Erstellt am: 31. 1. 2017 - 16:21 Uhr
Stadt, Land, Wasserkraftwerk?
FM4 Auf Laut
Am 31. Jänner ab 21.00 Uhr und im FM4 Player: Druck an der Mur
Mit uns diskutieren die Ökologin Romana Ull, die sich bei "Rettet die Mur" engagiert, und Eduard Doujak vom Institut für Energietechnik und Thermodynamik der TU Wien.
Ihr könnt mitreden unter 0800 226 996
Stehst du auf der Hauptbrücke in Graz, siehst du das Kunsthaus mit seiner noch immer futuristisch-freundlichen Fassade, die sich die britischen Architekten Peter Cook und Colin Fournier ausgedacht haben. Lässt du das Auge schweifen, siehst du ein paar Meter weiter schöne Altbauten, einmal um 180 Grad gedreht die Franziskanerkirche mit ihrem Glockenturm, der mit 68,5 Metern der höchste in der Innenstadt.
Auf der Hauptbrücke stehend kannst du auch schräg nach unten schauen. Da fließt die Mur, die sich durch ihr Rauschen ohnehin schon bemerkbar gemacht haben wird. Wäre es ein sonniger Sommernachmittag, hätte sich eine Traube an Menschen gebildet, die über das Brückengeländer schauen und den Surfern zusehen.
CC BY-SA 2.5 Andrew Bossi via Wikicommons
Genau da, wo die Fluss-Surfer „ihre Welle“ haben, wird die Mur in den nächsten Jahren ruhig werden. Denn an der Mur wird seit 2. Jänner dieses Jahres ein neues Wasserkraftwerk gebaut, dessen Rückstau bis zum Kunsthaus reichen wird. Die Stauwurzel befindet sich laut zukünftigem Kraftwerksbetreiber Energie Steiermark AG auf Höhe des Kunsthaus Graz. Das Wasserkraftwerk wird 600 Meter nördlich der Puntigamer Brücke gebaut.
Strom für 20.000 Haushalte
Bei einer Investitionssumme von ca. 80 Millionen Euro soll das neue Wasserkraftwerk eine Engpassleistung von 17,7 MW erbringen und 20.000 Haushalte mit Strom versorgen. Die Energie Steiermark AG trägt 37,5 Prozent der Kosten des Kraftwerkbaus. Mehrheitseigentümer der Energie Steiermark AG ist das Land Steiermark. "Am Projekt ist derzeit das Tochterunternehmen Energie Graz mit einem Anteil von 12,5 Prozent beteiligt", heißt es in einer Pressemitteilung der Energie Steiermark AG.
Ursprünglich hatte man die Verbund AG als Partner im Boot, aber der Verbund zog sich im März 2016 vom Projekt zurück. Als Grund nannte er die derzeit niedrigen Stromgroßhandelspreise - damit ginge sich eine solche Investition nicht aus. Laut Energie Steiermark AG ist das Bauprojekt aber ausfinanziert und der Konzern führe erneut Gespräche mit dem Verbund sowie mit Wien Energie.
Ohne Volksbefragung
2011, noch während der Umweltverträglichkeitsprüfung, hat der Grazer Gemeinderat mit einer Mehrheit von ÖVP, SPÖ und FPÖ für das neue Murkraftwerk gestimmt. Die Grazer Grünen wollten eine Volksbefragung, kamen damit aber nicht durch.
Die überparteiliche Plattform „Rettet die Mur“ sammelt seit Jahren Unterschriften gegen den Bau des neuen Wasserkraftwerks in Graz. Im September 2016 hatte „Rettet die Mur“ der Stadt Graz über 10.000 gültige Unterschriften für eine Volksbefragung vorgelegt. Doch die Mehrheit im Stadtsenat folgte der Empfehlung der Juristen im Rathaus, einen negativen Bescheid auszustellen, weil die Fragestellung nicht ausreiche, um eine Volksbefragung durchzuführen. Und weil es sich beim Murkraftwerk Graz nicht um eine zukünftige Planung handle, sondern um eine, für die alle Entscheidungen gefallen wären. „Rettet die Mur“ hat beim Landesverwaltungsgericht Steiermark Beschwerde gegen den negativen Bescheid eingelegt. Der Verfassungsjurist Heinz Mayer hält fest, dass die von "Rettet die Mur" geforderte Volksbefragung nicht abgelehnt hätte werden dürfen. Die Initiative spricht von bis zu 2.000 Menschen, die am 21. Jänner gegen das neue Kraftwerk protestiert haben.
Stefan Leitner
Vorzeitige Gemeinderatswahl
Die Annenpost mit einer detailreichen Zusammenfassung rund um das Murkraftwerk Graz
Kommenden Sonntag wählen die GrazerInnen einen neuen Gemeinderat. Vorzeitig. Denn der amtierende Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP hat für seinen Budgetplan keine Mehrheit gefunden, die KPÖ zog nicht mit. Die Grazer KommunistInnen hatten sich für eine Volksbefragung zum geplanten Murkraftwerk stark gemacht, das wiederum lehnte Siegfried Nagl ab. Die KPÖ Graz stellt mit Elke Kahr aktuell die Vizebürgermeisterin. Für die Grazer KommunistInnen ist die Beteiligung durch die Energie Graz am Murkraftwerk Graz sowie die Kosten für den Zentralen Speicherkanal ein "finanzieller Hochseilakt".
Graz wählt
Wer sind die SpitzenkandidatInnen der antretenden Parteien und was versprechen sie? Pia Hierzegger hat sie am Freitag im Theater im Bahnhof zu Gast.
Der Zentrale Speicherkanal wird parallel zum neuen Kraftwerk gebaut und soll verhindern, dass Abwässer aus der Kanalisation bei Starkregen in die Mur fließen. 80 Millionen Euro kostet allein dieses Projekt. 2011 wurden die voraussichtlichen Kosten noch mit vierzig Millionen Euro kolportiert. Die Energie Steiermark AG plant, diesen Zentralen Speicherkanal in Kooperation mit der Stadt Graz via Holding Graz zu errichten.
Radio FM4
Bedenken wegen Baum- und Fischbestand
KritikerInnen des Kraftwerks befürchten eine Verschlechterung der Wasserqualität der Mur, die Energie Steiermark AG spricht von einer Verbesserung der Wasserqualität. Im Zuge der Baumaßnahmen für das Kraftwerk werden außerdem über 16.000 Bäume am Murufer geschlägert. Für jeden gerodeten Baum werden zwei neue gepflanzt, verspricht die Energie Steiermark AG. Der Landesfischereiverband Steiermark bangt um die letzten Wildfischbestände. Die Energie Steiermark AG führt in ihrem „Katalog der Öko-Maßnahmen“ an, Fische nach Beendigung der Baumaßnahmen anzusiedeln, Reptilien und Fledermäuse sollen umgesiedelt werden.
Die KritikerInnen von "Rettet die Mur" wollen kommenden Samstag erneut gegen das Kraftwerk demonstrieren. Die Energie Steiermark AG hat ein Dialogbüro eingerichtet.
FM4 Auf Laut: Druck an der Mur
Seit Anfang Jänner wird in Graz ein neues Murkraftwerk gebaut. Der Protest dagegen reißt nicht ab. KritikerInnen halten das Wasserkraftwerk nicht nur für unökologisch, sondern auch für unwirtschaftlich.
Welche Möglichkeiten zur Mitbestimmung ihres Lebensraums hat die Generation nach Hainburg? Wie sauber ist Wasserkraft? Und wie kann ein demokratischer Interessensausgleich zwischen Energiebedarf und Umweltschutz aussehen?
Mit uns diskutieren am 31. Jänner die Ökologin Romana Ull, die sich bei "Rettet die Mur" engagiert, und der Wissenschaftler und Wasserkraftexperte Eduard Doujak von der TU Wien.