Erstellt am: 25. 1. 2017 - 11:48 Uhr
"Digitale Kompetenz" als Pflichtübung
Und damit soll schon früh begonnen werden. Das Konzept "Schule 4.0" sieht vor, bereits ab der 3. Schulstufe Kinder im richtigen Umgang mit Medien zu schulen. Viele Kinder bekommen schließlich bereits im Volksschulalter ihr erstes Smartphone.
"In den Volksschulen wollen wir einen spielerischen Ansatz wählen. Hier geht's um Coding, die Prinzipien von Algorithmen, bis hin zu Grundkompetenzen", erklärt Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Die Themengebiete sollen in der Volksschule fächerübergreifend vermittelt werden. Mit einer Art Sammelpass können SchülerInnen ihren Wissensstand dokumentieren.
APA/ROLAND SCHLAGER
In der Pflichtschule soll es künftig eine verbindliche Übung geben, in der SchülerInnen "Digitale Kompetenzen" vermittelt wird. Ziel ist es, SchülerInnen im kritischen Umgang mit Standardprogrammen zu schulen und Grundlagen des Programmierens (Coding), sowie informatische Grundkenntnisse zu vermitteln.
Experten begrüßen Schritt
Lange wurde der Informatikunterricht eher nachrangig behandelt und Experten kritisierten häufig, dass Österreich in Sachen Informatikunterricht nicht am Puls der Zeit sei. Einer dieser Kritiker war Gerald Futschek von der Österreichischen Computergesellschaft (OCG).
Futschek begrüßt den jetzigen Schritt: "Die drei wichtigen Säulen der digitalen Bildung, Anwendungskompetenz, informatisches Denken und die Medienkompetenz, stehen in dem Konzept." Futschek befürwortet auch den verbindlichen Charakter der neuen Übung in den Pflichtschulen, und dass auch LehrerInnen – sowohl jene im Dienst, als auch angehende – verpflichtend aus- bzw. weitergebildet werden. Dazu wird Anfang Februar an der PH Oberösterreich das Bundeszentrum zur Förderung des digitalen Lernens eröffnet.
FM4/Lukas Lottersberger
Informatikunterricht gibt es in Österreich bereits seit 1985. Bildungsminister war damals Helmut Zilk. Verpflichtend stand das Fach bisher nur in der 9. Schulstufe AHS und in bestimmten BHSen am Stundenplan. In Hauptschulen/NMS wird es als unverbindliche Übung angeboten, außerdem als Wahlpflichtfach in der AHS-Oberstufe. Ganz unsichtbar war das Fach also nicht, aber eben nicht sehr stark priorisiert.
"In der Berufswelt ist Digitalisierung längst angekommen, detto in unserer privaten Welt. Ziel ist, dass kein Kind, kein Jugendlicher das Schulsystem ohne digitale Kompetenzen verlässt", meint Bildungsministerin Hammerschmid. Wie Hammerschmid sagt: Die Digitalisierung ist nicht erst seit gestern in der Berufswelt und im Privaten präsent. Warum die letzten Minister in ihrem Ressort das Thema nicht angehen wollten, konnte sie nicht beantworten.
Medienkompetenz der Jugendlichen unter der Lupe
Die Bundes Jugend Vertretung (BJV) hat unterdessen in einer Studie untersucht, wie Jugendliche selbst ihre medialen Kompetenzen einschätzen. Generell schätzen Jugendliche ihre digitalen Fähigkeiten recht hoch ein. 91 Prozent geben an, geschickt mit Smartphone und Apps umgehen zu können, und etwas mehr als ein Drittel gibt an, auch Programmierfähigkeiten zu haben. Auch die Fähigkeiten von Gleichaltrigen oder Geschwistern werden generell als gut bewertet.
Wenn es darum geht, wie man die Jugendlichen in der Freizeit oder in der Schule im besseren Umgang mit dem Internet schulen könnte, wünschen sich die Befragten einen besseren Wissensstand ihrer LehrerInnen im Bezug auf Internet und digitale Medien.
IFES/BJV
"Gerade das kritische Hinterfragen von Inhalten im Netz muss in der Schule einen besonderen Stellenwert haben", betont Johanna Tradinik, Vorsitzende der BJV, "aber auch was dann fürs Berufsleben wichtig ist: Informationsrecherche, Lernen im und mit dem Internet. Dafür ist die Schule ein ganz wichtiger Ort", meint Tradinik, die selbst Lehramt-Studierende ist.
Auffallend ist in der Studie auch ein gewisser Gender Gap. Das zeigt sich besonders bei den angegebenen Interessen und Fähigkeiten. Die BJV fordert daher auch, dass bei der Vermittlung von Medienkompetenz gendersensible Ansätze notwendig sind.
FM4/Lukas Lottersberger
"Expertenschulen" geben Richtung vor
In einigen Pflichtschulen wird bereits der Unterricht mit Tablets erprobt. Etwa in der NMS Koppstraße II in Wien-Ottakring. Dort werden Englisch-Vokabeln mit dem Tablet gelernt, aber auch einmal die Mathe-Hausübung mit Audiokommentar an den Lehrer geschickt, damit dieser etwaige Denkfehler der SchülerInnen schneller nachvollziehen kann.
Ingo Stein, Mathematik- und Physiklehrer an der Schule, sieht große Vorteile im Einsatz von Tablets: "Die Schüler bekommen bei Übungen immer unmittelbar Feedback, ob sie eine Sache richtig gemacht haben oder nicht", so der Lehrer. "Außerdem ist das Gerät sehr geduldig. Es wird auch nach dem dritten oder vierten falschen Versuch noch nicht schimpfen."
Jene Pflichtschulen, die bereits jetzt den Einsatz von Tablets erproben, nennt Hammerschmid "Expertenschulen". Diese Pilotschulen sollen im kommenden Schuljahr 2017/18 ihr gesammeltes Know-how und ihre erarbeiteten didaktischen Konzepte mit Schulen in ganz Österreich teilen – Stichwort: "Peer to Peer".
Ab dem Schuljahr 2018/19 soll die Medienbildung dann fixer Bestandteil in allen österreichischen Schulen sein. Bis 2020 sollen auch alle Schulen flächendeckend mit Breitbandinternet ausgestattet sein. Hammerschmid will übrigens auch einen Punkt aus Bundeskanzler Kerns Plan A in die Tat umsetzen: Gratis Tablets für SchülerInnen in der Unterstufe und gratis Laptops in der Oberstufe. Das bleibt jedoch bis auf weiteres nur eine Blaupause, denn wie das finanziert werden soll, ist unklar.