Erstellt am: 30. 1. 2017 - 15:13 Uhr
What a fat fuck!
“I want to save my life as long as I still care about it” - diese und ähnlich schöne Sätze knallt Sarah Jessica Parker, die in die Rolle der unruhigen, unglücklichen Frances schlüpft, ihrem eher hohlköpfig porträtierten Ehemann Robert (Thomas Haden Church) vor die Füße.
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An der Stelle könnte man sonst: „Gut, aber jetzt von vorne“ sagen, ist aber in diesem Fall nicht nötig. Der Name "Divorce" spoilert wahrheitsgemäß, die Serie beginnt dort, wo die meisten Serien oder Filme, die sich mit zwischenmenschlichen Beziehungen auseinandersetzen, aufhören. Serien wie „Love“ oder „Girls“ erzählen von der Beziehungsunfähigkeit der Mittzwanziger. In „Divorce“ gibt es sich hassende, anschreiende und/oder tödlich in ihrer Vorstadtidylle gelangweilte Mittvierziger.
Kein Sex in der City, sondern Stress in der Vorstadt
Sarah Jessica Parker erneut in eine Serienrolle schlüpfen zu sehen - die erste seit zwölf Jahren, nach dem Ende ihres Riesenerfolgs als Carrie in „Sex and the city“ - ist zuerst gewöhnungsbedürftig. Tapfer, verhärmt und natürlich gealtert steht sie als Frances in der ersten Szene vor dem Spiegel und betrachtet sich selbst. Die Szene wird durch ihren idiotischen Ehemann unterbrochen, der sie darauf hinweist, er habe sich in eine Kaffeedose in der Garage erleichtern müssen, weil beide Bäder besetzt seien. Das ist ein erster Moment, in dem man sich fragt, wieso eine charmante Frau sich jemals mit einem solchen Trottel abgegeben hat.
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Frances und Robert leben gut situiert in einer Vorstadt. Die Villa ist toll, die Autos auch, die halbwüchsigen Kinder momentan ein bisschen zu pubertär, aber das ist noch die geringste Sorge. Und um einen noch stärkeren Gegenentwurf zur quirligen, nie wohlhabenden und nie konservativen Carrie zu entwerfen, hasst Frances auch noch ihren Job als Personalberaterin. Kein New Yorker Girlie-Glamour mehr, auch wenn die Manolo Blahniks noch immer passen.
Frances also will die Scheidung. Allein schon wenn sie nach Hause fährt und das Auto ihres Mannes in der Einfahrt stehen sieht, sinkt ihr das Herz in die Hose. Aber, ganz so einfach ist das nicht: Ihr Techtelmechtel mit einem halb ernstzunehmenden Möchtegern-Hipsterprofessor (überzeugend unzuverlässig: Jemaine Clement) wird von ihrem Ehemann aufgedeckt, der den Spieß umdreht und nun Frances verlassen will. Er sperrt sie aus, verweigert Gespräche und fragt sich schließlich, wo das alles angefangen hat. Bei seinem widerlichen Schnurrbart wahrscheinlich, schlägt Frances diplomatisch vor. Und dabei dachte Robert immer, er gefalle ihr.
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„Divorce“ läuft unter dem Genre „Comedy“ - darüber lässt sich aber streiten. Das Thema entspricht eher einer Dramaserie. Auch wenn Sarah Jessica Parker gut und überzeugend spielt, ist ihre Rolle eher nachdenklich und fordernd. Im Sinne des Genres komisch ist die erwähnte Trotteligkeit ihres Mannes, die in ihrer Plattheit ab und zu stark überzeichnet ist. Die bitterbösesten und gleichzeitig besten Szenen der Serie spielen sich in Anwesenheit von Frances‘ Freundin Diane ab, großartig gespielt von Molly Shannon. Sie ist eine gelangweilte, 50-jährige Frau, reich, kinderlos, aber mit Hund.
What a fat fuck
Wobei, dieser hat sich nach tapferen 24 Lebensjahren umgebracht, erzählt Diane auf ihrer superfancy Geburtstagsfeier. Das Tier habe sich stranguliert, weil es die depressive Stimmung des Hauses nicht mehr ertragen konnte. Diane bekommt zwar sofort einen neuen Hund geschenkt, kann aber trotzdem nur - ihren Mann mit Todesblick anvisierend - über ihr verhasstes Dasein ablästern. Im Partytrubel und nach zu viel Weißwein wird Diane ihren Mann dann "zufällig" anschießen.
Er ist aber auch einfach so fett geworden.