Erstellt am: 22. 1. 2017 - 14:24 Uhr
Welcome to the Crash Club
Wenn man Wut oder einfach zu viel Energie hat, gibt es ja nichts Schöneres, als mal ordentlich irgendwelche Dinge kurz und klein zu schlagen. Weil das aber dann doch ein etwas merkwürdiges Verhalten ist, oft auch ziemlich unhöflich und in den meisten Fällen recht teuer werden kann, verlagern wir diese Triebe lieber ins Videospiel. Dort können wir uns zum Beispiel wunderbare Crash-Car-Eskapaden liefern. Am besten geht das seit einiger Zeit in einer unkonventionellen Simulation namens "BeamNG.drive". Hinter diesem recht seltsamen Namen verbirgt sich ein Autocomputerspiel, das so vielseitig und frisch ist, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe. Visuell ist es nicht cutting edge, aber darum geht es in dem Game auch nicht. "BeamNG.drive" ist eine Physik-Sandkiste.
BeamNG
Crashs sind in Autorennspielen ja immer schon zelebriert worden, etwa in der Serie "Burnout", die in der ersten Hälfte der 2000er Jahre beliebt war. "BeamNG.drive" schließt an diese Tradition an, ist aber weniger Spiel, sondern mehr Simulation. Zuerst wählen wir ein Auto, eine Umgebung und eine Strecke aus und fahren drauf los. Das ist noch nicht besonders beeindruckend, doch wenn unser Auto zum ersten Mal gegen ein Hindernis kracht oder eine Schlucht hinunterfällt, wird das Ding genauso zerdrückt, gequetscht und verformt, wie es in der physischen Welt passieren würde. Und damit wir das alles in seiner wunderbar destruktiven Pracht genießen können, schalten wir rechtzeitig den Slow-Motion-Modus ein.
Crash Test Smarty-pants
"A dynamic soft-body physics vehicle simulator capable of doing just about anything", so beschreibt das in Bremen beheimatete Studio BeamNG ihr Debütwerk. "BeamNG.drive" ist ein riesiger Spielplatz für Autonarren, aber auch ebenso unterhaltsam für Menschen, die simple Rennspiele mögen. Es gibt Kampagnen, Herausforderungen, einzelne Szenarien und den freien Modus, wo wir nach Belieben experimentieren können. Wir können mehrere Autos und Trucks in eine Umgebung stellen, und auch diverse Gegenstände wie Kanonen, Absperrungen, Ziegelmauern oder sogar Schiffe und Propeller-Flugzeuge. Wir können den Reifendruck ändern, blinken, das Fernlicht einschalten sowie die Windgeschwindigkeit und die Gravitation einstellen. Da schwebt unsere Karosse erst noch wie am Mond durch die Luft, um im nächsten Augenblick mit der enormen Schwerkraft des Jupiters wieder zu Boden zu krachen.
BeamNG
Was in "BeamNG.drive" so alles möglich ist, zeigt in - noch dazu äußerst unterhaltsamer Weise - die Videoclipserie "Car Boys", die seit Mitte 2016 läuft. Nick Robinson und Griffin McElroy von der Games-Website Polygon treffen sich dabei jede Woche im Spiel, um neue absurde Stunts und Experimente auszuprobieren. Es ist ähnlich wie die beliebte BBC-Benzinbrüder und -schwester-Show "Top Gear", allerdings mit wesentlich günstigeren Requisiten.
Ein Füllhorn an Möglichkeiten
Es ist ein Kunststück, eine tiefgreifende Autosimulation mit den dazugehörigen Details und Feinheiten so zu präsentieren, dass sie gleichzeitig als leicht zugängliches Rennspiel funktioniert. Schon das Startmenü ist übersichtlich: Mit wenigen Mausklicks ist man im Spiel und kann wahlweise über Stock und Stein kriechen oder eine smoothe Rennstrecke rasen. Per Knopfdruck wird links ein kleines, vertikales Menü eingeblendet, das alle möglichen Einstellungen zugänglich macht, aber uns dabei nie überfordert oder uns zum Konfigurieren der Autos zwingt.
"BeamNG.drive" ist für Windows auf Steam erhältlich, das letzte Update stammt von Ende 2016.
Trotz aller Spielereien läuft es letztlich immer darauf hinaus, die Autos spektakulär crashen zu lassen. Viele der Levels in "BeamNG.drive" sind auch darauf angelegt, dass man möglichst eindrucksvolle Zusammenstöße inszeniert. Darüber hinaus fungiert das Game auch als Puzzlegame, wenn es etwa darum geht, perfekte Zusammenstöße herbeizuführen. Maximaler Schaden bedeutet maximale Punktezahl. Geschwindigkeit, Richtung und Sprungwinkel sollten dabei in idealer Balance sein. In anderen Szenarios geht es darum, mit Pickup-Trucks auf Steilhänge raufzuklettern oder durch wüste Rallyestrecken zu driften. Sogar eine Hommage an "Portal" ist für das Spiel gebaut worden.
Early Access mit Mehrwert
"BeamNG.drive" ist bereits seit Mitte 2015 spielbar, allerdings weiterhin nur in einer Alphaversion (Early Access) verfügbar, was bis auf eine nicht ganz optimale technische Performance und seltene Abstürze aber kaum auffällt. Weil es dank des beigelegten Leveleditors eine aktive Modding-Community gibt, mangelt es nicht an neuen Strecken, Autos und Levels. "BeamNG.drive" ist ein fantastischer, dynamischer, unterhaltsamer Autorennbaukasten und darüber hinaus auch eine durchaus gesellige Angelegenheit. Jeder mag spektakuläre Crashes, bei denen niemand und nichts zu Schaden kommt. Übrigens sind manche Strecken in "BeamNG.drive" auch mit bis zu vier Personen gleichzeitig lokal spielbar.