michael Moore über Kim Kardashian bis Arnold Schwarzenegger.

Solidarität von den "Kleinen" ...

Nachdem Trump sich ja auch am Silicon Valley stößt, wo internationale Teams üblich sind, haben viele der mittelgroßen und großen Tech-Konzerne bereits mehr oder weniger klar Stellung bezogen.

Wenige Tage später ist die Games-Industrie nachgezogen. Kein Wunder: Videospielkultur ist stark international geprägt und hat sich bereits in ihren Ursprüngen in zwei sehr unterschiedlichen Ländern individuell entwickelt: den USA und Japan. Heute gestalten aufgrund einfach zugänglicher Tools Menschen aus aller Welt digitale Spiele und sind Mitarbeiter/innen von international geprägten Games-Studios.

Die meisten Spenden gehen an die NGO ACLU, kurz für American Civil Liberties Union.

Der sogenannte "Muslim Ban" hat vor allem bekannte Indie-Games-Firmen dazu veranlasst, die Einkünfte aus ihren Spielen NGOs zu spenden bzw. zur Spende aufzurufen. Darunter etwa Polytron ("FEZ"), Cardboard Computer ("Kentucky Route Zero") oder Vlambeer ("Nuclear Throne"). Die in Manhattan ansässige Firma Playdots hat in ihrem populären Smartphone-Spiel "Dots" eine klare Botschaft gegen Vorurteile und für Pluralität eingeblendet, die mittlerweile bereits Millionen von Spieler/innen gesehen haben.

... und den "Großen"

Große Games-Studios sind derzeit noch etwas verhalten in ihren offiziellen Stellungnahmen. Vieles dürfte in firmeninternen Aussendungen und Klarstellungen passieren, das nicht an die Öffentlichkeit dringt - und wenn doch, dann nur als Leak, wie etwa hier bei Blizzard Entertainment.

Ohne lange zu zögern hat sich allerdings Insomniac Games ("Ratchet & Clank", "Resistance") zur Causa geäußert. Die Firma hat zwei Niederlassungen in den USA und beschäftigt rund 200 Mitarbeiter/innen.

Rückschlag für die GDC

Der "Muslim Ban" beschäftigt innerhalb der Games-Branche derzeit auch die Ende Februar startende Game Developers Conference GDC, die jedes Frühjahr in San Francisco über die Bühne geht und als wichtigste Fachveranstaltung gilt. Der bekannte Spieleentwickler Navid Khonsari ("1979 Revolution: Black Friday") und der Games-Produzent und Industrievertreter Shahid Kamal Ahmad haben aufgrund ihrer Herkunft und der teilweise geäußerten Vermutung, politisch beobachtet zu werden, mitgeteilt, dass sie auf ihren geplanten Besuch der GDC verzichten werden.

Die Organisatoren haben ein Statement abgegeben, dass bereits bezahlte Tickets komplett refundiert werden, wenn jemand aufgrund der neuen Einreisebestimmung nicht in die USA zur GDC reisen kann. Auf Polygon finden sich die Details dazu. Währenddessen hat der Indie-Games-Publisher Devolver Digital angeboten, Games von Menschen auf der Konferenz zu präsentieren, die dieses Jahr selbst nicht kommen können.

Did Rami get random checked?

Erfahrung mit regliöser Diskriminierung hat der bekannte Indie-Games-Entwickler und Industrienetzwerker Rami Ismail von Vlambeer schon über die letzten Jahre hinweg gesammelt. Auf der Site Did Rami Get Random Checked hat er alle unangekündigten Durchsuchungen aufgelistet, die ihm bei seinen vielen Flügen im Jahr 2014 untergekommen sind. Bei über 20 Prozent aller Reisen ist so ein random check passiert.

Rami Ismail ist Niederländer, der von seinem ägyptischen Vater muslimisch erzogen worden ist. Im Guardian schreibt er anlässlich "Muslim Ban" unter anderem, wie sich die Bedenken seiner Mutter verändert haben. Früher hat sie sich Sorgen gemacht hat, wenn er in unsichere Länder eingereist ist. Heute macht sie sich Sorgen, wenn er in die USA reist.