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Robert Rotifer London/Canterbury

Themsenstrandgut von der Metropole bis zur Mündung: Bier ohne Krone, Brot wie Watte und gesalzene Butter.

26. 1. 2017 - 14:16

"Nicht diese Art von Folter"

Halten wir fest: Theresa May will mit Donald Trump ein neues Zeitalter anführen. Und am Samstag dann mit Erdogan. Brexit hat noch nicht einmal begonnen, aber Britannien macht sich bereits die Hände schmutzig.

Oh dear, ich sitze gerade an meiner Steuererklärung ("taxation without representation", mein altes Lied) und hab jetzt eigentlich keine Zeit zum Bloggen hier. Aber ich fürchte, da wird gerade wo Geschichte gemacht, und soll ja keiner sagen dürfen, wir hätten's nicht gemerkt.

Also, es wird euch aufgefallen sein: Die britische Regierung – vor Beginn ihrer Scheidungsverhandlungen mit der EU total versessen darauf zu zeigen, dass der ganze Rest der Welt mit einem Post-Brexit-Britannien handeln wollen wird – wirft sich gerade Donald Trump an die Brust.

Heute vormittag wurde ich Ohrenzeuge, wie in der seriösesten BBC-Radio-Nachrichtensendung Today angesichts der jüngsten Aussagen des US-Präsidenten ernsthaft diskutiert wurde, ob die von den USA praktizierte Methode des Waterboarding eigentlich tolerierbar, weil „nicht diese Art von Folter“ sei („not that kind of torture“, Originalzitat BBC-Moderatorenveteran John Humphrys).

Das ist die Welt, in der wir neuerdings leben.

Der Hintergrund dazu ist die Reise der Premierministerin Theresa May nach Washington, wo sie Präsident Trump morgen als erste Staatsschefin einen offiziellen Besuch abstatten wird.

Theresa May

AFP

Laut Downing Street wird May aber schon heute vor einer Versammlung der Republikaner in Philadelphia folgende, unfassbare Worte sprechen:

„Das Vereinte Königreich ist durch Instinkt und Geschichte eine große, globale Nation, die ihre Verantwortung vor der Welt erkennt. Und während wir – gemäß dem Votum, das das britische Volk letztes Jahr mit Bestimmtheit und ruhiger Entschlossenheit abgegeben hat – unsere Mitgliedschaft bei der Europäischen Union beenden, haben wir die Gelegenheit, unseren Glauben an ein selbstbewusstes, souveränes und globales Britannien wieder geltend zu machen, bereit, sowohl zu alten Freunden als auch neuen Verbündeten Beziehungen aufzubauen.

So wie wir also gemeinsam unser Selbstvertrauen wieder entecken – während Sie Ihre Nation erneuern, so wie wir unsere erneuern – haben wir die Chance, in der Tat die Verantwortung, die spezielle Beziehung („the special relationship“ - Code für die Amerikanisch-Britische Freundschaft, Anm.) für dieses Zeitalter zu erneuern.
Wir haben die Chance wieder, gemeinsam, zu führen.“

Oder „die Führung zu übernehmen“, wie immer ihr den schaurigen Satz „We have the opportunity to lead, together, again” übersetzen wollt.

Hätte ich jetzt gerade mehr Zeit, dann könnte ich mich mit den chauvinistischen Feinheiten dieser Worte aufhalten, aber belassen wir es einmal bei der Feststellung:

Theresa May sagt das vor ihrem Treffen mit einem Präsidenten, der mit dem Einsatz von Nuklearwaffen droht und offen Folter gutheißt, weil sie "funktioniert".

Während dessen künftiger Botschafter bei der EU Ted Malloch ebenso offen deren Zerschlagung propagiert.

Und dreimal raten, welchen „neuen Verbündeten“ May am Tag nach ihrem Treffen mit Trump besuchen wird, um den Boden für künftige Handelsbeziehungen zu bereiten. Kein Witz: Recep Erdogan.

Man darf auf ihre Beschreibung der gemeinsamen Werte bei diesem Anlass gespannt sein.

Und es bleibt festzuhalten: May spricht nicht nur von einer Erneuerung ihrer und der amerikanischen Nation, um gemeinsam die Welt zu führen, sondern gleich von einem ganzen "Zeitalter".

Lassen wir einmal die Frage weg, wie klug es für Großbritannien sein kann, seine Geschicke an das Wort eines Donald Trump zu knüpfen.

Oder was die Briten von ihren tollen neuen Handelsbeziehungen halten werden, sobald ihnen klar wird, dass künftig amerikanische Lebensmittelkonzerne ihren Markt mit Hormonfleisch und Chlor-gebleichten Hühnerkadavern überschwemmen dürfen.

Viel wichtiger wird folgendes sein:

Was immer in der Ära Trump noch passiert, Theresa May und mit ihr die britische Regierung sind ab jetzt seine Komplizen.

Falls die Welt einmal den Luxus haben wird, die historische Schuld für kommende Kriege aufzuteilen, wird Großbritannien diesmal auf der falschen Seite stehen.

Okay, ich räume ein, nach Mays Chamberlain könnte noch ein Churchill kommen.

Sollte sich das ereignen, werd ich es hier dann fairerweise eh auch in Blog-Form festhalten. Sehr gern sogar.

Und somit zurück zum Rechnungen sortieren...